Ab dem 27. November 2020 werden Business-to-Government-Transaktionen (B2G) in Deutschland weitgehend eine elektronische Rechnungsstellung erfordern. Ab diesem Zeitpunkt sind die Bundes- und einige erste Landesbehörden verpflichtet, keine vorschriftswidrigen Rechnungen mehr anzunehmen.
In Italien ist E-Invoicing für B2G-Transaktionen bereits seit 2014 gesetzlich verpflichtend. Infolgedessen ist die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten dort bereits weiter fortgeschritten. Um eine reibungslose Einführung in Deutschland zu gewährleisten, kann man viel aus den dortigen Erfahrungen lernen. Darauf aufbauend führt dieser Artikel in das Thema ein und zeigt die Herausforderungen aber auch die Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung für Lieferanten des öffentlichen Sektors in Deutschland auf.
Die Pandemie wird viele Unternehmen veranlassen, ihre Geschäftstätigkeit neu zu organisieren. Diese Transformation wird voraussichtlich eine Reihe von operativen Herausforderungen verursachen. Die Nichteinhaltung der Vorschriften stellt ein potenzielles wirtschaftliches Risiko dar. Lieferanten von staatlichen Organisationen, die die Vorschriften rechtzeitig einhalten, werden ihren Marktanteil nach Ablauf der Frist besser halten oder sogar ausbauen können. Zudem werden sie besser auf künftige Digitalisierungsinitiativen vorbereitet sein.
Herausforderungen bei der Umstellung
Eine weitere Hürde zur elektronischen Rechnungsstellung ist die uneinheitliche Umsetzung in den verschiedenen Bundesländern in Deutschland. Eine Vielfalt von möglichen Rechnungsformaten, Mindestrechnungsbeträgen und anderen Voraussetzungen ist die Folge. Je nach Bundesland ist deren Zulässigkeit unterschiedlich. Die Anbieter müssen sich daher mit den Spezifikationen für jedes Bundesland, in dem sie tätig sind, vertraut machen.
Eine positive Entwicklung für den grenzüberschreitenden Handel ist jedoch, dass die aktuelle Version des deutschen ZUGFeRD 2.1.1 – das Dateiformat für E-Invoices, das am 1. Juli 2020 veröffentlicht wurde – vollständig kompatibel mit dem französischen E-Invoicing-Format ist. Beide Formate sind nun technisch identische Formate, die bereits ab dem 24. März 2020 gemeinsam die Kennung Factur-X nutzen. Dies erleichtert den Austausch elektronischer Rechnungen zwischen Deutschland und Frankreich für B2G-Transaktionen.
Wirtschaftliche Vorteile
Die Umstellung auf die elektronische Rechnungsstellung im B2G-Bereich wird zwar eine Investition von Ressourcen erfordern, aber auch langfristig kommerzielle Vorteile bringen und die Effizienz verbessern. Elektronische Aufzeichnungen erleichtern es den Unternehmen, Finanzdaten bei Bedarf schnell zu extrahieren, und ermöglichen eine schnellere Identifizierung von Unstimmigkeiten.
Unternehmen, die ihre Rechnungsstellungsprozesse optimieren, erzielen in der Regel Kosteneinsparungen von 5 bis 15 € pro Rechnung. Auch Einsparungen von 1 bis 2 % des Gesamtumsatzes sind nicht ungewöhnlich. Auf Käuferseite wird dem Übergang zur elektronischen Rechnungsstellung von Experten vorausgesagt, dass der öffentliche Sektor in Deutschland zwischen 2,5 und 4,5 Milliarden Euro einsparen könnte.
Die elektronische Rechnungsstellung wird als erster Schritt zur Einführung von Formen des elektronischen Datenaustauschs (EDI) angesehen. Technologieunternehmen, die die obligatorische elektronische Rechnungsstellung als strategische Chance betrachten, werden daher den Übergang zur elektronischen Rechnungsstellung wahrscheinlich reibungsloser gestalten und frühzeitig davon profitieren. Der Übergang zu elektronischen Akten wird von entscheidender Bedeutung sein, um die Pandemie- Widerstandsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Unternehmen werden dadurch deutlich flexibler. Einerseits wird die elektronische Rechnungsstellung es Einkäufern erleichtern, ihr Lieferantenportfolio effizienter zu analysieren und zu verwalten. Lieferanten andererseits profitieren von den Informationen über ihre Geschäftsvorgänge mit den Käufern und können so flexibler agieren.
Vom Beispiel Italiens lernen
Der Vorteil, ein paar Schritte hinter den europäischen Kollegen zurückzuliegen, besteht darin, dass Deutschland aus den Erfahrungen anderer Länder, insbesondere Italiens, lernen kann. Italien hat den Weg zur elektronischen Rechnungsstellung geebnet und konnte dank seiner elektronischen Beschaffungssysteme Kosten in Höhe von über 3 Milliarden Euro einsparen. Das System wurde als so erfolgreich erachtet, dass die elektronische Rechnungsstellung kürzlich auch auf den Business-to-Business-Sektor ausgeweitet wurde.
Dies bedeutet, dass die italienische Steuerbehörde in der Lage ist, automatisch die Details aller elektronischen Rechnungen zu erfassen, bevor sie an die Kunden geschickt werden. Die bei der Zahlung fälligen Steuern können so genau berechnet werden. Die daraus resultierende Transparenz hat andere Länder dazu bewegt, auf ähnliche Weise mit der Digitalisierung ihrer Prozesse zu beginnen.
Die Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung sind offensichtlich. Doch die bevorstehende Frist übt Druck auf die Zulieferer des öffentlichen Sektors aus, die durch die anhaltende Gesundheitskrise bereits unter enormem Druck stehen könnten. Um einen Teil dieses Drucks zu mildern, wäre es für B2G-Anbieter ratsam, fachkundigen Rat einzuholen, wodurch sie sowohl Zeit als auch wertvolle Ressourcen sparen.
Die Zusammenarbeit mit einem Integrationspartner, idealerweise einem mit langjähriger Erfahrung auf dem italienischen Markt und in der digitalen Transformation sowohl im B2G- als auch im B2B-Bereich, wird zu einer effizienten Umsetzung beitragen. Die ideale Lösung muss interoperativ, flexibel und skalierbar sein, damit sie den Anforderungen der Digitalisierung in der Zukunft gerecht werden kann. Von Regierungen über Notfalldienste bis hin zu den öffentlichen Krankenhäusern – alle öffentlichen Stellen und ihre Lieferanten sind betroffen. Es ist daher sowohl für Käufer als auch für Lieferanten dringend notwendig, diese Vorgaben zu erfüllen.
Philip Wendl ist Senior Sales Manager bei Tesisquare.
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