Die Corona-Pandemie hat Kollaborationsplattformen wie Microsoft Teams einen enormen Vorschub geleistet. Die Lösungen für digitale Kommunikation können auch vollwertige Telefonanlagen ersetzen – wenn passende Erweiterungen wie das „Direct Routing“ integriert werden. Thomas Trumpfheller und Tobias Axt von der byon GmbH erläutern im Interview mit dem Midrange Magazin (MM), welche Vorteile die Integration der Telefonanlage in Kollaborationsplattformen hat.

MM: Warum soll ich in meinem Unternehmen die Telefonanlage aufs Abstellgleis stellen und durch eine Microsoft-Teams-basierte Lösung ersetzen?
Axt: Kein Unternehmen muss unbedingt die alte Telefonanlage auf das Abstellgleis stellen. Es gibt Ansätze, die beide Welten miteinander vereinen. Unternehmen stellen sich heute immer öfter die Frage, wie es gelingen kann, dass Mitarbeiter effektiv miteinander kommunizieren und arbeiten. Microsoft Teams bietet sich als Lösung an. Wenn ich Kommunikation und Arbeit weiter zentralisieren möchte, sollte ich die Telefonie in Microsoft Teams integrieren. So müssen meine Mitarbeiter nicht zwischen unterschiedlichen Applikationen und Bereichen wechseln. Auch Home-Office Integrationen sind mit Teams leichter zu lösen, da ich ohnehin mein Arbeitsumfeld in der Cloud habe. Es ist viel komplizierter, eine lokale Telefonanlage für das Internet zu öffnen und zusätzlich abzusichern.

Quelle: byon gmbh

Thomas Trumpfheller: „Wenn sich ein Unternehmen heute dazu entscheidet, Microsoft Teams in Verbindung mit Direct Routing zu testen, genügen die entsprechenden Office-365-Lizenzen, die Microsoft Teams bereits enthalten.“

MM: Was haben Sie entwickelt, um Microsoft Teams zu einer vollwertigen IP-basierten Telefonanlage zu machen?
Trumpfheller: Microsoft bietet in Teams zwei Möglichkeiten für die Kommunikation mit dem PSTN, also dem Public Switched Telephone Network – dem öffentlichen Netz. Die erste Möglichkeit liefert Microsoft selbst mit den sogenannten Calling Plans. Dabei benötigt jeder Benutzer einen eigenen Calling Plan, um regulär telefonieren zu können. Das kann schnell teuer werden. Calling Plans müssen für jeden Nutzer gebucht werden. In der Regel telefonieren aber nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig extern.

MM: …und die zweite Option?
Trumpfheller: Bei der zweiten Möglichkeit, dem sogenannten Direct Routing, wird ein von Microsoft zertifizierter Session Border Controller, kurz SBC, benötigt. Der SBC stellt das Bindeglied zwischen dem Office 365 Tenant und dem SIP Trunk Provider/Carrier dar. Einen SBC konnten wir im vergangenen Jahr erfolgreich mit unserem Technologie-Partner Ribbon Communications multimandantenfähig umsetzen. Die Abrechnung erfolgt dabei pro Sprachkanal. Das ist für den Kunden kosteneffektiver als eine Abrechnung pro Nutzer.

MM: Was ist bei einem Anwenderunternehmen technisch notwendig, damit die Mitarbeiter mit Microsoft Teams telefonieren können?
Trumpfheller: Wenn sich ein Unternehmen heute dazu entscheidet, Microsoft Teams in Verbindung mit Direct Routing zu testen, genügen die entsprechenden Office-365-Lizenzen, die Microsoft Teams bereits enthalten. Außerdem die sogenannten Telefonsystem-Lizenzen und eine Teststellung bei uns, da keine weitere Hardware benötigt wird.

MM: Welche Internetanbindung empfehlen Sie, wenn diese Art der Telefonie zum Einsatz kommen soll?
Axt: Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Hier spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Zum einen natürlich die Mitarbeiteranzahl, zum anderen auch die Dienste, die über die Internetleitung laufen. Es empfiehlt sich, einen Quality of Service), kurz QoS, einzurichten. Also eine Bevorzugung von Sprachdaten auf der Firewall, damit immer genug Bandbreite für die Telefonie bereitsteht. Kleine Unternehmen oder Filialen können mit einem VDSL-Anschluss arbeiten, ohne dass es hier zu Qualitätsproblemen kommen muss. Generell empfehlen wir, pro genutztem Sprachkanal eine symmetrische Bandbreite von ca. 100 kbit/s für den down- und upstream gleichzeitig einzuplanen. Bei zehn Sprachkanälen sprechen wir von ca. 1 Mbit/s.

MM: Welche Vorteile liefert dieser Ansatz einem Unternehmen?
Trumpfheller: Der Vorteil liegt darin, dass durch den SBC in der Cloud keine eigene Hardware gekauft, betrieben und gewartet werden muss. Außerdem ist ein Unternehmen nicht dazu gezwungen, alles von heute auf morgen im Rahmen einer „Big Bang Migration“ umzustellen. Ein SBC ist in der Lage, einen Teil der Rufnummern zu Office 365 und den anderen Teil zur bestehenden Telefonanlage zu routen. Wer noch auf das gute alte Fax angewiesen ist, der kann auch dafür entsprechende Lösungen gut implementieren. Als gelernter Systemadministrator vernachlässige ich gerne die kaufmännischen Aspekte. Ein weiterer Vorteil ist aber, dass ein Unternehmen wie früher nur die benötigte Anzahl an Sprachkanälen zu buchen braucht. Damit spart es sich monatliche Grundkosten.

MM: Welche Aussagen lassen sich zum Return on Invest (RoI) treffen?

Quelle: byon gmbh

Tobias Axt: „Kein Unternehmen muss unbedingt die alte Telefonanlage auf das Abstellgleis stellen. Es gibt Ansätze, die beide Welten miteinander vereinen.“

Axt: Eine RoI-Betrachtung ist bei dieser Lösung schwierig, da wir über laufende Kosten sprechen. Wir können bereits im direkten Vergleich Wartungsvertrag Telefonanlage + Sprachanschluss gegenüber Microsoft Lizenz + Sprachanschluss gewisse Einsparungen sehen. Was bei dieser Betrachtung fehlt, ist die Effizienzsteigerung der Mitarbeiter. Sie können schneller auf Informationen zugreifen. Zudem fügt sich Microsoft Teams integrativ und effizient in die Workflows des Unternehmens ein. Dieser Faktor ist nicht so einfach zu messen, sollte aber neben der monetären Betrachtung berücksichtigt werden.

MM: Wer liefert den Support für ein derart erweitertes Microsoft Teams?
Axt: Den Support für den Sprachbereich stellen wir als Anbieter bereit, unter anderem durch unsere 24/7-Hotline. Wie bei Vor-Ort-Telefonanlagen gibt es aber auch Themen, die die Telefonanlage selbst betreffen. In diesem Fall greift der reguläre Microsoft Support. (rhh)

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