Ist Deutschland als Digitalisierungsmuffel bloß ein Mythos? Leider nein, sagt Maria Truong, IT-Expertin beim Beratungshaus CNT Management Consulting. Obwohl die Corona-Pandemie deutsche Unternehmen in den letzten Jahren dazu gezwungen hat sich digital weiterzuentwickeln, gibt es künftig eine Reihe von Hürden, die es zu nehmen gilt.

Steigende Energiekosten, Inflation, Lieferkettenprobleme und nicht zuletzt der Fachkräftemangel lassen deutsche Unternehmen erneut zögern, die digitale Transformation weiterzuführen oder überhaupt zu starten. Denn neben dem Budget- und Zeitfaktor sowie einem fehlenden Willen zur Veränderung, ist eine falsche Priorisierung die größte Hemmschwelle für betriebliche Modernisierungen. Der Trend geht laut Maria Truong dank der voranschreitenden Globalisierung allerdings in die richtige Richtung, wenn auch langsamer als erwartet.

Es fehlt der Wille zur Veränderung

Deutsche Unternehmen halten vielerorts an bestehenden Strukturen fest. Mitarbeitende, die wirklich etwas verändern wollen, finden oft kein Gehör und kämpfen gegen die sprichwörtlichen Windmühlen. Bezeichnend findet Truong: „Vor meiner Tür wird seit Monaten an Glasfaserkabeln gearbeitet und umgegraben – selbst in Ländern wie Argentinien ist die Internetleitung schneller als hier in Deutschland.“

Das lege vor allem am fehlenden Willen zur Veränderung und der falschen Priorisierung also vermeintlich zu wenig Zeit und Budget. Der Ressourcen- bzw. Fachkräftemangel, der beinahe alle Branchen in Deutschland betrifft, tut seines noch dazu. „Das Skurrile ist, dass die meisten Unternehmer eine digitale Geschäftsstrategie durchaus als essenziell für künftigen unternehmerischen Erfolg sehen“, so Truong. Das Problem sei die zaghafte Herangehensweise der Deutschen, die sich besonders jetzt, wo es am Markt etwas rumort, wieder zeigt.

Komplexität und Kosten sind die größten Hemmnisse

Ein Problem, das viele deutsche Mittelständler betrifft, ist die scheinbare Komplexität des Themas. Denn die Angebote am Markt sind vielfältig und der Laie sieht meist den Wald vor lauter Bäumen nicht. „Bevor unsere Kunden zu uns kommen, fragen sie sich oft welches Werkzeug brauche ich, welches kann meine individuellen Anforderungen am besten abdecken, gibt es Alternativen beziehungsweise wie vergleicht man und nicht zuletzt, wer kann mir dabei helfen?“

Bei Digitalisierungs-Software für Unternehmen, gäbe es, wie auch in anderen Branchen, Platzhirsche, die zwar jeder kennt, aber nicht immer die richtige Lösung sein müssen. Wie also kann ein Unternehmen sicherstellen, die richtige Software und das richtige Werkzeug für sich und seine Organisation zu finden? „Unsere Kunden verlassen sich nicht mehr ausschließlich auf Verkaufsfolien der Anbieter“, so Truong. Man wolle heute live sehen oder erleben, was mit neuen potenziellen Instrumenten zu erwarten ist und wie diese auf die eigene Organisation maßgeschneidert werden könnte. Dabei werden auch die Mitarbeitenden, also die Endnutzenden, miteinbezogen. Ein weiterer Hemmschuh ist die finanzielle Belastung, denn die Kosten-Nutzen-Rechnung geht oft auf den ersten Blick nicht auf und Entscheidungsträger erkennen den Mehrwert nicht.

Was man als Führungskraft richtig machen kann

Trotz all den Zweifeln und Unsicherheiten ist laut Truong jetzt der richtige Zeitpunkt die eigene Digitalisierungsstrategie in Angriff zu nehmen: „2023 wird sich die Spreu vom Weizen trennen – Unternehmer die mutig sind und bestehende Strukturen aufbrechen, Pionierarbeit leisten, werden einen klaren Wettbewerbsvorteil haben“.

Dabei sei es wichtig, dass sich Führungskräfte mit der Materie aktiv auseinandersetzen, die technologischen Möglichkeiten kennen und vor allem die Anforderungen des eigenen Unternehmens und die Zusammenhänge verstehen. „Hier macht es für die meisten Unternehmen Sinn sich Hilfe ins Haus zu holen, denn ausschließlich nach KPIs zu arbeiten aber die Mitarbeitenden, die mit den digitalen Werkzeugen am Ende arbeiten sollen, nicht zu berücksichtigen, führt in der Regel direkt zu Inakzeptanz innerhalb der Organisation“, so Truong. Die Entscheider müssen die Veränderungen aktiv vorleben und mittragen ansonsten sei das Projekt Digitalisierung zum Scheitern verurteilt.

Jana Weithaler

CNT Management Consulting GmbH