Power10 ist nicht nur für bisherige Anwender von IBMs Power-Systemen die erste Wahl, sondern auch für SAP HANA- und Oracle-Anwender. Ralf Dannemann, Direktor Power Sales DACH bei der IBM, und Peter Kindiger, Sales System Engineer IBM bei Tech Data, erklären im Interview mit dem Midrange Magazin (MM), was die Server mit dem neuen Chip so besonders macht und welche fantastischen Einsatzmöglichkeiten sie bieten.

MM: Vor einigen Wochen hat IBM die Power10-Systeme angekündigt. Wie lautet das erste Feedback aus dem Markt?
Kindiger: Wir haben schon sehr viele Anfragen von Business-Partnern zum Thema Power10. Das gilt auch für die Scale-Out-Server, die im kommenden Jahr auf den Markt kommen werden. Bereits verfügbar ist das Power System E1080 mit zwei Nodes. Für Dezember erwarten wir die Variante mit vier Nodes, die auf maximal 240 Power10-Cores erweitert werden kann. Auch für dieses Modell gibt es bereits Interessenten.
Dannemann: Der Power Server E1080 ist das Flaggschiff der neuen Modellreihe. Das erste Exemplar in Europa wurde an einen Schweizer Kunden aus dem Finanzsektor verkauft, weitere Abschlüsse werden bald folgen. Für Kunden, die bereits mit unseren Systemen arbeiten, bietet Power10 eine signifikante Leistungssteigerung. Der neue Prozessor setzt Bestmarken in der Performance und Effizienz. Dadurch werden weniger Kerne für die Ausführung rechenintensiver Anwendungen benötigt, was nicht nur die Software-Anschaffungskosten verringert, sondern auch die wiederkehrenden Ausgaben für Programme, die pro Core lizenziert werden. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die gesamten Anschaffungs- (TCA) und Betriebskosten (TCO).

MM: Was ist aus Kundensicht das stärkste Argument für die neue Prozessorgeneration im Vergleich zu Power9?

Quelle: IBM

Ralf Dannemann,

Dannemann: Es gibt nicht das eine überragende Argument für den neuen Prozessor, sondern viele. Das Gesamtpaket macht den Unterschied. Power10 kann den CO2-Fussabdruck im Vergleich zu älteren Systemen um die Hälfte reduzieren und bietet gleichzeitig eine Skalierung der Rechenleistung um bis zu 100 Prozent. Der Power Server E1080 bietet bis zu 30 Prozent mehr Rechenleistung pro Kern und einen um mehr als 50 Prozent besseren Durchsatz auf Sockel- und Systemebene. Rechenzentren benötigen beim Einsatz eines Power10 Systems weniger Kerne und somit weniger Energie, um die gleiche oder eine höhere Rechenleistung als andere Plattformen zu erbringen. So können Unternehmen ein Drittel der Energie sparen, die typischerweise zur Unterstützung ihrer geschäftskritischen Umgebung benötigt wird. Dies führt zu Konsolidierungsmöglichkeiten, die bisher undenkbar schienen. Natürlich wurde der Power10-Prozessor auch im Hinblick auf die fortschreitende Cloudifizierung entwickelt. Die Unterstützung von Cloud- und Hybrid-Cloud-Umsetzungen ist extrem gut. Neben Single-Chip-Modulen werden wir auch Dual-Chip-Module anbieten, mit denen die Anzahl der Kerne pro Sockel verdoppelt werden kann. Zusätzlich bieten die neuen Power Systeme ein Open Memory Interface als flexible Lösung für den Einsatz aktueller und künftiger Speichertechnologien.

MM: Angesichts der stark zunehmenden Zahl von Ransomware- und anderen Cyber-Angriffen rückt die Datensicherheit bei allen Unternehmen in den Fokus. Welche Innovationen bieten die neuen Power Systeme in diesem Bereich?
Dannemann: Die Power10 Architektur unterstützt Technologien wie die quantensichere und vollständig homomorphe Kryptografie. Quantensichere Verschlüsselung bezieht sich auf die Identifizierung von Algorithmen, die sowohl gegen Angriffe von klassischen als auch von Quantencomputern resistent sind. Mit Hilfe homomorpher Kryptographie lassen sich Berechnungen auf verschiedene Systeme verteilen, die einander nicht vertrauen. Diese Technologie wird künftig beim Cloud-Computing eine wichtige Rolle spielen, weil sie einen massiven Gewinn beim Datenschutz verspricht. Die Daten werden verschlüsselt in der Cloud abgelegt, wo sie ohne Entschlüsselung durchsucht und verarbeitet werden können. Das Ergebnis dieser Aktivitäten wird wiederum verschlüsselt zurückgesendet. Dadurch kennt der Cloud-Anbieter weder die Daten noch die Ergebnisse.

MM: Wie steht es generell um das Thema Datenschutz?
Dannemann: Um schon heute Unternehmensdaten zu schützen, bietet Power10 eine transparente Speicherverschlüsselung – ohne Beeinträchtigung der Service-Level-Agreements (SLAs). Power10-Systeme schützen sensible Daten, indem sie die neuesten durchgängigen Verschlüsselungsfunktionen in hybriden Cloud-Implementierungen nutzen. Der Power10-Prozessor führt eine vollständige Speicherverschlüsselung aus. Diese transparente Verschlüsselung der Daten im Hauptspeicher während der Verarbeitung wurde entwickelt, um die Ende-zu-Ende-Sicherheit zu unterstützen. Die Systemleistung wird dabei nicht beeinträchtigt. Zusätzlich profitieren Workloads auf Power10 von der Beschleunigung kryptografischer Algorithmen durch eine Vervierfachung der kryptografischen Engines pro Core im Vergleich zur Power9. Vergleicht man die Cores, laufen Algorithmen wie AES, SHA2 und SHA3 damit auf Power10 deutlich schneller als auf Power9-basierten Systemen. Durch diese Leistungsbeschleunigung können Funktionen wie AIX Logical Volume Encryption mit sehr geringen Leistungsverlusten aktiviert werden.

MM: Mancher IT-Entscheider glaubt, IBM Power Systeme seien nur für Unternehmen interessant, die bereits im Power-Universum zuhause sind. Welche Argumente sprechen aus Kundensicht für einen Umstieg von Intels x86-Plattform auf einen Power10-Server?
Dannemann: Die Meinung, dass neue PowerSystem-Hardware nur für bestehende Kunden relevant sein soll, hören wir immer wieder. Die Realität sieht aber völlig anders aus, wenn man die aktuellen Entwicklungen betrachtet. Vor kurzem hat der PowerServer E1080 im zweistufigen SAP SD-Benchmark einen neuen Weltrekord aufgestellt. Die Performance des Power10-Prozessors liegt deutlich über der Konkurrenz – selbst dann, wenn diese für ihren Benchmark mehr als die 3,5-fache Anzahl an Kernen und nicht-virtualisierte Systeme einsetzt. Mit fast einer Million SAPS übertrifft das IBM 8-Sockel-System mit 120 Kernen sogar das beste 16-Sockel-Ergebnis von HPE und Google Cloud. Bei großen SAP HANA-Datenbanken kommen die Stärken der Power-Plattform voll zum Tragen. Seit der Einführung von HANA auf IBM-Power haben wir bereits mehrere tausend Neukunden weltweit von unseren Produkten überzeugen können. Dieser Trend wird sich mit Power10 fortsetzen. Wir brauchen aber noch mehr Ansätze, um am Markt gegen die x86-Server erfolgreich zu sein. Ein Beispiel sind Oracle-Datenbanken. Hier bietet Power10 wesentlich bessere Eckdaten: Im Vergleich zu einem Intel-basierten System kann der Kunde massiv Lizenz- und Stromkosten sparen. Außerdem sinkt der Flächenbedarf im Rechenzentrum: Dank ihrer extremen Leistung können drei Power-Server mehrere hundert x86-Server ersetzen.

MM: Haben Sie zum Thema Oracle ein konkretes Beispiel?
Dannemann: Gerne. Nehmen wir einen Kunden, der seine Workloads mit 126 x86-basierten Servern bewältigt – in unserem Fall Oracle Database, einschließlich Oracle Exadata und Oracle Database Appliances. Konsolidiert der Kunde die Oracle-Workloads auf IBM Power, genügen zwei E1080-Server. Dadurch sinkt der Energiebedarf von 102 auf etwa 20 kW – also um den Faktor fünf! Statt 891 sind nur noch 263 Datenbanklizenzen erforderlich. Bei einem angenommenen Listenpreis von rund 50 000 Euro pro Lizenz bringt der Umstieg von x86 auf Power also dramatische Einsparungen.

MM: SAP hat Anfang 2021 das Full-Service-Angebot „Rise with SAP“ angekündigt. Als Basis dient SAP S/4HANA in der Cloud. Welche Mehrwerte bietet IBM Power für dieses Subskriptionsangebot?
Dannemann: Mit IBM Power erreicht die Verfügbarkeit von SAP-Applikationen in der SAP Cloud eine neue Qualitätsstufe. Die einzigartige Architektur unserer Power-Systeme führt zu einer sehr hohen Ausfallsicherheit und einer SAP Performance, die bisher nur für On-Premise-Implementierungen realisierbar war. Durch „RISE with SAP“-Integration erhalten anspruchsvolle Kunden ein in Deutschland gehostetes As-a-Service-Angebot mit besonders attraktivem Preis-Leistungs-Verhältnis.

MM: Genügen das Trade-In bisheriger Power Nutzer und SAP HANA, um die Kundenbasis für IBM Power zu erweitern? Welche weiteren Branchen, Unternehmen und Einsatzgebiete können angesprochen werden?
Dannemann: IBMs Power-Systeme sind für die meisten Unternehmen attraktiv – von der Industrie über die Finanzbranche und das Healthcare-Segment bis zum Handel. Die neue Prozessor-Generation ist besonders auf Kunden zugeschnitten, die sich mit der Modernisierung und Containerisierung unternehmenskritischer Anwendungen befassen. Darüber hinaus versuchen wir, weitere Key-Player aus dem Softwarebereich für die Power Plattform zu gewinnen, damit wir uns breiter aufstellen können.
Kindiger: Wir haben schon mehr als 500 unabhängige Softwareanbieter (ISVs), die ihre Produkte explizit für die Plattform mitentwickeln und uns mit innovativen Lösungen ein solides Wachstum versprechen.

MM: Sind die neuen Power Systeme auch für AIX- und IBM i-Nutzer attraktiv?
Dannemann: Für IBM i-Anwender eröffnen die neuen Server vielfältige Möglichkeiten – etwa bei der Gestaltung hybrider Cloud-Umgebungen. Die Kunden können klassische On-Premise-Standalone-Server erwerben, auf denen nur IBM i läuft, IBM i zusammen mit AIX oder Linux betreiben und Red Hat OpenShift für containerisierte Software ausführen. Für Power Systeme werden immer mehr Red Hat-Produkte verfügbar, die einen umfassenden Cloud-native DevOps- Einsatz ermöglichen. So unterstützen Red Hat Runtimes und Red Hat Advanced Cluster Management mehrere OpenShift-Cluster in lokalen und öffentlichen Clouds. Seit Anfang 2020 haben mehr als 200 Power Kunden die Vorteile der agilen DevOps-Umgebung der Container-Plattform genutzt, um Cloud-native Anwendungen zu entwickeln. Unternehmen können personalisierte Angebote schaffen, indem sie digitale Front-End-Apps bereitstellen und diese im Back-End mit AIX- und IBM i-Geschäftsanwendungen sowie -Datenbanken verknüpfen. Das alles lässt sich auf dem Power-System mit Red Hat Ansible automatisieren oder über den IBM Power Virtual Server der IBM Power Cloud abwickeln – zusammen mit mehr als 200 weiteren Cloud-Services.

MM: Welche Innovationen bietet Power10 für KI-Anwendungen?
Dannemann: IBM hat vielfältige KI-Funktionalitäten in den Power10-Chip integriert, mit denen sich KI-Verfahren wie Deep Learning und Inferencing unmittelbar in die Kerngeschäftsanwendungen einbinden und in jeder Betriebsumgebung sicher ausführen lassen – sei es Linux, AIX oder IBM i. Dank der Nutzung von Data Gravity können KI-Verfahren während eines Datenbankprozesses oder parallel zu einer Applikation eingesetzt werden. Zudem machen vier Matrix Math Assist-(MMA)-Einheiten in jedem Core externe GPU-Beschleuniger und das damit verbundene Gerätemanagement überflüssig. Dies reduziert die Kosten und ermöglicht einen stark vereinfachten Lösungs-Stack für KI-Tools und -Frameworks. ONNX-Modelle können von x86- oder anderen Plattformen für den Einsatz auf IBM Power übernommen werden. Dies gibt Kunden die Möglichkeit, KI-Lösungen auf Commodity-Hardware zu bauen und auf Enterprise-Servern einzusetzen. Power10 setzt also auch im KI-Bereich neue Standards.

Quelle: Tech Data

Peter Kindiger

MM: Welche Aktivitäten plant Tech Data als IBM Power Distributor zur Einführung der Power10-Plattform?
Kindiger: Red Hat OpenShift und containerisierte Anwendungen sind vielversprechende Einsatzgebiete für alle Power Systeme. Tech Data ist in Deutschland der einzige Distributor, der IBM und Red Hat im Lösungsportfolio hat. Gemeinsam investieren wir mit der Tech Data Academy in die Ausbildung unserer Businesspartner. Das Feedback auf die OpenShift on Power-Schulungen ist hervorragend. Darüber hinaus bauen wir ein Netzwerk zu SAP-Häusern auf, um unsere Partner, die IBM Power vermarkten, mit diesen zusammenzubringen. Grundsätzlich unterstützen wir unsere Partner nicht nur beim Sizing und Konfigurieren der Power Systeme, sondern versorgen sie auch mit attraktiven Marketingmaterialien. Dazu gehört auch ein informatives Playbook zum Thema SAP HANA on IBM Power, das Tech Data Businesspartner mit ihrem Branding zur Kundenansprache einsetzen können. (rhh)

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