Die Bedrohungen in der digitalen Welt nehmen konstant zu. Deshalb müssen Unternehmen ihre digitale Resilienz stärken, sich vor Cyberangriffen schützen und ihre Nachhaltigkeit verbessern. Eine Option, die bei der Umsetzung hilft ist Observability. Roman Spitzbart, VP Solutions Engineering EMEA bei Dynatrace, erläutert worauf es dabei ankommt.
Die Entwicklung der Cyberkriminalität hat digitale Resilienz stärker in die Diskussion gebracht und zu einem Trendthema gemacht. Denn der Geschäftsbetrieb von Unternehmen ist heute völlig von ihrer IT-Infrastruktur abhängig. Sie sollte deshalb möglichst stabil laufen und robust gegenüber Cyberangriffen sein.
Die Realität sieht so aus: Täglich gibt es rund 300.000 neue Schadprogrammvarianten und 78 bisher unbekannte Softwareschwachstellen, so der aktuelle BSI-Lagebericht. Ähnliches berichtet die Bitkom-Studie „Wirtschaftsschutz 2024“: In 81 Prozent der Unternehmen gab es Cyberangriffe, mit einem Gesamtschaden von mehr als 266 Milliarden Euro.
Was ist digitale Resilienz?
Nur wenn ein Unternehmen digitale Resilienz besitzt, kann es Cyberangriffen entgegentreten und technische Störungen schnell beheben. Außerdem ist es in der Lage, kurzfristig auf gesetzliche oder wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren. Kurz: Unternehmen mit digitaler Resilienz erkennen Probleme frühzeitig und bewältigen sie rasch.
Resilienz ist heute mehr als ein Trend, es ein wichtiges Merkmal für Unternehmen. Ausfälle verursachen neben finanziellen Schäden, auch einen Vertrauensverlust bei Kunden und Geschäftspartnern. Hinzu kommt eine Vielzahl von Regulierungen der EU-Kommission: Verordnungen wie Digital Services Act, AI-Act, Data Act und die Datenschutz-Grundverordnung legen die Latte für den sicheren und robusten Betrieb von IT-Infrastrukturen immer höher.
Deshalb sind Firmen geradezu gezwungen, verstärkt in IT-Sicherheitsmaßnahmen, Schulungen für Mitarbeiter und ein durchdachtes Krisenmanagement zu investieren. So handeln sie auch in schwierigen Situationen überlegt. Dabei spielen Cloud-Technologien, Automatisierung und Künstliche Intelligenz eine entscheidende Rolle. Digitale Resilienz ist ein Schutzschild gegen unvorhergesehene Risiken und stützt sich vor allem auf Observability (Beobachtbarkeit).
IT-Infrastruktur genau im Blick
Observability der IT-Infrastruktur in Echtzeit geht weit über das übliche Monitoring von IT-Systemen hinaus. In modernen, komplexen IT-Umgebungen sind verteilte Systeme, Microservices und Multicloud-Infrastrukturen üblich. Hier stößt die manuelle Auswertung von Protokollen und das Überprüfen einiger weniger Leistungswerte an Grenzen.
Observability geht weiter. Sie erfasst und analysiert alle verfügbaren Metriken, Logs und Traces in Echtzeit. Damit verschafft sie Unternehmen einen umfassenden Überblick über alle Systemkomponenten. Eine Observability-Plattform überprüft die ermittelten Daten in hoher Geschwindigkeit auf Anomalien und stellt automatisch Zusammenhänge her. So entsteht rasch Klarheit über die Ursache einer Störung.
Im Unterschied zu einfachen Monitoring-Tools hat eine Observability-Plattform drei Vorteile:
- Innerhalb der IT-Teams wächst das Verständnis für Abhängigkeiten in der Infrastruktur.
- Früherkennung macht auf Probleme aufmerksam, bevor ein ernsthafter Ausfall passiert.
- Die automatische Fehleranalyse verkürzt die Zeit zur Behebung erheblich – in Einzelfällen von Tagen auf Stunden.
Über Nachhaltigkeit nicht nur berichten, sondern handeln
IT-Infrastrukturen benötigen Energie und erzeugen damit CO2. Laut Schätzungen verursacht die IT-Branche bis zu vier Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen – etwa der Anteil der Luftfahrt. Mit der zunehmenden Verbreitung von Cloud Computing und KI steigt der Energiebedarf weiter an. Für Unternehmen ist das ein guter Anreiz, sich über die Energieeffizienz und damit Nachhaltigkeit ihrer IT Gedanken zu machen.
Unternehmen sollten auf erneuerbare Energien setzen, um den CO2-Fußabdruck ihrer IT-Systeme zu verringern. Das betrifft zwar auch Rechenzentren, aber nicht ausschließlich. Den größten Anteil an den CO2-Emissionen der IT hat die Herstellung der Hardware für die Endanwender, also mobile und stationäre Endgeräte oder Peripheriegeräte wie Drucker. Rechenzentren kommen erst auf Platz zwei, vor allem durch die zunehmende Nutzung von KI.
Das zeigt deutlich, dass die Nachhaltigkeit der Unternehmens-IT stark durch die Kaufentscheidungen von IT-Leitern beeinflusst wird. Ein zweiter großer Einflussfaktor ist die Server- und Anwendungslandschaft. Denn in vielen Rechenzentren laufen einzelne Hosts oder Container vorwiegend im Leerlauf – sie erhöhen die Stromaufnahme, bringen aber kein bisschen mehr an IT-Leistung. Diese IT-Vorratshaltung ist nicht sinnvoll, sondern belastet den IT-Etat und die Umwelt.
Observability als Nachhaltigkeitsmaßnahme
Die beste Maßnahme: ungenutzte Container, Instanzen oder Server konsequent abschalten. Doch überflüssige Ressourcen müssen erst identifiziert werden. Das ist ein hoher manueller Aufwand, der sich mit einer Observability-Plattform vermeiden lässt. Die damit gesammelten Daten geben einen genauen Einblick in die tatsächliche Leistung und decken Verschwendung auf.
Das Finden von Instanzen, die in der Größe angepasst oder stillgelegt werden müssen, ist ein erster Schritt. Der nächste Schritt ist Application Performance Management. Damit optimieren IT-Teams die Anwendungsleistung, sodass die erreichte Effizienz der Workloads letztlich auch den Energieverbrauch verringert. Für Unternehmen mit eigenen Entwicklerteams ist so dem das sogenannte „Green Coding“ sinnvoll – nachhaltig wirksame Grundregeln für die Anwendungsentwicklung.
Digitale Medien sind allerdings keine endgültigen Zustände, sondern fortlaufende Prozesse. Unternehmen müssen am Ball bleiben, um auf neue Entwicklungen in der Cybersecurity und neue Anforderungen an die Nachhaltigkeit reagieren zu können. Dafür müssen sie Observability-Plattformen nutzen und in ihre Entwicklungs- und Betriebsprozesse integrieren. Dann sind sie besser gerüstet, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
