MIDRANGE 10/2016 - page 14

14
MIDRANGE
AKTUELL
MIDRANGE
MAGAZIN · 10/2016
Komplette Umsetzung der GoBD am 31.12.2016
„Galgenfrist“ für
Handelsunternehmen
Die Zeit wird knapp: Ab 1.1. 2017 gelten die Verordnungen der sogenannten GoBD
1
, ergänzt
um Regelungen aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom November 2010,
uneingeschränkt. Die Auswirkungen auf Unternehmen in Handel, Gastronomie und Dienst-
leistungen sind gravierend – und die wenigsten davon haben bisher vollständig erkannt,
wie umfangreich die GoBD in ihre organisatorischen Prozesse eingreift. Nun schließt sich
allerdings am 31.12. 2016 die letzte Hintertür, die der Gesetzgeber im Sinne einer Übergangs-
regelung offen gelassen hat. Wirtschaftsprüfer prognostizieren bereits empfindliche Strafen
bei Verstößen gegen die Bestimmungen der GoBD.
D
ie Frist wirkt dabei fast wie
ein „Erkenntniskatalysator“. Den
Verantwortlichen in den betroffenen
Unternehmen wird erst zum Ende hin
klar, was Sätze wie „Insbesondere müs-
sen alle steuerlich relevanten Einzel-
daten einschließlich etwaiger mit dem
Gerät elektronisch erzeugter Rechnun-
gen ( …) unveränderbar und vollständig
aufbewahrt werden“ in Kombination
mit den weiteren Verordnungsinhalten
tatsächlich bedeuten. Viele stellen fest,
dass ihre Unternehmen nur unzurei-
chend vorbereitet sind und nun Gefahr
im Verzug ist.
1
Hinter der sperrigen Abkürzung
GoBD verbirgt sich ein Erlass des Bun-
desfinanzministeriums aus dem Jahr
2014 mit dem Titel „Grundsätze zur
ordnungsmäßigen Führung und Aufbe-
wahrung von Büchern, Aufzeichnungen
und Unterlagen in elektronischer Form
sowie zum Datenzugriff“. Diese Verord-
nung schließt sich an die GoBS (Grund-
sätze ordnungsmäßiger DV-gestützter
Buchführungssysteme aus dem Jahr
1995) und GDPdU (Grundsätze zum
1 Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung
und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeich-
nungen und Unterlagen in elektronischer
Form sowie zum Datenzugriff.
Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digi-
taler Unterlagen aus dem Jahr 2002)
an und ergänzt sie. Doch nicht nur der
Titel der GoBD-Verordnung hat es in
sich, der Inhalt kann da allemal mithal-
ten. Das betrifft vor allem Regelungen
zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen
bei Bargeschäften und damit Unterneh-
men des Einzelhandels, der Gastrono-
mie und der Hotellerie sowie Anbieter
von Dienstleistungen, wie das BMF in
seinem Schreiben aus dem Jahre 2010
nochmals unterstreicht.
In der GoBD wird klargestellt,
dass durch Registrierkassen erstellte
Kassenbelege automatisch der gesetz-
lichen Aufbewahrungspflicht unterlie-
gen. Außerdem spezifiziert das Gesetz
nochmals die bereits vorher festgeleg-
te Unveränderbarkeit der Daten. Sie
sind während der Dauer der Aufbe-
wahrungsfrist vollständig, jederzeit
verfügbar, unverzüglich lesbar und
maschinell auswertbar aufzubewahren.
„Die Reduzierung einer bereits beste-
henden maschinellen Auswertbarkeit,
beispielsweise durch Umwandlung
des Dateiformats oder der Auswahl
bestimmter
Aufbewahrungsformen,
ist nicht zulässig ( …).“ Für den Einzel-
händler an der Ecke ist das zwar auch
mit Aufwand verbunden, allerdings ist
der keineswegs vergleichbar mit dem,
was größere Unternehmen mit mehre-
ren hundert Filialen betreiben müssen.
Um den Ansprüchen des Gesetzgebers
zu genügen, ist ein Archivsystem nötig,
denn nur ein Archiv liefert eine solche
technische Unveränderbarkeit.
Ein lokaler Kassenspeicher ist näm-
lich kein Langzeitarchiv. Doch auch
damit ist dem Anspruch noch immer
nicht Genüge getan: Auch das Archiv,
in dem die Daten aufbewahrt werden,
muss die gleichen Auswertungsmög-
lichkeiten des laufenden Kassensys-
tems vorhalten, und das ebenfalls über
den gesamten vorgeschriebenen Aufbe-
wahrungszeitraum. Es geht dabei eben
nicht nur um Auffindbarkeit. Alle Aus-
wertungsmechanismen – und die sind
von Händler zu Händler verschieden –
müssen abrufbar sein.
Die Verordnung gilt praktisch be-
reits seit November 2010. Eine Schon-
frist (siehe oben) ergibt sich aus der
Regelung, dass Kassensysteme, die den
Anforderungen nicht oder nur teilweise
genügen, längstens bis zum 31. 12. 2016
eingesetzt werden dürfen. Die Zeit bis
zum Fristablauf ist damit inzwischen
sehr überschaubar geworden.
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24,...52
Powered by FlippingBook