IBM hat für seine Power10-Prozessortechnologie neue Einstiegs- und Mittelklasse-Server vorgestellt. Im Experteninterview mit Midrange Mail (MM) stellt Ralf Dannemann, Principal Power Sales DACH, IBM Technology die technischen Highlights und die neuen Modelle vor, erläutert die Bedeutung von Power10 für IT-Security sowie die Künstliche Intelligenz (KI) und wagt einen Blick auf die nächsten IBM-Prozessor-Generationen.

Quelle: IBM

Ralf Dannemann, Principal Power Sales DACH, IBM Technology.

MM: Vor einigen Wochen hat IBM die Power10 Scale Out- und Midrange-Systeme angekündigt. Die Erfolgsstory der Power-Plattform geht also weiter. Wie sieht das erste Markt-Feedback aus?
Dannemann: Schon vor der offiziellen Ankündigung haben wir ein großes Interesse innerhalb der Power-Kundschaft feststellen können. Zusätzlich hatten wir die Möglichkeit, vorab ausgewählten Kunden Power10-Angebote zu unterbreiten. Ende des zweiten Quartals konnten wir die ersten Maschinen ausliefern. Mit dem Ende der Urlaubszeit verzeichnen wir nun eine steigende Nachfrage nach den P10-Systemen.

MM: Was ist bei der neuen Plattform der „Wow-Effekt“, und wo liegen die größten Vorteile gegenüber Power9?
Dannemann: Es gibt nicht den EINEN Wow-Effekt – das Gesamtpaket macht die P10-Technologie so interessant im Vergleich zu Power9 und x86. Kunden, die bereits mit IBM Power-Systemen arbeiten, bietet Power10 eine signifikante Leistungsverbesserung. Der Leistungssprung pro Core sorgt dafür, dass weniger Kerne für die Ausführung von Anwendungen wie Oracle Database benötigt werden. Dadurch verringern sich die Kosten für die Software und die Wartung, da nach Cores lizenziert wird. Die positiven Auswirkungen auf die gesamten Anschaffungs- und (TCA) Betriebskosten (TCO) sind beträchtlich.

Power10 – das Gesamtpaket macht den Unterschied

Die neuen P10-Systeme bieten noch einen weiteren Vorteil, der mindestens ebenso wichtig ist. Die Unternehmen können ihre Anwendungen und IT-Infrastruktur in einer hybriden Cloud-Architektur modernisieren, um die Agilität zu erreichen, die für die ständig zunehmenden Anforderungen benötigt wird. Dazu kommen die Speicherverschlüsselung auf Prozessorebene für die Zero Trust-Sicherheit und ein KI-Inferencing im P10-Kern, ohne dass spezielle Hardware wie etwa GPUs erworben werden muss.

MM: Wo sehen Sie die technischen Highlights der neuen Scale-Out- und Midrange-Modelle, und welche Betriebsumgebungen werden unterstützt?
Dannemann: Nach meiner Einschätzung ist das Highlight die neue DIMM- respektive Memory-Technologie. IBM hat den Wechsel vom Industriestandard DIMMs zu Differential DIMMs vollzogen. Wir sehen immer häufiger große In-Memory-Konfigurationen bei SAP HANA- oder Oracle-Installationen, bei denen die Zuverlässigkeit des Speichers einen signifikant positiven Einfluss auf die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems hat.

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Das Power10 Einstiegsmodell S1022 mit bis zu 16 Cores und 2 TByte Memory

Im Vergleich zu Standard-DIMMs erhöhen wir das RAS des Memory-Subsystems um den Faktor 2 bei einer Bandbreite, die 2,4-fach höher liegt als bei x86-basierten Servern. Die DDR4-DIMMs liefern eine Datenübertragung von bis 3200 MBit/s und eine Bandbreite von 409 GByte/s pro Sockel. Als Sahnehäubchen verfügen die kürzlich vorgestellten Server über ein neues Open Memory Interface (OMI). Es ermöglicht noch höhere Bandbreiten als die genannten und bietet zudem mehr Flexibilität für künftige Memory-Technologien wie DDR5.

MM: Welche Hauptunterschiede bestehen zwischen den verschiedenen Modellreihen?
Dannemann: Wir unterscheiden zwischen den Einstiegsmodellen (S1014 und S1022) und den Skalierungssystemen (S&L1022 und S&L1024). Die Entry-Server sind mit bis zu 16 Cores und 2 TByte Memory bei vollständiger statischer Aktivierung verfügbar. Die Skalierungssysteme bieten bis zu 48 Cores und 8 TByte Hauptspeicher sowie die Möglichkeit des dynamischen Kapazitätsverbrauchs mittels Capacity Upgrade on Demand (CUoD). Dazu kommt der aus den Enterprise-Servern bekannte PEP 2.0. Alle P10-Modelle bieten eine deutlich höhere Systemleistung als ihre Vorgängermodelle.

Power10 – Höhere Systemleistungen und Benchmark-Rekorde

Quelle: IBM

Power10 Mittelklasse-Modell E1050 bietet eine hohe Core-Dichte pro Socket.

MM: Das neue Midrange-Modell E1080 hat bereits einige Benchmark-Rekorde aufgestellt, beispielsweise in Verbindung mit SAP HANA. Warum schneiden Power-basierte Server mit SAP und OpenShift so gut ab?
Dannemann: Die P10-Prozessoren sind sehr leistungsfähig, wie der Enterprise-Server E1080 mit seinem SAP Tier 2 Benchmark-Weltrekord bewiesen hat. Dabei spielt die hohe Core-Dichte pro Socket eine bedeutsame Rolle. Das Dual Chip-Modul, das in der E1080 zum Einsatz kommt, kombiniert zwei Power10-Prozessoren in einem Paket. Bei den Memory-DIMMs der E1080 kommen Differential DIMMs auf Basis der DDR4-Technologie zum Einsatz. Die sehr hohe Bandbreite und Zuverlässigkeit dieser DIMMs ergeben im Zusammenspiel mit den neuen Prozessoren einen leistungsstarken Business-Server mit überragender Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit.

MM: Warum sind zahlreiche IBM Power-Nutzer auf das neue Einstiegsmodell S1014 gespannt?
Dannemann: Der Hauptgrund ist sicherlich das attraktive Preis-Leistungs-Verhältnis: Nur das Modell S1014 in der 4-Core-Variante ist mit unserer niedrigsten Prozessorgruppen-Einstufung P05 zu haben. Diese Einstufung definiert die Höhe der IBM-Lizenzkosten. Ein weiteres starkes Argument ist die Leistung der 4-Core-S1022, die wir gegenüber dem Power9-Vorgängersystem S922 von 60.000 auf 100.000 CPW erhöht haben. Flankiert wird das Ganze vom internen NVMe-basierten Storage.

Sicherheit und Zuverlässigkeit gehört zur DNA der IBM Power Systeme

MM: Bisher kommt die Power Plattform vor allem in hybriden Cloud-Umgebungen zum Einsatz, darüber hinaus verstärkt bei Workloads rund um Künstliche Intelligenz, Containerisierung, Red Hat OpenShift und SAP HANA. Alle diese Einsatzbereiche sind rechen- und energieintensiv. Welche Vorteile bieten die neuen SCO- und MR-Server für Unternehmen, die noch keine Power-Server einsetzen?
Dannemann: Die Bedeutung von verantwortungsvollem Computing und effizienter Skalierung hat sich dramatisch verändert. Analysten schätzen, dass Rechenzentren global zwischen einem und zwei Prozent des gesamten Stromverbrauchs verursachen. Dadurch entsteht ein großer Einfluss auf den weltweiten CO2-Ausstoß. Mit der Einführung der P10-Systeme treiben wir die Nachhaltigkeit weiter voran, die IBM Power schon immer ausgezeichnet hat. Schon die Vorgänger boten wesentlich effizientere, wirtschaftlichere und umweltfreundlichere Lösungen als x86-basierte Systeme. Mit dem Einsatz weniger Power10-Server konnten wir bei Kunden mehr als hundert x86 Oracle DB-Server konsolidieren. Dadurch ist der Energieverbrauch und CO2-Ausstoß auf 20 Prozent des ursprünglichen Wertes gesunken. Außerdem hat sich die IBM zum Ziel gesetzt, die Power Systeme bis 2030 von der Produktion bis zur Auslieferung beim Endkunden C02-neutral zu machen.

MM: Die IBM Security- und Storage-Lösungen rücken durch Cyber Resiliency und IBM Cyber Vault enger zusammen. Wo steht die IBM Power Brand, wenn es um das Thema IT-Sicherheit geht?
Dannemann: Sicherheit und Zuverlässigkeit liegen in der DNA von IBM Power Systems. Seit mehr als einem Jahrzehnt sind wir als Branchenführer bei der Ausfallsicherheit von Servern anerkannt. De neuen P10 Scale-Out Server verfügen über die Security-Funktionalitäten, die wir mit den Enterprise-Servern eingeführt haben. Um Unternehmensdaten zu schützen, bietet Power10 eine transparente Speicherverschlüsselung – ohne Beeinträchtigung der Service-Level-Agreements (SLAs). In hybriden Cloud-Umgebungen werden die neuesten durchgängigen Verschlüsselungsfunktionen genutzt. Die Datenverschlüsselung im Hauptspeicher bietet Ende-zu-Ende-Sicherheit, ohne Beeinträchtigung der Systemleistung. Zusätzlich profitieren Workloads auf Power10 von der Beschleunigung kryptografischer Algorithmen: Im Vergleich zu Power9 wurden die kryptografischen Engines pro Core vervierfacht. Auch für das Quantenzeitalter sind die Power10-Systeme schon gerüstet. Sie unterstützen bereits Technologien wie die quantensichere Kryptografie und die vollständig homomorphe Verschlüsselung. Die quantensichere Kryptografie bezieht sich auf das Identifizieren von Algorithmen, die gegen Angriffe von klassischen und Quantencomputern resistent sind. Die homomorphe Verschlüsselung ermöglicht es Systemen, Berechnungen auf verschlüsselten Daten durchzuführen, ohne diese vorab zu entschlüsseln.

MM: Mit den neuen Power- Systemen können sensible Workloads, die traditionell lokal ausgeführt werden müssten, in die Cloud ausgelagert werden. Was steckt dahinter?
Dannemann: Vorausschauend agierende Unternehmen verlagern ihre geschäftskritischen Anwendungen in moderne Rechenzentren, die Teil einer hybriden Cloud-Architektur sind. So fördern sie die digitale Agilität und erfüllen gleichzeitig alle Anforderungen an die Sicherheit. Workloads in die Cloud zu verlagern, ist eine sinnvolle Strategie, die nicht immer ganz leicht umsetzbar ist. Nehmen wir mal das neue IBM i Entwicklungstool Merlin, das einen OpenShift Cluster voraussetzt. Der Einsatz in der Cloud erspart die Anschaffung neuer Server on-premise, und die OpenShift Cluster-Installation entfällt. Erfolgt dann noch das Deployment der Merlin Container durch einen Service-Provider, können sich Programmierer komplett auf die Anwendungssoftware konzentrieren. Wo der Code letztendlich gespeichert und getestet wird, kann individuell festgelegt werden: Die Cloud ist hier nur eine mögliche Option. Andererseits ergeben sich bei sehr hohen HA-Anforderungen manchmal Konstellationen bei der Anwendungsarchitektur, die mit on-prem Servern einfacher zu realisieren sind. IBM empfiehlt immer ein Hybrid Cloud-Konzept, das on-prem Server einschließt. Zudem werden die Power10 Server sicherlich bald in PowerVS verfügbar sein, sodass alle Vorteile der Technologie auch in der Cloud genutzt werden können.

MM: Künstliche Intelligenz hält zunehmend bei neuen Anwendungen in mittelständischen Unternehmen Einzug. Welche Innovationen bietet der neue Prozessor in diesem Bereich?
Dannemann: Unsere Kunden wollen zunehmend maschinelle Lernverfahren in ihre Produktionssysteme integrieren. Die Power10-Architektur unterstützt diesen Schritt. Wir haben KI-Funktionen integriert, um entsprechende Applikationen direkt an der Datenquelle auszuführen – etwa zur Einbindung von Kerngeschäftsanwendungen und Unternehmensdatenbanken. Mit vier neuen Matrix Math Assist (MMA)-Einheiten in jeden P10-Core bieten die neuen Prozessoren eine Alternative zu externen Beschleunigern wie GPUs und dem damit verbundenen Gerätemanagement für die Ausführung von Machine Learning- und Inferencing (Scoring)-Workloads. Dies reduziert die Kosten und führt zu einem massiv vereinfachten KI-Lösungs-Stack. KI-Tools und -Frameworks laufen auf der Power10-Plattform ohne jegliche Änderung. Dadurch können sie von den Enterprise-Qualitäten der Power-Systeme wie Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Sicherheit profitieren und einen Leistungsschub erfahren. Mit der Nutzung von Data Gravity können KI-Lösungen beispielsweise während eines Datenbankvorgangs oder parallel zu einer Anwendung ausgeführt werden. Dies ist für zeitkritische Anwendungsfälle entscheidend und verbessert die Qualität und Geschwindigkeit der Ergebnisse.

MM: Nach Power10 kommt Power11, dann Power12 … Können Sie uns einige Insights aus der Roadmap für die Zukunft verraten?
Dannemann: Wir freuen uns, dass wir nun das komplette Server-Spektrum auf der P10-Architektur verfügbar haben. Lassen Sie uns die neuen Möglichkeiten dieser tollen Architektur voll ausschöpfen! In den nächsten Jahren werden weitere Funktionalitäten hinzukommen, die von der Power10-Architektur bereits unterstützt werden. Selbstverständlich arbeitet IBM schon an der Power11-Prozessorgeneration, die wahrscheinlich in drei bis vier Jahren auf den Markt kommen wird. Und einige Kollegen machen sich bereits Gedanken zu Power12. Geht man von den bisherigen Ankündigungszyklen aus, haben wir eine verlässliche Power-Roadmap über die Mitte des kommenden Jahrzehnts hinaus. Flankiert wird das Ganze durch die Weiterentwicklung der IBM-eigenen Betriebssysteme i und AIX sowie RedHat- und SuSe-Linux. Deren Neuerungen wollen wir immer zeitgleich für x86- und Power-Architekturen ankündigen und verfügbar machen. (rhh)

IBM

Techdata

So unterstützt Tech Data beim Thema „Power10“:

Ein großer Support-Schwerpunkt liegt in der Beratung. So können sich Business Partner auf eine umfangreiche Konfigurationsunterstützung durch Power Storage- und Netzwerk-Spezialisten verlassen. Partner profitieren zudem von unserem einzigartigen Know-how im IBM i-Lizenztransfer inklusive der Administration der Lizenzen im Entitled Systems Support.

Quelle: Tech Data

Peter Kindiger, System Engineer bei der Tech Data GmbH & Co. OHG

Auch (TSS) Wartungsangebote gehören zu unserem Aufgabengebiet. Diese umfassen nicht nur IBM Hardware und Software, sondern auch Multi-Vendor-Support zum Beispiel für Oracle, Cisco und andere Hersteller.

Die Tech Data Academy legt einen inhaltlichen Schwerpunkt auf IBM Produkte. Somit bieten wir verschiedene Schulungen zum Beispiel für IBM i V7R5, AIX, Red Hat, BRMS, Security, OpenShift und PowerSC etc. an. Und nicht zuletzt können sich Business Partner in sogenannten Power Badge Trainings für Power Storage weiter qualifizieren. Dies signalisiert Kompetenz und Know-how im Power-Umfeld und hilft den Partnern enorm im Verkauf und der weiteren Kunden-Zusammenarbeit. Peter Kindiger (Kontakt via peter.kindiger@techdata.com)