Obwohl die Mehrheit der Unternehmen Digitale Souveränität für wichtig hält, fehlt es oft an konkreten Konzepten. Der neue Index von adesso und dem Handelsblatt Research Institute offenbart eine deutliche Kluft zwischen Anspruch und Umsetzung. Besonders bei Schlüsseltechnologien wie Cloud und KI dominiert die Abhängigkeit von nicht-europäischen Anbietern – trotz hoher Investitionsbereitschaft.
Digitale Souveränität gilt zunehmend als kritischer Erfolgsfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen – doch konkrete Strategien zur Umsetzung sind Mangelware. Dies zeigt der erstmals veröffentlichte „Index Digitale Souveränität“, den der IT-Dienstleister adesso gemeinsam mit dem Handelsblatt Research Institute erhoben hat. Die branchenübergreifende Befragung unter knapp 500 Unternehmen und öffentlichen Organisationen legt offen: Die Bedeutung des Themas ist anerkannt, doch strukturelle Maßnahmen bleiben vielerorts aus.
92 Prozent der Befragten halten Digitale Souveränität für wichtig, doch nur 21 Prozent haben bislang eine entsprechende Strategie formuliert. In gerade einmal 13 Prozent der Organisationen ist das Thema Teil der übergeordneten Unternehmensstrategie. Meist wird Digitale Souveränität auf technische Aspekte wie IT-Sicherheit (91 Prozent) und Cloud-Infrastruktur (72 Prozent) reduziert – weitergehende Dimensionen wie Recht, Aus- und Weiterbildung oder Lieferketten bleiben oft unbeachtet.
Mittelstand mit besserem Reifegrad als Großunternehmen
Der Index Digitale Souveränität (IDS) misst den Umsetzungsstand anhand von sechs Dimensionen: Hardware, Software, Cybersicherheit, Datenmanagement, Cloud und Künstliche Intelligenz. Der durchschnittliche Reifegrad über alle Befragten hinweg liegt bei 65,8 Prozent – mit 67 Prozent leicht höher bei Unternehmen als bei öffentlichen Organisationen (64 Prozent).
Überraschend: Kleinere Unternehmen schneiden mit 68,9 Prozent besser ab als Großunternehmen mit mehr als 2.500 Beschäftigten (64,2 Prozent). Der Maximalwert von 100 Prozent steht für vollständige digitale Souveränität – ein Ziel, das laut Studie nur wenige Organisationen anstreben.
Abhängigkeit bei Schlüsseltechnologien bleibt hoch
Besonders deutlich wird der Rückstand bei zentralen Technologien. In den Bereichen Cloud, Software und insbesondere Künstliche Intelligenz sind über 60 Prozent der Unternehmen auf nicht-europäische Anbieter angewiesen. 63 Prozent bewerten ihre digitale Souveränität bei KI lediglich als „ausreichend“.
Hemmnisse sind laut Umfrage vor allem fehlende Fachkräfte, mangelnde Kompetenzen und hohe Implementierungskosten. Dennoch zeigt sich eine hohe Investitionsbereitschaft: 80 Prozent der Unternehmen wären bereit, für souveräne Lösungen einen Preisaufschlag zu zahlen – im Schnitt 17 Prozent. Bei großen Unternehmen liegt dieser Wert sogar bei rund 30 Prozent.
Potenziale bleiben ungenutzt
„Unser Index Digitale Souveränität macht erstmals deutlich, wie sehr die große Mehrheit der deutschen Wirtschaft die strategische Relevanz der Digitalen Souveränität unterschätzt“, erklärt Mark Lohweber, CEO von adesso SE. „Dabei verhilft sie Unternehmen zu mehr Handlungsfreiheit, Innovation und damit Wettbewerbsfähigkeit. Diese wichtigen Hebel für Wachstum und Wertschöpfung bleiben noch weitestgehend ungenutzt.“
Ein strategischer Umgang mit digitaler Unabhängigkeit sei kein Selbstzweck, sondern müsse in Relation zu konkreten Anwendungsfällen und Datensensibilität stehen. So streben Unternehmen laut Studie im Durchschnitt einen Zielwert von 77,8 Prozent an – keine vollständige Autarkie, sondern eine ausgewogene Balance.
Digitale Souveränität als Balanceakt
Digitale Souveränität bedeutet nach Auffassung von adesso nicht Abschottung, sondern gezielte Selbstbestimmung in einer global vernetzten Wirtschaft. Ziel sei ein verantwortungsvoller Umgang mit digitalen Abhängigkeiten, der Resilienz und Innovationsfähigkeit gleichermaßen stärke.
„Digitale Souveränität bedeutet in einer global vernetzten Wirtschaft und Politik nicht Abschottung, sondern Selbstbestimmung, Partnerschaft und Resilienz“, so Lohweber. „Es gilt, den richtigen Weg zu einer passgenauen Digitalen Souveränität zu finden – mit der optimalen Balance zwischen Unabhängigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.“
Der vollständige Index Digitale Souveränität ist hier abrufbar.
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