Ersetzendes Scannen war erst der Anfang. Heute bestimmen zahlreiche weitere technologische Entwicklungen, wie Unternehmen Geschäftsdokumente verarbeiten. Das Ziel: Über „Intelligent Document Processing“ schneller und mehr Wissen aus Schriftstücken zu generieren.

Elektronische Archive sparen Platz und Zeit. Durch Verschlagwortung und das Anbringen von Metadaten sind alle Dokumente am Bildschirm sofort aufrufbar, ohne langen Gang in den Keller mit meterlangen Regalen voller Altakten. Schon seit Jahren und Jahrzehnten archivieren Unternehmen ihre Unterlagen lieber digital und lösen damit Papierablagen ab. „Ersetzendes Scannen“ nennt man das – ein schlichter Ersatz von Papier durch ein elektronisches Dokument. Seit 2014 genügt dies auch den Anforderungen der Finanzverwaltung, so die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“, kurz GoBD, die in ihrer ersten Version vor nunmehr knapp neun Jahren veröffentlicht wurden.

Längst kann man Schriftstücke auch direkt aus der führenden Anwendung heraus elektronisch archivieren, sei es ein ERP- oder CRM-System oder ein Portal. Der eigentliche Sinn dahinter ist jedoch derselbe: Ablegen aus Pflichterfüllung und zur Einhaltung von Compliance-Richtlinien. Das digitale Dokument ist lediglich ein Ersatz für das Papierdokument und wird ansonsten exakt genauso behandelt.

Beleglesung nur der erste Schritt in Richtung Digitalisierung

Kurz nach Beginn des ersetzenden Scannens begannen Unternehmen zudem, Beleglesungssoftware zu nutzen, um aus den digitalen Dokumenten die Inhalte mittels OCR-Software auszulesen. Dies war eine ganze Zeit lang state-of-the-art: Der Papierbeleg, z.B. eine Rechnung, trifft ein, wird gescannt und eine OCR erkennt die Inhalte. Diese werden dann nochmals konvertiert und automatisch in die jeweiligen Felder des ERP-Systems eingetragen. In diesem Zuge folgt in der Regel noch ein Validierungsschritt, bei dem ein Mensch das eingescannte Belegbild betrachtet. Kontrolliert wird dabei, ob auch wirklich die richtigen Daten ausgelesen und korrekt in das ERP übertragen wurden – keine OCR liefert immer 100prozentig exakte Ergebnisse.

War das beschriebene Verfahren schon ein deutlicher Schritt Richtung Digitalisierung und Automatisierung, so hat der technische Fortschritt in diesem Bereich in jüngerer Vergangenheit noch einmal sichtlich zugelegt. Prozesse der Dokumentenverarbeitung sind heute state-of-the-art, wenn sie einen der folgenden Trends (oder mehrere) aufgreifen.

  • Trend Nr. 1; PDF: Die Vorherrschaft des Papiers ist gebrochen, zumindest wenn es um Rechnungen geht. Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen der xSuite-Kundenumfrage aus dem Sommer 2022. 83 Prozent der Befragten gaben dort an, dass sie mindestens die Hälfte ihrer Rechnungen als PDF per E-Mail erhalten. Zum Vergleich: 2019 lag der Wert nur bei 48 Prozent. Bei mehr als vier Fünfteln der Eingangsbelege entfällt damit heute der Schritt der Digitalisierung.
  • Trend Nr. 2; Cloud: Viele Unternehmen haben die Vorteile der Cloud erkannt und verfolgen eine Cloud-Strategie. Sie haben also das Ziel, ihre IT bzw. Teile davon in die Cloud zu verlagern. Beleglesung ist ein häufig wiederkehrender Standardprozess, der eine relativ hohe Rechenleistung erfordert. Damit ist dieser Prozess geradezu prädestiniert, um in der Cloud abzulaufen. Das dies gut funktioniert, zeigen die zahlreichen Beispiele aus der Praxis mit der Cloud-basierten Beleglesungssoftware von xSuite.
  • Trend Nr. 3; KI: Bild-, Sprach- und Texterkennung sind die beliebtesten Anwendungsgebiete, in denen künstliche Intelligenz schon deutliche Erfolge vorweisen kann. Insbesondere wenn es um eingescannte Dokumente geht, deren Inhalte mit Hilfe von OCR ausgelesen werden, erreichen regelbasierte Ansätze wie oben erwähnt nie eine 100prozentige Erkennungsrate. Auch KI leistet dies noch nicht. Aber sie kann das Ergebnis zumindest optimieren und um noch ein paar Prozentpunkte verbessern – was am Ende eine signifikante Arbeitserleichterung darstellt.
  • Trend Nr. 4; Home-Office: Bis 2019 haben Büroangestellte normalerweise im Büro gearbeitet. Vor zweieinhalb Jahren änderte sich die Situation schlagartig. Auch wenn heute viele Firmen ihre Beschäftigten wieder ins Büro beordern – in vielen Unternehmen ist es inzwischen gelebte Praxis, dass die Angestellten einen bestimmten Anteil ihrer Arbeitszeit im Home-Office verbringen. Auch wenn dies nicht flächendeckender Standard ist, so gehört es doch inzwischen definitiv zum „Neuen Normal“. Damit sind Arbeitsabläufe, die ortsunabhängig ausführbar sind, de facto ein Muss für jedes Unternehmen – und das heißt in der Regel digitale Prozesse und Dokumente. Komplett manuelle, papierhafte Geschäftsabläufe passen nicht mehr in eine Arbeitswelt, die zu einem gewissen Teil von Home-Office geprägt ist.
  • Trend Nr. 5; GoBD: In gewissem Sinne waren die rechtlichen Regelungen hier ihrer Zeit voraus. Im Jahr 2014 erstmals veröffentlicht, erschien Ende 2019 die Neufassung der GoBD. Ein wichtiges Thema darin war die Digitalisierung durch „bildliche Erfassung“, ein Begriff, der das „Scannen“ abgelöst hat. Das bedeutet konkret: In den GoBD wird nun auch explizit das Smartphone neben Multifunktionsgeräten oder Scan-Straßen als Möglichkeit zur Digitalisierung von Dokumenten in Papierform genannt. Und seit 2020 – Stichwort Home-Office – wird davon auch definitiv vermehrt Gebrauch gemacht. Die GoBD haben im Zuge dessen übrigens auch die Cloud und Formatkonvertierungen legitimiert. Man muss also nicht mehr alles doppelt und dreifach abspeichern, wenn man digital arbeitet.
  • Trend Nr. 6; Gesetzliche Regelungen zur E-Rechnung: Bereits zwischen 2018 und 2020 wurde die öffentliche Verwaltung in die Pflicht genommen, sich fit für die E-Rechnung zu machen. Ende 2021 hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag die Einführung einer umfassenden E-Rechnungspflicht auch für Unternehmen auf die Fahnen geschrieben. Parallel dazu bereitet die EU Vorschläge zur Einführung einer ebensolchen E-Rechnungspflicht vor. Es sieht ganz danach aus, als sei in einigen Jahren das vorherrschende Rechnungsformat weder Papier noch PDF – sondern XML. Wenn man maschinenlesbare Dokumente hat, ändert dies den Capture-Markt noch einmal von Grund auf. Schnittstellen, Portale, Transportwege werden künftig die zentralen Themen sein – und nicht mehr Scannen und OCR.

Blickt man auf die Verarbeitung eingehender Geschäftsdokumente, haben sich die Voraussetzungen und Anforderungen dramatisch verändert – ein Prozess, der sich weiter fortsetzen wird. Gleichzeitig haben sich die technologischen Möglichkeiten deutlich erweitert, insbesondere durch Cloud und KI. „Ersetzendes Scannen“ ist heute ein Begriff aus der Vergangenheit, State of the Art ist „Intelligent Document Processing“. Dadurch wird das in den Schriftstücken hinterlegte Wissen hervorgebracht und nutzbar gemacht. Genau auf dieses Kriterium hin sollten Unternehmen ihre Prozesse ausrichten, um sich zukunftsfähig aufstellen zu können.

Dina Haack ist Head of Marketing bei der xSuite Group.

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