Nicht mehr alles aus der IBM-Hand – diese Strategie kennzeichnet die Ausrichtung der ehemaligen IBM-Sparte GTS, die mittlerweile unter der Firmierung Kyndryl aktiv ist. Stephan Hierl, CTO und Delivery Leader bei Kyndryl Deutschland skizziert die künftige Ausrichtung des IT-Dienstleisters.

Mit Kyndryl hat die IBM den Großteil der ehemaligen GTS-Organisation (Global Technology Services) abgespalten. Das neue Unternehmen will vom Digitalisierungstrend profitieren, denn die globale Wirtschaft entwickelt sich rasant in diese Richtung: Laut IDC sollen 65 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts bis 2022 „digitalisiert“ sein – doch nur die Hälfte aller Unternehmen hat bereits mit der Transformation begonnen. Bei Kyndryl ist sieht man sich gerüstet, bei diesen Transformationsprozessen die Anwenderunternehmen mit herstellerübergreifenden und nicht mehr reinen IBM-basierten Lösungen zu unterstützen.

Auf die Frage, warum diese Ausgliederung stattgefunden hat, erklärt Stephan Hierl, CTO und Delivery Leader bei Kyndryl Deutschland: „Nach der Ausgliederung haben wir die Chance, mit mehreren technologisch führenden Herstellern zu kooperieren und aus deren Portfolios die optimalen Lösungen für unsere Kunden zu kombinieren. Damit können wir Partnerschaften etwa mit Microsoft, AWS, SAP oder VMware eingehen, die wir im früheren IBM-Verbund nicht umsetzen konnten.“

Ein aktuelles Beispiel dazu ist die strategische Partnerschaft von Kyndryl und NetApp: Die beiden Unternehmen liefern zusammen eine neue Speicher-Infrastruktur für BMW. Vereinbart wurde ein Storage-as-a-Service für den Premium-Autohersteller. Die Kombination der digitalen Infrastruktur-Dienste von Kyndryl mit der Cloud-basierten, datenzentrierten Software-Technologie von NetApp ist die Basis der für diese Vereinbarung.

Dabei soll Kyndryl die Zusammenarbeit orchestrieren und sein Fachwissen und seine globale Reichweite einsetzen, um die Enterprise-Storage-Infrastruktur zu verwalten. Diese ist für den Produktionsprozess des Automobilherstellers entscheidend. NetApp stellt die hybride Cloud-Dateninfrastruktur bereit, entsprechend den Anforderungen in den Rechenzentren der BMW-Gruppe, und liefert die Network-Attached- (NAS) und Scale-out-Storage-Infrastruktur. Die Zusammenarbeit umfasst laut Hierl 17 Länder auf fünf Kontinenten mit Deutschland, den USA und China als Hauptmärkte.

Damit sieht sich Hierl auch bestätigt, wie künftige IT-Konfigurationen aufgestellt sein sollten: „Aus meiner Sicht sind heutzutage IT-Infrastrukturen gefragt, die sich in der Multicloud oder zumindest in einer Hybrid Cloud abspielen. Das bringt ganz neue Herausforderungen mit sich – das Thema Authentifizierung ist dafür ein Beispiel. Doch derartige IT-Infrastrukturen verlangen einen hohen Aufwand, den IT-Dienstleister wie wir übernehmen können.“

Als die Kernfelder für das künftige Wachstum von Kydryl zählt Hierl auf:

  • den Bereich Cloud als größtes Segment,
  • „Core Enterprise“ und Z-Cloud (hier ist das Mainframe-Service-Business verortet),
  • „Application Data und AI“ (dazu gehören Applikationen wie SAP-Software, die entweder in Public Cloud oder nach wie vor on premise betrieben wird),
  • der Bereich Security and Resiliency,
  • „Digital Workplace“ und
  • das Segment „Netzwerk“.

Eine strategische Partnerschaft hat Kyndryl auch mit Google Cloud angekündigt. „Die Zusammenarbeit mit Google ist das jüngste Beispiel dafür, dass wir unser Ökosystem rasch ausbauen“, betont Hierl.

Er sieht dabei vor allem große Chancen, wenn es um die Bereitstellung eines Cloud-basierten Zugangs zu vollständig verwalteten und skalierbaren KI- und maschinellen Lerntechnologien oder um die Einführung neuer Services zur Beschleunigung der Migration von SAP-Workloads auf Google Cloud geht. Damit soll es Unternehmen ermöglicht werden, ihre kritischen SAP-Workloads auf einer globalen, zuverlässigen Cloud-Infrastruktur auszuführen.

Bei all der großen Fokussierung auf das künftige Business erfüllt Kyndryl nach wie vor die bestehenden Wartungsverträge aus der IBM-Historie. „TSS also das Wartungsgeschäft als ehemaliger Bereich der GTS bleibt bei der IBM“, stellt Hierl fest. „Für die Kunden, die damit vertraglich verbunden sind, ändert sich gar nichts. In den Fällen, in denen die ehemaligen GTS Wartungsverträge für die IBM hat, etwa für die Mainframes oder Power-Systeme, ändert sich auch nichts. Dabei ist es für die Endkunden transparent, wie die Abrechnung zwischen Kyndryl und IBM abläuft.“

Allerdings schaut sich, so Hierl, Kyndryl am Markt um, ob es Partnerschaften geben könnte, die zu einer besseren Lösung führen und nennt als Beispiel Lenovo: „Wo Systeme von Lenovo zum Einsatz kommen, wollen wir auch die Wartung zu Lenovo geben und sie nicht mehr von der IBM erbringen lassen.“ Zudem werden laut Hierl bei Kyndryl aktuell massiv Mitarbeiter eingestellt: Gesucht werden Einsteiger und Spezialisten für die Themenbereiche IT-Consulting, Cloud Advisory, IT-Architektur, Project Management, Business Development und Sales. Dabei sei auch in diesem Bereich die Unabhängigkeit von Plattformen ein Differenzierungsmerkmal für Kyndryl: „Mitarbeiter haben die Freiheit, sich unabhängig und plattformübergreifend weiter zu entwickeln“, betont Hierl.

Rainer Huttenloher

Kyndryl