In Unternehmen ist die Digitalisierung zur Alltagsaufgabe geworden. Laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom aus dem Jahr 2024 arbeiten bereits 15 Prozent der deutschen Unternehmen komplett papierlos. Dennoch stellt die sich schnell wandelnde Geschäftswelt viele Chefetagen vor einige Herausforderungen. Besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) scheitern viele Projekte an den Erwartungen. Doch woran liegt es? – Als einen Grund nennt die IT-Expertin Lily Akpuaka-Bosse die falsch gewählte Umsetzungsstrategie.
Dass die Digitalisierung in Deutschland nur schleppend vorangeht, ist nicht neu. Vor allem ist die Transformation mit der Pandemie eher wieder ins Stocken geraten. Besonders kleinere Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitenden haben Schwierigkeiten mit größeren Unternehmen mitzuhalten. Konträr zur vorhandenen rückläufigen Nutzung digitaler Lösungen erscheint deshalb die Wahrnehmung von über 80 Prozent der deutschen KMUs, die die Digitalisierung als entscheidenden Faktor für ihre Zukunftsfähigkeit sehen. Die größten Hürden haben sich hingegen seit dem letzten Jahr nicht verändert. So geben 48 Prozent die Kosten als höchste Herausforderung an, dicht danach den Zeitmangel (46 %) und an dritter Stelle die Bedenken hinsichtlich Sicherheit und Datenschutz mit 43 Prozent. Besonders im Sektor „Information und Kommunikation“ wird das Potenzial der Digitalisierung bei Weitem nicht ausgeschöpft. Lily Akpuaka-Bosse, Gründerin von hireFAIR, kennt die Dringlichkeit für bessere Digitalisierungsstrategien in Unternehmen.
Projekt- vs. produktorientierte Strategien
Da die Digitalisierung ein fortlaufender Prozess ist, ist es für Unternehmen unabdingbar, die für sie richtige Strategie zu wählen, um entsprechend erfolgreich zu sein. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Herangehensweisen: den projekt- und den produktorientierten Ansatz.
Der erstgenannte, der traditionelle, projektbasierte Ansatz, liefert eine einmalige Lösung binnen eines definierten Zeitrahmens und Budgets. Allerdings lässt dieser die Kontinuität des Prozesses außer Acht, sodass die Investition nur kurzfristig von Nutzen ist.
„Viele sehen Digitalisierung als ein Projekt mit Enddatum. Doch Lösungen müssen stetig weiterentwickelt werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, betont Akpuaka-Bosse.
Der zweite, der produktorientierte Ansatz hingegen, setzt auf langfristige, iterative Verbesserungen.
„Für KMUs ist das entscheidend, da sie mit geringeren Budgets oft schnelle und flexible Anpassungen benötigen, die sich direkt an den Bedürfnissen des Unternehmens orientieren. Dies ist wichtig für sie, um am Markt wettbewerbsfähig zu bleiben“, erklärt die Expertin.
Fallstricke in der Digitalisierungsstrategie
Häufig ist das Scheitern von Digitalisierungsprojekten auf einen Mangel an Fachwissen und Führungskompetenz zurückzuführen. Unternehmer wählen oftmals eine komplexe Lösung, die nicht zu den eigenen Geschäftsanforderungen passt. Folglich geben sie viel Geld für Lösungen aus, die dann nicht den gewünschten Mehrwert liefern.
Weiter erschweren Legacy-Systeme den Digitalisierungsprozess. „Viele KMUs arbeiten mit veralteten IT-Systemen, die schwer skalierbar sind oder keine Schnittstellen zu modernen Technologien bieten. Häufig mangelt es an klaren Ziele oder einer langfristigen Roadmap, was zu fragmentierten IT-Systemen und Insel-Lösungen führt. Diese sind nicht nur schwer zu warten, sondern auch kostspielig und ineffizient“, so Akpuaka-Bosse. Sie empfiehlt deshalb externe Fachleute in den Prozess mit einzubeziehen. Diese können dabei helfen klare Ziele zu definieren und eine an das jeweilige Unternehmen angepasste Strategie zu entwickeln. Sodass Fehlinvestitionen aus bleiben.
Auch betont sie, dass speziell geschulte Führungskräfte notwendig sind, um typische Fallstricke – z. B. Stakeholder-Engagement, unzureichendes Change-Management – zu vermeiden.
Proof-of-Concepts, KPIs und der Einsatz von Cloud-Lösungen
Bevor mittelständische Unternehmen Investitionen tätigen, sollten sie mit dem Digitalisierungsleiter KPIs festlegen sowie die Durchführung eines Proof-of-Concept (PoC) umsetzen. Dieser Probelauf dient dazu Feedback zur Benutzerfreundlichkeit und zum Mehrwert zu erhalten. Für KMUs ist es am kostengünstigsten, wenn sie auf Cloud-Technologien und vorgefertigte Digitalisierungstools zurückgreifen, um die IT-Infrastruktur zu erneuern.
„Cloud-Lösungen sind besonders für kleinere Betriebe attraktiv, weil sie flexibel skalierbar sind und so mit den Bedürfnissen des Unternehmens wachsen oder schrumpfen können“, erklärt Akpuaka-Bosse.
Hierbei nehmen insbesondere agile Methoden wie DevOps, Continuous Integration und Continuous Delivery (CI/CD) eine wichtige Rolle ein. Sie gewährleisten eine schnelle und zuverlässige Softwareentwicklung.
Mit Hilfe von DevOps-Prozessen kann eine enge Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Betrieb stattfinden. So sind Änderungen rasch und mit einem niedrigeren Risiko implementierbar. Dies ist vor allem für kleine Unternehmen vorteilhaft, da sich so die Markteinführungszeit verkürzt und auf sich ändernde Marktanforderungen besser reagiert werden kann.
Zugleich sind für unternehmensübergreifende Standardprozesse oftmals vorgefertigte Tools sinnvoller als vollständige Neuentwicklungen. Bei diesen ist jedoch explizit auf eine Überprüfung hinsichtlich des Datenschutzes und der Integration notwendig. So ist der Einstieg für KMUs in die Digitalisierung schrittweise und mit minimierten Risiko möglich, sodass langfristig unnötige Kosten oder Komplexitäten erspart bleiben.