Generell stellt sich heute in fast allen Unternehmen die Sourcing-Frage „Kaufen oder Rechenleistung in die Cloud auslagern“? Zu dieser grundlegenden Fragestellung hat die Redaktion des Midrange Magazins (MM) Mario Kisslinger, Teamleader Power Systems bei der DATAGROUP Frankfurt, befragt.
MM: Für welche Unternehmen rechnet sich der Einsatz von MSPs besonders?
Kisslinger: Heutzutage gibt es so gut wie keine IT-Verantwortlichen mehr, die nicht alle Optionen gegeneinander abwägen würden. Aber der Nutzen eines MSP-Modells liegt in weit mehr als nur in der Bereitstellung von Infrastruktur oder in Faktoren wie Skalierbarkeit, Verfügbarkeit oder CapEx-/OPEX-Strategien: Wir alle spüren den Fachkräftemangel, viele Unternehmen klagen darüber, dass sie den Wettbewerb um neue Mitarbeiter gegen Unternehmen mit einer höheren Marktbekanntheit oder geografischen Attraktivität verlieren. Hier sind Managed Services eine zuverlässige, durch SLAs abgesicherte langfristige Strategie, die Unternehmen handlungsfähig bleiben lässt – auch in Krisenzeiten.
MM: Wie soll das Zusammenspiel eines MSP mit den bestehenden IT-Mitarbeitern eines Anwenderunternehmens gestalten werden?
Kisslinger: Ein MSP ist wie die verlängerte Werkbank seines Vertragspartners zu sehen. Das funktioniert nur mit festen Ansprechpartnern auf Augenhöhe und mit gegenseitiger Wertschätzung. Unsere Mitarbeiter arbeiten seit vielen Jahren in Teams mit den Mitarbeitern auf Kundenseite. Sie kennen deren Umgebung, ihre Anforderungen und wissen um die Kritikalität der auf den Systemen abgebildeten Geschäftsprozesse. Sie leisten zuverlässige Betriebsunterstützung und können bei Störungen schnell eingreifen, um umfassendere Auswirkungen auf den laufenden Betrieb zu verhindern. Da spielen Vertrauen und Verlässlichkeit eine große Rolle und das kann nur auf Augenhöhe entstehen.
MM: Welche Argumente sprechen für den Einsatz eines MSP im IBM i-Umfeld?
Kisslinger: Ich würde die Frage gerne umkehren: Was spricht denn heute noch dafür, die Power selbst zu betreiben? Wir beobachten seit Jahren eine steigende Komplexität der unterschiedlichen IT-Systeme und deren gegenseitige Abhängigkeiten. Früher war die IBM i ein monolithisches System, relativ einfach zu bedienen, ein in sich geschlossenes System. Heute gibt es eine Fülle an Schnittstellenthematiken, für die es umfangreiches Know-how braucht. Gleichzeitig geht bestehendes Know-how mit unzähligen IBM i-Admins in Rente und Nachwuchs ist rar. Hier stellt sich die Frage, auf welche Kernkompetenzen ich meine eigene IT-Mannschaft in Zukunft ausrichte und ob es nicht sinnvoller ist, meine IBM i langfristig von einem spezialisierten MSP betreiben zu lassen, der über eine breitere Wissensbasis verfügt und der den Betrieb auch außerhalb meiner Kernzeiten sicherstellt, zum Beispiel nachts.
MM: Nach dem Bekanntwerden der „Solarwinds-Lücke“ kommt die Frage nach der Sicherheit auf, die ein MSP seiner Klientel bieten muss: Wie adressieren Sie dieses Thema?
Kisslinger: Security hat innerhalb der DATAGROUP den höchsten Stellenwert und ist als zentrales IT-GRC-Organ, also Governance, Risk & Compliance, in Form eines Gremiums organisiert, thematisch auf Vorstandsebene verankert. Es gibt monatliche Abstimmungs-Calls mit allen Sicherheitsverantwortlichen in den Gesellschaften, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Gesellschaften werden permanent zu Datenschutz und sicherheitsrelevanten Themen sensibilisiert. Als MSP verfügen wir bei DATAGROUP Frankfurt über einen eigenen GRC-Manager, der eine regelmäßige Risikobewertung und Prüfung auf alle aktuellen Sicherheitsrisiken durchführt, sowohl technisch als auch organisatorisch. Wir sind ganz nah an den Herstellern dran, um sofort auf neu aufkommende Bedrohungslagen reagieren zu können. Der damit verbundene Aufwand ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und für kleinere Unternehmen in diesem Umfang sehr herausfordernd.
MM: Hat sich aus Ihrer Sicht die Nachfrage nach IT-Services verändert?
Kisslinger: Ganz eindeutig! In den ersten Jahren als MSP lag die Nachfrage fast ausschließlich bei Infrastruktur-Hosting. Mit den Jahren haben unsere Kunden dann mehr und mehr Services in Anspruch genommen, um bei Bedarf Ressourcen oder zunehmend fehlendes Know-how zu kompensieren. Kunden kaufen heute kaum noch reine VMs: Sie kaufen stattdessen einen Service, der ihnen regelmäßiges Patching oder Automatisierung von Deployments abnimmt, den Citrix-Betrieb und viele weitere Services. Dazu ist ein breites Skill-Portfolio nötig, das Kunden selbst so kaum abdecken können. So sind wir nicht nur in Bezug auf IBM Power i gewachsen, sondern auch im Umfeld von SAP, Microsoft, Linux, Netzwerkthemen, Anbindung an Public Clouds, hybriden Betriebsmodellen und zuletzt auch im Betrieb von Kubernetes-Plattformen. (rhh)