Existiert eine gesetzlich verankerte Pflicht zur Vollzeiterfassung oder muss der Gesetzgeber die Vorgaben des EuGH noch umsetzen? Das war eine der Fragestellungen, die in den letzten drei Jahren nach dem „Stechuhrurteil“ des Europäischen Gerichtshof (EuGH) am juristischen Hochreck in Deutschland diskutiert wurde. Nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jüngst entschieden, dass mit § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG eine gesetzliche Grundlage für eine Vollzeiterfassung bereits existiert.
Auch wenn noch offen ist, in welchem Ausmaß sich die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auf die Arbeitszeiterfassung auswirkt, ist mit dem Urteil das „Ob“ einer Vollzeiterfassung nun unbestritten. Unternehmen sollten dies zum Anlass nehmen, ihre aktuellen Zeiterfassungssysteme zu überprüfen und sich für mögliche Anpassungen zu wappnen.
Der Personalsoftware-Anbieter Infoniqa hatte sich bereits in den vergangenen Jahren mit den möglichen Auswirkungen des EuGH-Urteils auseinandergesetzt und folgende 7 Tipps für Arbeitgeber zusammengestellt:
Tipp 1:
Ihre Mitarbeitenden sind Ihre wertvollste Ressource. Verpassen Sie es also nicht, rechtzeitig und transparent mit Ihrer Belegschaft zu kommunizieren! Ihre Mitarbeiter könnten verunsichert sein, möglicherweise sogar befürchten, dass liebgewonnene Arbeitszeitregelungen abgeschafft werden. Daher empfehlen wir die Erstellung eines Kommunikationsplans, um Ihre Mitarbeitenden über die sie betreffenden Neuerungen zu informieren.
Tipp 2:
Überprüfen Sie, ob für Ihr Unternehmen bestimmte Branchenvorgaben greifen und welche Zeiterfassungsanforderungen innerhalb des Unternehmens bestehen. Stichwörter sind hier: unterschiedliche Standorte, Reisezeiten, Außendienst, Homeoffice, Schichtarbeit, Freelancer und Dienstleister oder auch flexible Arbeitszeiten.
Tipp 3:
Klären Sie intern vorab, welche Regelungen zur Arbeitszeit Sie ändern oder einführen möchten. Wenn Sie schon die Zeiterfassungsstruktur innerhalb Ihres Unternehmens auf den Prüfstand stellen, können Sie dies gleich zum Anlass nehmen, bestehende Strukturen zu hinterfragen. Dazu gehört insbesondere die Einführung von flexiblen Arbeitszeiten, zum Homeoffice und weiteren Work-Life-Balance-geeigneten, mitarbeiterbindenden und Recruiting fördernden Maßnahmen.
Tipp 4:
Definieren Sie ein Projekt, eine/einen Projektverantwortliche(n), ein Budget sowie einen Anforderungskatalog.
Tipp 5:
Besprechen Sie mit Ihrer IT, ob Sie das System selbst betreuen möchten oder eine SaaS-Lösung in Frage kommt. Planen Sie im Anschluss Ressourcen für die Betreuung des Systems im späteren Tagesgeschäft ein.
Tipp 6:
Der Datenschutz will beachtet werden:
- Daten aus dem System heraus müssen DSGVO-konform gespeichert und abgelegt werden.
- Ein nachgelagertes, automatisches Archivierungssystem muss alle Anforderungen des Datenschutzes berücksichtigen.
- Nach dem Austreten einer Fachkraft müssen alle Daten im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen ebenfalls automatisch und vollständig gelöscht werden.
Tipp 7:
Vergessen Sie Ihren Betriebsrat nicht! Am besten ist dieser von Tag 1 an involviert.