MIDRANGE 10/2016 - page 16

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MIDRANGE
AKTUELL
MIDRANGE
MAGAZIN · 10/2016
Im Interview: Michael Friemel, CSS AG, zur Digitalisierung
Das Endprodukt Information
bestimmt den Prozess
Der Weg in die Digitalisierung wird von Unternehmen oft aus der rein technischen Perspek­
tive gesehen. Industrie 4.0 heißt die Maxime – die Relevanz betriebswirtschaftlicher Verände-
rungen und Anforderungen bleibt meist außen vor. Doch gerade im kaufmännischen Bereich
gilt es, eingeschliffene Routinen und Prozesse aufzubrechen und neu zu definieren, um das
Potenzial einer zunehmenden Digitalisierung auszuschöpfen. Michael Friemel, Vorstands­
vorsitzender der CSS AG, erläutert im Gespräch mit dem Midrange Magazin (MM) die
Hintergründe und den Nutzen der digitalen Transformation für den betriebswirtschaftlichen
Bereich in einem Unternehmen.
MM:
Die Digitalisierung hält Einzug in
die Unternehmen. Stichwort: Industrie
4.0. Wird sich die digitale Transforma-
tion auch im kaufmännischen Bereich
nutzbringend fortsetzen?
Friemel:
Ja, davon bin ich überzeugt.
Wer unter Industrie 4.0 nur die Produk-
tionsoptimierung durch digitale Vernet-
zung versteht, liegt meiner Meinung
nach grundlegend falsch. Denn von der
zunehmenden Datenflut in den Unter-
nehmen werden alle Bereiche mehr oder
weniger betroffen sein. Wie stark sich
diese Veränderung auf der betriebs-
wirtschaftlichen Seite auswirken wird,
ist jetzt im Einzelnen noch gar nicht ab-
sehbar. Aber zu glauben, wettbewerbs-
entscheidende Vorteile allein durch eine
fortschreitende Digitalisierung in der
Produktion erreichen zu können, ist Au-
genwischerei. Nur wenn ein durchgängi-
ges, funktionsübergreifendes BI-System
als zentrale Komponente mit eingebun-
den ist, können die gewonnenen Er-
kenntnisse auch in horizontale und ver-
tikale Wertschöpfungsketten überführt
und alle damit verbundenen Vorteile
ausgewertet und entsprechend genutzt
werden. Das Endprodukt ‚Information’
bestimmt dabei den Prozess. Das ist für
mich Betriebswirtschaft 4.0.
MM:
Das heißt also: Intelligente Produk-
tionssysteme sollten mit betriebswirt-
schaftlichen Prozessen und den externen
Wertschöpfungsnetzen verzahnt sein.
Friemel:
Unbedingt. Nur so entsteht für
das Unternehmen der erhoffte Nutzen.
Es geht doch darum, aus den vorhan-
denen großen Datenmengen genau die
entscheidenden Erkenntnisse zu gewin-
nen, um damit Betriebsabläufe im Un-
ternehmen optimieren oder innovative
Neuentwicklungen bei Produktion und
Dienstleistung anstoßen zu können. Das
heißt aber auch: Im Zuge der digitalen
Transformation mit bislang unbekann-
ten Datenmengen sollte ein ERP-System
‚dafür fit sein’, wenn es seiner Rolle ge-
recht werden soll. Als ‚Rückgrat eines
Unternehmens’ muss es sowohl die
zentrale Drehscheibe von Daten sein als
auch als Integrationsplattform für ande-
re SW-Anwendungen fungieren. Sonst
wird das nix. Wir haben bereits vor
Jahren mit der Entwicklung unserer be-
triebswirtschaftlichen Komplettlösung
eGECKO die Weichen in Richtung digita-
le Zukunft gestellt – und sind damit für
die Anforderungen im kaufmännischen
Bereich bestens gerüstet.
MM:
Wer profitiert denn insbesondere
von der digitalen Zukunft im kaufmän-
nischen Bereich? Und was wird sich da-
durch künftig ändern?
Friemel:
Dem Controlling beispielswei-
se bietet die digitale Transformation gro-
ße Chancen zur Steigerung der Effizienz
im Unternehmen und zum Generieren
neuer Wertschöpfungspotenziale. Und
auch der kaufmännische Arbeitsalltag
gewinnt enorm an Produktivität und
Nutzwert, wenn sämtliche Abläufe in
der Buchhaltung oder der Personal- und
Büroverwaltung weitgehend auf rein di-
gitalem Weg organisiert und gespeichert
sind. So könnten bisherige Einzellösun-
gen über Schnittstellen mit anderen
Systemen zu kompletten Prozessflüssen
verbunden werden – sei es im Umgang
mit Dienstleistern, etwa zum direkten
Datenaustausch mit dem Steuerberater,
bis hin zur Möglichkeit, die ERP-Lösung
gezielt mit unternehmensspezifischen
Zusatzfunktionen zu erweitern oder ex-
terne Partner ans eigene Unternehmen
anzubinden. Auch die gesamte Korres-
pondenz mit Kunden oder Lieferanten
lässt sich in digitaler Form effizient ge-
stalten. Die größte Herausforderung auf
dem Weg in die Digitalisierung liegt für
ein Unternehmen eigentlich darin, ein-
geschliffene Routinen und Prozesse auf-
zubrechen und neu zu definieren. Aber
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