Mit dem Inkrafttreten des EU AI Acts im August 2024 sind Unternehmen verpflichtet, ethische Standards einzuhalten, wenn sie Künstliche Intelligenz (KI) nutzen. Diese Vorgabe der Europäischen Union zielt darauf ab, grundlegende Menschenrechte zu schützen, stellt Unternehmen jedoch vor Herausforderungen. Ein Beitrag von Agatha Dabrowski, Senior Consultant – Analytics & AI bei Skaylink.
Mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit von KI-Systemen wachsen auch die ethischen Bedenken in der Gesellschaft: Können wir den Entscheidungen von KI wirklich vertrauen? Wie verhindern wir, dass KI Diskriminierung und Vorurteile verstärkt? Gehen die Vorteile für Unternehmen zulasten der Gesellschaft?
Die Integration ethischer Prinzipien in die KI-Strategie bietet Unternehmen Chancen, die weit über die rechtliche Pflicht hinausgehen.
Ethische KI als Wettbewerbsvorteil
Der verantwortungsvolle Umgang mit KI schafft in Zeiten wachsender Datenschutzbedenken einen klaren Marktvorteil. Transparenz und ethische Standards steigern das Vertrauen und die Loyalität der Kund:innen, was das Markenimage und den Geschäftserfolg fördert.
Fachkräfte legen ebenfalls zunehmend Wert auf ethische Standards und bevorzugen Unternehmen, die KI verantwortungsvoll einsetzen. Infolgedessen profitieren Unternehmen von einem erweiterten Talentpool, der die Innovationskraft der Organisation steigert. Ein klarer ethischer Rahmen ermutigt Entwickler:innen, innovative und kreative Lösungen für komplexe Herausforderungen zu entwickeln.
Unternehmen, die frühzeitig ethische Standards implementieren, verschaffen sich zudem einen Compliance-Vorsprung. Ethische KI-Systeme reduzieren potenzielle rechtliche und finanzielle Risiken, indem sie Unternehmen dabei unterstützen, gesetzliche Anforderungen wie den Gleichbehandlungsgrundsatz einzuhalten. Die Vorarbeit minimiert auch den Aufwand, sich anzupassen, wenn zukünftige Regelungen die Anforderungen weiter verschärfen.
Wie die Implementierung gelingt
Erfolgreiche Implementierungen ethischer KI-Systeme zeichnen sich durch Transparenz, Rechenschaftspflicht und Fairness aus. Dafür empfehlen sich der „Human-in-the-Loop“-Ansatz, Schulungen, externe Audits und eine robuste Dokumentation.
Der „Human-in-the-Loop“-Ansatz bindet Expert:innen in den gesamten Prozess von der Entwicklung bis zur praktischen Nutzung eines KI-Systems ein. Diese Expert:innen können die Ergebnisse auf Verzerrungen überprüfen und validieren, bevor sie wirksam werden. Je stärker Unternehmen auf die Diversität ihrer Expert:innen setzen, desto mehr profitieren sie von unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen.
Der verantwortungsvolle Einsatz von KI-Systemen erfordert nicht nur technische Expertise, sondern auch eine umfassende Schulung der Mitarbeiter:innen. Unternehmen sollten daher Weiterbildungsprogramme implementieren, die den ethischen Umgang mit KI-Tools vermitteln und die Belegschaft befähigen, deren Einsatz transparent darzulegen. Klare Unternehmensrichtlinien bieten zusätzlich einen Rahmen für die verantwortungsvolle Nutzung von KI-Anwendungen und -Modellen.
In manchen Fällen ist es ratsam, externe Expert:innen hinzuzuziehen, besonders wenn KI-Systeme intensiv genutzt werden. Durch die regelmäßige Durchführung externer Audits werden potenzielle Verzerrungen aufgedeckt, die sich bei routinierten Anwender:innen einschleichen können. Diese unabhängigen Überprüfungen stärken das Vertrauen in die KI-Systeme und gewährleisten deren kontinuierliche Verbesserung im Sinne ethischer Standards.
Bei der Dokumentation ist es wichtig, dass Unternehmen die Funktionsweise ihrer KI-Modelle festhalten und erklären. Dies ist nicht nur im Rahmen der Dokumentationspflicht des EU AI Acts sinnvoll, sondern ermöglicht es auch, die Ergebnisse eines KI-Systems nachzuvollziehen. So kann die Marketingabteilung beispielsweise ein KI-System zur Zusammenfassung von Kundenfeedback einsetzen und Transparenz darüber schaffen, aus welchen Quellen das Feedback stammt, um sicherzustellen, dass alle Kundengruppen fair behandelt werden.
Ethische KI ist eine strategische Aufgabe
Die erfolgreiche Umsetzung ethischer KI erfordert eine unternehmensweite Ethikstrategie, in die die Unternehmensführung eingebunden ist. Führungskräfte sollten die Grundsätze dieser Strategie vorleben und in allen Bereichen umsetzen. Nur so kann sichergestellt werden, dass KI nicht nur technisch implementiert wird, sondern als gelebte Kultur im Unternehmen verankert ist.
Ethische KI ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch eine strategische Chance für nachhaltigen Geschäftserfolg. Sie schafft Vertrauen, minimiert Risiken und eröffnet neue Möglichkeiten für Innovation und Wachstum. Unternehmen, die proaktiv handeln und ethische Prinzipien in ihre KI-Strategien integrieren, positionieren sich als Vorreiter in einer zunehmend KI-getriebenen Wirtschaft. Der EU AI Act mag ein Auslöser sein, doch die echte Transformation liegt in der aktiven Gestaltung durch die Unternehmen selbst.