Hat man in seiner Aufgabenstellung erkannt, dass sich für das zu lösende Problem ein künstliches neuronales Netz eignet, beginnt die eigentliche Herausforderung. Gesucht sind passgenaue Lösungen, die auf die speziellen Anforderungen der Unternehmen trainiert sind.
Will man künstliche neuronale Netze (KNN) aufbauen, muss man das natürliche neuronale Netz, also das Gehirn, verstehen. Denn die einfachste Definition eines künstlichen neuronalen Netzes ist der Versuch, die Funktionen des Gehirns mit Hilfe von Computertechnik nachzubauen. Beeindruckende Fortschritte werden dabei erzielt, auch wenn man technologisch gesehen von der kompletten Nachbildung noch weit entfernt ist. Dennoch können neuronale Netze in KI-Projekten heute schon erfolgreich genutzt werden, vorausgesetzt, sie werden in der Praxis richtig angewendet.
Viele Fragen der Menschheit drehen sich seit Jahrhunderten um die Funktionsweise unseres Gehirns. Wie speichern wir Informationen? Wie denken wir? Wie lernen wir? Trotz intensiver Forschung in den letzten Jahrzehnten kann die Neurologie noch nicht komplett erklären, wie wir Menschen zu unserem Bewusstsein kommen. Was erforscht und modellhaft erklärt ist, sind die biochemischen Abläufe im Gehirn. Diese reduzieren sich auf die algorithmischen Muster, die in Gehirnen ablaufen. Subjektive Wahrnehmung und Bewusstsein, welche unser Denken und Handeln durchaus signifikant beeinflussen, sind nicht erklärt.
Die Muster aus aktivierten Neuronen und die durch Neurotransmitter und Ladungen ablaufenden Algorithmen kann man als das gespeicherte Wissen betrachten. Warren McCulloch und Walter Pitts beschrieben diese Abläufe in ihrem Aufsatz „A logical calculus of the ideas immanent in nervous activity” 1943 erstmals mathematisch. Dieses mathematische Modell wurde im Laufe der Jahre in vielerlei Hinsicht erweitert und dient als Grundlage zur Beschreibung und Implementierung künstlicher neuronaler Netze.
„KI Projekte bringen neue Fragestellungen und viele Herausforderungen mit sich“, betont Jörg Kremer, Head of Consulting bei der mip Management Informationspartner GmbH, aus seiner Erfahrung. In neuronalen Netzwerken erfolge, so der Experte, die Speicherung von Informationen verteilt über alle oder zumindest über eine Vielzahl der Gewichte des neuronalen Netzes und nicht lokal, wie etwa bei einer Festplatte. „Das erfordert zur schnellen Verarbeitung eine große Menge schnellen Speichers“, ergänzt Kremer. „In Kombination mit den je nach Einsatzziel notwendigen zahlreichen Iterationen der Berechnungen, sind heutige künstliche neuronale Netze typischerweise auf bestimmte Einsatzszenarien spezialisiert und dann auch nur dafür gut nutzbar.“
Wie geht man am besten in der Praxis vor
Ist identifiziert, dass sich für das zu lösende Problem ein künstliches neuronales Netz eignet, beginnt die eigentliche Herausforderung. Neben einem KNN bieten sich oft auch Verfahren des maschinellen Lernens oder mathematisch/statistische Verfahren an. Die Vor- und Nachteile müssen analysiert und abgewogen werden. Entscheidet man sich für die Nutzung eines KNN, welcher Netztypus und welche Lernmethode verwendet werden sollen.
Ebenso wird überprüft, ob ein geeignetes Netz schon einmal aufgebaut wurde und nach einem neuen Training verwendet werden könnte. „Während der Trainingsphase und der damit gegebenenfalls einhergehenden Modifikation des Netzes, unterstützen in der Regel die KI-Experten. Wenn das Netz gut trainiert ist und nur noch angewandt wird, dann kann es vom Anwender genutzt werden,“ erklärt Jörg Kremer.
Standardangebote versus Individual-Entwicklung
Neuronale Netze werden heute schon in verschiedensten Szenarien eingesetzt. Sie liefern sehr gute Ergebnisse bei der Kategorisierung von Datenmustern, Bildern oder Texten und eignen sich gut zur Bilderkennung oder auch für Prognoserechnungen. Dabei sind sie durch ihre Fehlertoleranz und ihre Lernfähigkeit zum einen deutlich mächtiger und flexibler als die auf statistischen Verfahren beruhende künstliche Intelligenz. Sie sind jedoch zum anderen sehr fordernd für die Hardware.
Oft ist eine große Anzahl an Trainingsdaten notwendig, um ein stabiles neuronales Netz zu entwickeln. Es wird deutlich, dass für individuelle Probleme auch individuelle künstliche neuronale Netze aufgebaut werden müssen. Services von der Stange, wie sie auf verschiedenen Cloud Plattformen existieren, machen nur Sinn, wenn das dort angebotene neuronale Netz möglichst genau für die zu lösende Aufgabe entworfen wurde. Es ist typischerweise nicht möglich an den Lernparametern, Lernverfahren etc. etwas zu verändern.
Normalerweise werden diese vorgefertigten Netze nur mit neuen Daten trainiert, beispielsweise mit Bildern im Falle einer Bilderkennung. Das sollte im Vorfeld eines Projektes auf alle Fälle berücksichtigt werden. „Bei uns steht die individuelle Beratung im Vordergrund anstelle der Nutzung von Standard-Lösungen. Einen Mehrwert in KI-Projekten kann nur der erzielen, der sowohl die hinterlegten komplexen mathematisch-statistischen Verfahren als auch die Anforderungen des jeweiligen Unternehmens versteht“, erklärt Jörg Kremer. (rhh)
MIP Management Informations Partner Gesellschaft für EDV-Beratung und Management-Training mbH