Supply Chain Management gilt als eine klassische Disziplin der Logistik. Waren- und Informationsflüsse in komplexen Liefernetzwerken sollen gestaltet, gesteuert und optimiert werden. Dabei geht es längst nicht mehr nur um die physische Logistik – mit den Fortschritten in der Informationstechnik richtete sich das Augenmerk verstärkt auf das Management von Daten und Informationen entlang der Lieferketten.
Planung, Disposition, Abrufe… kaum ein Aufgabenbereich blieb von der Digitalisierung ausgespart. Mit einer Ausnahme: dem Finanzbereich. Nun taucht unter dem Label IBAF – IoT-Based Automated Finance – ein Lösungspaket auf, das hier das Heben von Potenzialen verspricht. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, die Optimierung der Supply Chains in Unternehmen habe alle wichtigen Prozesse erfasst.
Doch gibt es tatsächlich noch Prozesse, die trotz hoher Komplexität ein hohes Maß an manueller Arbeit erfordern, fehleranfällig sind, zu Intransparenz neigen und deshalb in Summe wirken, als seien sie aus der digitalen Zeit gefallen. Das muss umso mehr verwundern, als es bei diesen Prozessen um das wohl wichtigste Gut des Wirtschaftslebens geht. Um Geld.
Tatsächlich weist die (durchaus wörtlich zu verstehende) Handhabung bzw. Abwicklung des Zahlungsverkehrs geradezu archaisch anmutende Verrichtungen auf. Die Folgen sind bekannt: Zeitlich und systemisch nicht verbundene Warenströme und Finanzabläufe erzeugen hohen manuellen Aufwand und signifikante Fehlerraten. Fehlerhafte Buchungen der Liefermengen, Zahlungsverzüge oder Überzahlung sind fast schon an der Tagesordnung.
Ein untragbarer Zustand mit Folgen für Lieferperformance, Kundenbewertung und damit in letzter Konsequenz für die Wettbewerbsfähigkeit. Um von den Kosten nicht zu reden… Wer auf die Automatisierung des Zahlungsverkehrs in der Supply Chain setzt, hält sich die Chance offen, regelmäßig Skonti zu ziehen. Mit direkter Wirkung auf die Rendite.
Der systemische Ansatz des IBAF beruht darauf, dass die so genannte Financial Supply Chain gleichrangig neben die Physical Supply Chain tritt. Hier wie dort setzt man künftig auf modernste Technologien statt auf Handarbeit. Auf informationstechnischer Seite kommen Lösungen zum Einsatz, die sich im Internet of Things (IoT) bewährt haben, beispielsweise Trackingsysteme, die in Echtzeit ein zutreffendes Bild der Prozesszustände liefern. Mit anderen Worten: Transparenz schaffen.
Wenn es um Finanzen geht, ist das Sicherheitsbedürfnis der Unternehmen ganz besonders groß. Auch dieser Tatsache trägt der IBAF-Ansatz Rechnung: Die Distributed Ledger Technology (DLT) Blockchain gewährt die nötige Sicherheit, um physische Lieferketten automatisch mit den zugehörigen finanziellen Abwicklungen verbinden zu können. Transparenz ist in der Form gewährleistet, als die tatsächlichen Warenbewegungen sichtbar, die Lieferbestätigungen, Rechnungen und Zahlungen eindeutig und fehlerfrei zugeordnet sind.
Sicherheit und Effizienz werden außerdem unterstützt durch fälschungssichere digitale Lieferverträge (SMARTcontracts), die mit eindeutigen digitalen IoT-Ereignissen verknüpft sind. Darunter fallen beispielsweise die unterschiedlichen Belieferungsformen wie Anlieferung im Werk, in ein Lager oder auch direkt ans Band.
Das System stellt sicher, dass die jeweils zugehörige Finanztransaktion automatisiert ausgelöst und im Warenwirtschaftssystem korrekt verbucht wird. Softwaretechnisch ist das keine „Rocket Science“, muss aber systemisch konsequent durchdacht und über Blockchain-Technologie geschützt werden.
IoT-Based Automated Finance ist, wie gesagt, eine digitale Innovation und noch kein voll ausgereiftes Konzept. Zur Reife gelangen solche Konzepte in einem iterativen, agilen Prozess. Hanselmann & Compagnie hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Prozess gemeinsam mit seinem IoT-Partner, der Deutschen Telekom AG, voranzutreiben. Das Ziel ist, das System entlang der Anforderungen aus konkreten Anwendungen oder Use Cases so zu entwickeln, dass die bisher unerkannten Potenziale des Supply Chain Managements erschlossen und gehoben werden. Diesem Zweck dienen kostenlose Anwender-Workshops, die direkt gebucht werden können.
Bernhard S. Braun