Setzt ein Unternehmen KI richtig ein, ist sie ein hilfreiches Werkzeug, um angestrebte Unternehmensziele zu erreichen. Viele nutzen sie vor allem für die Optimierung diverser Prozesse; auch im IAM. Doch wenn es um die Sicherheit geht, ist Vorsicht geboten und menschliches Mitdenken erforderlich. Nicht jeder Vorschlag seitens der KI taugt für den Geschäftsalltag. – Ein Beitrag von Sebastian Rohr, Managing Director, Umbrella Security Operations GmbH sowie Co-Founder der umbrella.associates GmbH.
Künstliche Intelligenz verspricht, Prozesse zu vereinfachen und Entscheidungen datenbasiert zu unterstützen. Diese glänzende Seite der Medaille verlockt gleichsam, die Technologie schnell und oftmals unbedacht einzusetzen. Doch gerade im Identity and Access Management (IAM) birgt ein unreflektierter KI-Einsatz Risiken – beispielsweise, wenn Unternehmen Algorithmen aus der Konsumwelt auf sicherheitskritische Zugriffsentscheidungen übertragen. Damit KI im IAM ebenso bequem wie sicher ist, braucht es das richtige Verständnis von Optimierung – und eine neue Form der Transparenz.
Warum die Empfehlungslogik nicht zum IAM passt
„Andere Nutzer, die diese Rolle haben, haben auch folgende Rechte“ – eine Empfehlungskette, die im E-Commerce zum Kauf verleitet, kann im IAM fatale Folgen haben. Denn diese Systeme, wie sie etwa Amazon oder Netflix einsetzen, sind auf Maximierung ausgelegt: mehr Klicks, mehr Umsatz, mehr Engagement. Für das IAM gelten jedoch andere Leitlinien. Hier steht nicht das „Mehr“ im Vordergrund, sondern gemäß dem Least-Privilege-Prinzip das „notwendige Minimum“. Jeder zusätzliche Zugriff birgt potenzielle Gefahren – sei es durch Fehlbedienung, Missbrauch oder Kompromittierung.
Gerade bei automatisierten Rollenzuweisungen und Rezertifizierungen zeigt sich das Dilemma: Was bequem scheint, kann Berechtigungen langfristig aufblähen. Wurde einem Mitarbeiter einmal Zugriff erteilt, fällt es vielen Verantwortlichen schwer, diesen wieder zu entziehen. Stattdessen entstehen über die Zeit überdimensionierte Rollenpakete, die kaum noch nachvollziehbar sind – ein schleichender Verstoß gegen das Sicherheitsprinzip. Eine einfache Empfehlungslogik verstärkt diesen Effekt: Sie schlägt vor, was andere auch haben. Was wirklich gebraucht wird, fällt meist unter den IAM-Tisch.
Smarte Unterstützung bei der Minimalen-Rechtevergabe
Moderne IAM-Add-ons setzen KI optimalerweise zur Minimierung von Rechten ein – und zwar nachvollziehbar. Machine-Learning-Algorithmen analysieren dabei die tatsächliche Nutzung von Berechtigungen: Welche Rechte werden regelmäßig verwendet? Welche nur selten oder gar nicht? Daraus entstehen Empfehlungen zur Reduktion, nicht zur Erweiterung. Das Ziel ist es, das Rechtepaket so schlank wie möglich zu halten – und dabei trotzdem alle Aufgaben abdecken zu können.
Ein entscheidender Vorteil: Diese Systeme liefern kontextbasierte Hinweise, etwa bei der Rezertifizierung. Statt kryptischer Listen und pauschaler Aussagen erhalten Prüfer verständliche Einschätzungen, warum ein Nutzer ein Recht hat oder ob dieses möglicherweise mittlerweile überflüssig ist. Der Einsatz von Natural Language Processing (NLP) kann zusätzlich helfen, die Informationen verständlich darzustellen – etwa durch übersichtliche Dashboards oder Chatbot-gestützte Unterstützung. So lässt sich der Review-Prozess deutlich effizienter gestalten und die Qualität der Entscheidungen steigt.
Ein weiterer Aspekt: Mit Usage-basierten Analysen lassen sich dynamische Rollenmodelle entwickeln, die nicht mehr starr auf Abteilungslogik beruhen, sondern tatsächliches Verhalten abbilden. Wenn ein Nutzer von fünf Rechten nur zwei regelmäßig nutzt, kann die KI vorschlagen, die restlichen temporär zu entziehen oder in eine alternative, schlankere Rolle zu überführen. Natürlich stets mit der Option, Rechte bei Bedarf wieder anzufordern. Das reduziert Risiken und schafft zugleich ein flexibleres IAM-Erlebnis für die Nutzer.
Weniger Rechte, mehr Überblick!
IAM-Systeme geraten immer dann aus dem Ruder, wenn das Prinzip „weniger ist mehr“ aus dem Blick gerät. KI kann helfen, diese Perspektive wiederherzustellen – vorausgesetzt, sie wird mit dem richtigen Ziel eingesetzt. Statt unkritisch auf Empfehlungslogik zu setzen, braucht es ein Verständnis für smarte Reduktion. Moderne Access-Governance-Systeme gehen diesen Weg: Sie analysieren die tatsächliche Nutzung, liefern nachvollziehbare Empfehlungen und unterstützen gezielt bei der Rezertifizierung. So wird IAM sicher, effizienter und ein gutes Stück verständlicher.

Co-Founder, umbrella.associates GmbH