Das im November 2023 in Kraft getretene Energieeffizienzgesetz (EnEfG) konfrontiert Rechenzentrumsbetreiber in Deutschland mit neuen Herausforderungen. Angesichts dieser Neuerungen sehen sich viele Verantwortliche mit Unsicherheiten konfrontiert und haben eine Vielzahl von Fragen. Die ersten fünf Fragen wurden bereits im Teil 1 dieser Artikelreihe beantwortet.

In diesem zweiten Teil geht es weiter mit den relevanten Fragestellungen:

 

Welche Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz werden im Bestand empfohlen?

Zunächst ist sicherzustellen, dass ein umfassendes Energiemonitoring vorhanden ist. Nur auf diese Weise ist die Bestimmung des energetischen Ist-Zustandes möglich. Im nächsten Schritt sollte im Rahmen einer strukturierten Energieeffizienzanalyse Potentiale und sinnvolle Effizienzsteigerungsmaßnahmen erkannt und abgeleitet werden. Dies beinhaltet selbstverständlich immer auch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.

Da die Kühlung eines Rechenzentrums, nach den IT-Systemen selbst, in der Regel den größten Energieverbrauch im RZ aufweist, wird häufig an dieser Stelle angesetzt, um die Effizienz zu steigern. Es sollte überprüft werden, welche Auswirkungen durch die Erhöhung der Zulufttemperatur im Rahmen der Empfehlungen der ASHRAE erzielt werden können. Außerdem besteht im Bestand häufig noch Potential zur Optimierung der Luftführung und -verteilung im Rechenzentrum.

Beinhaltet die Kälteerzeugung bisher noch keine Möglichkeit der freien Kühlung, ist es in der Regel nicht möglich, die hohen Effizienzanforderungen einzuhalten und in vielen Fällen ergibt sich hieraus die Notwendigkeit der Investition in neue und deutlich effizientere Kühlsysteme und -konzepte, die dem heutigen Stand der Technik entsprechen.

 

Kann rückgewonnene Wärme im PUE-Wert berücksichtigt werden?

Die Kennzahl Power Usage Effectiveness (PUE) ist ein zentraler Indikator im Energieeffizienzgesetz, der die Effizienz der versorgenden Infrastruktur des Rechenzentrums darstellt. Die PUE-Berechnung basiert auf dem Verhältnis von RZ-Gesamtenergieverbrauch zur durch die IT-Systeme aufgenommen Energie. Rückgewonnene Wärme darf nicht bei der Ermittlung des Power Usage Effectiveness-Wert eines Rechenzentrums berücksichtig werden, um diesen zu verbessern. Die Nutzung rückgewonnener Wärme ist aber dennoch in vielen Fällen als ökologisch und ökonomisch sinnvoll zu erachten. Außerdem ist Abwärmenutzung gemäß EnEfG für neue Rechenzentren, die ab 1. Juli 2026 in Betrieb gehen, verpflichtend. Zur Abbildung des Grades der Abwärmenutzung existiert die Kennzahl Energy Reuse Factor (ERF).

 

Wohin melden?

Rechenzentrumsbetreiber müssen zukünftig jährlich bis zum 31. März Daten über ihr RZ für das vorherige Jahr veröffentlichen und an den Bund senden. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), speziell die Bundestelle für Energieeffizienz, ist für die Verwaltung des Energieeffizienzregisters für Rechenzentren (RZReg) zuständig.

Das RZReg ist unter der Domain rechenzentrums-register.de erreichbar. Auf dieser Webseite werden Fragen in Form von FAQs beantwortet sowie die Kontoeröffnung und Identifikation mittels ELSTER-Unternehmenszertifikat beschrieben. Ab April 2024 besteht dann die Möglichkeit, Informationen und Daten zu Rechenzentren zu erfassen.

 

Wann sollten RZ-Betreiber handeln?

Die Berichtspflicht an das oben erwähnte RZReg gilt für Rechenzentren ab 500 kW Nennanschlussleistung bereits ab diesem Jahr und es muss bereits bis 15.05.2024 an das Effizienzregister berichtet werden. Betreiber von Rechenzentren mit einer Nennanschlussleistung zwischen 300 und 500 kW müssen ihre Daten erstmals bis 01.07.2025 übermitteln.

Ist das Energiemonitoring bisher noch nicht in der Lage, die notwendigen Mess- und Kennwerte zu ermitteln, besteht erhöhter Handlungsbedarf, da z.B. der unter die Berichtspflicht fallende Kennwert PUE auf Basis von 12-monatigen Messwerten ermittelt wird.

Die frühzeitige Anpassung an die EnEfG-Vorschriften sichert zudem nicht nur die rechtliche Konformität, sondern ermöglicht auch langfristige Einsparungen und eine verbesserte Energieeffizienz. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und trägt zum Umweltschutz bei.

 

Welches Vorgehen wird RZ-Betreibern zur Erfüllung der EnEfG-Anforderungen empfohlen?

Im ersten Schritt sollte untersucht werden, ob eigenbetriebene Rechenzentren aufgrund ihrer Nennanschlussleistung in den Geltungsbereich des EnEfG fallen. Daraufhin ist im Rahmen einer Gap-Analyse zu prüfen, ob die im Gesetz definierten unterschiedlichen Anforderungen erfüllt werden. Ist dies nicht der Fall, sind Maßnahmen abzuleiten und daraufhin strukturiert umzusetzen, um vollständige Compliance mit dem Gesetz zu erreichen.

Zur Unterstützung dieses Prozesses wurde das Beratungsprodukt „EnEfG-Datacenter-Assessment“ entwickelt. Das Assessment hilft RZ-Betreibern, ihren aktuellen Status hinsichtlich des Energieeffizienzgesetzes zu bewerten, klärt über notwendige Schritte zur Erfüllung aller Anforderungen auf und benennt konkrete Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Kostenoptimierung.

 

Gibt es geplante Aktualisierungen oder Erweiterungen des EnEfG?

Aktuell ist nicht absehbar, wann und in welcher Form das EnEfG überarbeitet wird und in welche Richtung sich die Anforderungen weiterentwickeln werden. Die dynamische Natur des IT- und RZ-Sektors, die kontinuierliche Entwicklung der Technologien und die Notwendigkeit von Energieeinsparungen könnten zukünftige Anpassungen des Gesetzes erforderlich machen.

Betreiber sollten daher einen proaktiven Ansatz verfolgen, regelmäßige Überprüfungen ihrer RZ-Strategie und -Anlagen durchführen und in energiesparende Technologien investieren, um langfristig konform und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Martin Weber ist Berater für das Thema Rechenzentren bei Prior1.

Hier geht’s zum ersten Teil unserer Fragereihe.

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