Das Revival der IBM i ist keine hohle Phrase – zu diesem Ergebnis kommt Josef Grünbichler, Geschäftsführer der Toolmaker Advanced Efficiency GmbH, bereits im ersten Teil des Interviews mit dem Midrange Magazin (MM). Allerdings gelte es dabei, die passenden Modernisierungskonzepte in Stellung zu bringen.
MM: Bei den Modernisierungskonzepten auf der IBM i gibt es verschiedene Ansätze. Wie grenzen Sie die voneinander ab?
Grünbichler: Windows- und Java-Anwendungen, die auf die IBM i-Datenbank zugreifen, kann man nicht als IBM i-Anwendungen bezeichnen – und schon gar nicht als native IBM i-Anwendungen. Windows-Programme, die in erster Linie die Oberfläche einer bestehenden 5250-Anwendungen modernisieren, sind meines Erachtens auch keine eigenständigen Anwendungen, sondern basieren in der Regel auf bestehendem RPG-Code, der ja die eigentliche Anwendung darstellt. Diese Methode geht zwar zunächst flott und schmeichelt den Augen, aber unten drunter bleiben die alten RPG-Anwendungen wie gehabt monolithisch und schlecht wartbar. Obendrein braucht es einen neuen Windows-Server mit entsprechenden Lizenzen und neue Software-Entwickler, die C#, PHP oder vergleichbare Sprachen beherrschen? Damit sind wir wieder am Anfang.
MM: Und wie sieht es bei den Browser-Anwendungen aus?
Grünbichler: Die mit den RPG Web Exstensions erweiterten RPG-Anwendungen werden zentral auf einer IBM i-Partition installiert. Auf den Clients der Benutzer wird nichts installiert, denn jeder moderne Client hat einen Browser. Und weil die Erweiterbarkeit, Skalierbarkeit und Funktionalität dieser Apps durch eine IBM i besser zu Geltung kommt als auf anderen Systemen, sehe ich in der Zukunft viel mehr Anwender, die keine eigene IBM i-Hardware mehr benötigen.
MM: Ist die Zukunft mit IBM i somit eine Zukunft ohne „eigene“ Hardware?
Grünbichler: Eine Partition in einem Rechenzentrum reicht. Tägliches Operating war bisher selten ein Thema – dank Zero Administration. Um den Betrieb der Maschine und die Sicherung der Daten kümmert sich das Rechenzentrum. Genauso könnte eine IBM i-Anwendung auch in einer anonymen Cloud angeboten werden. Dieses Cloud-Potential wird von IBM ab 2019 viel stärker genutzt werden, denn im Cloud-Bereich sehe ich – genau wie IBM – eine große Zukunft für die IBM i-Systeme. Leider haftet der IBM i-Welt der Ruf an, dass die Plattform bereits tot sei, und nur noch am Leben erhalten wird, um die alten Anwendungen zu stützen. Das ist nur in einigen Fällen zutreffend, aber viele Unternehmen haben sich strategisch und langfristig auf IBM i eingerichtet.
MM: Zurück zu den Business Apps – wer soll diese neuartigen Programme entwickeln?
Grünbichler: Hier sehe ich Chancen sowohl für große Softwarehäuser, die Komplettlösungen in der Cloud oder on-premise anbieten als auch für Freelance-Softwareentwickler und kleinere Softwareanbieter. Entscheidend ist, dass sie an die Zukunft der IBM i glauben und auf diesen Zug aufsteigen. Es braucht dazu Visionäre, die unsere Zukunft gestalten wollen. Zauderer, Schwarzseher oder gar Leistungsunlustige werden es nicht tun und lieber den vermeintlich sicheren Weg gehen, den viele gehen.
MM: Wie sieht der Start in diese App-Nutzung aus?
Grünbichler: Bei den modernen Business-Apps kann man klein anfangen und beispielsweise Apps für einen Benutzer im Bereich von beispielsweise 80 Euro bis 800 Euro anbieten. Bei diesem Preis lassen sich schnell höhere Nutzerzahlen erreichen. Zumal kleinere Unternehmen eher gewillt seien, in kleinere und günstigere Anwendungen zu investieren. Auch günstige SaaS- bzw. Mietmodelle sind hier gefragt. Anwendungspakete mit 5- und 6-stelligen Preisen, bei denen umgerechnet für einen einzelnen Benutzer oder Arbeitsplatz mehr 5.000 und mehr Euro zu bezahlen sind, haben künftig immer weniger Chancen am Markt. Aber bedenken Sie: Die geringeren Pro-User-Erlöse können sich sehr positiv entwickeln, denn der niedrige Nutzerpreis ist mit einer höheren Kundenzahl zu multiplizieren.
MM: Gibt es solche Browser-Apps schon zu kaufen – und wer entwickelt diese?
Grünbichler: Momentan gibt es nicht viele Business Apps, aber wir haben welche in allen drei Kategorien. Dazu gehören ein komplettes Warenwirtschaftssystem, eine Personalwirtschaft, ein paar Add-on-Apps zu bestehenden 5250-Anwendungen und einige Tools in App-Form. Ich bin mit weiteren Entwicklern im Gespräch, damit dieser Sektor flott vorangetrieben wird. Weitere Apps werden in Zukunft ein spannendes Thema und ein enormes Potenzial für IBM i in der Cloud darstellen. Und ob diese dann auf einem eigenen oder einem gehosteten System laufen, und ob diese Anwendungen gar international gehostet werden, ist technisch gesehen vollkommen irrelevant. (rhh)
Hier geht es zum ersten Teil des Interviews.