Schnelles Wachstum ist nicht nur erfreulich, sondern stellt stets auch eine Herausforderung dar. Wenn das Auftragsvolumen steigt, müssen Prozesse und Infrastruktur mitwachsen. Dies kann für viele Unternehmen zur Belastungsprobe werden, insbesondere wenn sie sich in hart umkämpften Märkten befinden. Ein konkretes Beispiel hierfür ist die HIK GmbH aus dem hessischen Oberzent. Dort hat sich der Umsatz innerhalb von nur zwei Jahren nahezu verdoppelt.

„Wer nicht konsequent digitalisiert und sich offen für Neues zeigt, geht irgendwann unter“, weiß Hermann Nachtigal, IT-Leiter des Unternehmens. Im Jahr 2020 hatten sich die Verantwortlichen deshalb für die Implementierung der Aptean ERP-Plattform oxaion entschieden. Die Lösung bildet die komplexen Geschäftsabläufe der HIK durchgängig ab und dient als zentrale Datendrehscheibe für alle weiteren Digitalisierungsbestrebungen.

Mit den Ansprüchen der Kunden wachsen

Im Jahr 1985 gegründet, hat sich die HIK im Laufe der Jahre zu einem führenden Lösungsanbieter in den Bereichen Kabelkonfektion, mechatronische Systeme, Schaltschrankbau und elektrische Baugruppen entwickelt. „Wir begleiten unsere Kunden ganzheitlich von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt und übernehmen im Anschluss natürlich auch Service und After Sales. Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern ist bei uns auch Losgröße 1 kein Problem“, beschreibt IT-Leiter und Prokurist Hermann Nachtigal das Geschäftsmodell.

Quelle: HIK/ApteanAls Teil der Walther Gebhardt Gruppe beschäftigt die HIK aktuell 400 Mitarbeiter und produziert mittlerweile auch in Bosnien und Herzegowina. Im Jahr 2010 kamen außerdem die Tochterunternehmen HIS Renewables GmbH und wenig später die Promondis Energy GmbH hinzu. Die Unternehmensgruppe erweiterte damit ihren Fokus auf Projektierungen im Bereich der erneuerbaren Energien.

In dem Maße wie die Produkte und Dienstleistungen komplexer wurden, stieg auch die Nachfrage kontinuierlich. So wurden allein im Jahr 2022 über 115 Millionen Meter Kabel in 6.500 verschiedenen Produkten verbaut. Kunden aus aller Welt und aus unterschiedlichsten Branchen vertrauen auf die HIK, darunter auch namhafte Großunternehmen.

Digitalisieren und konsolidieren

Hermann Nachtigal ist zwar selbst erst seit 2019 im Unternehmen, hat aber seitdem alle Hände voll zu tun: „Mir wurde die IT-Leitung über die Unternehmensgruppe anvertraut. Als ich angefangen habe, waren wir zu zweit, jetzt sind wir bereits ein Team von neun Mitarbeitern. Unsere Hauptaufgaben sind die kontinuierliche Digitalisierung der Prozesse über alle Teile des Unternehmens und die Neugestaltung der IT-Infrastruktur, denn wir wollen auch in Zukunft erfolgreich wachsen. Dazu benötigen wir eine verlässliche Datenbasis sowie ein automatisiertes Tagesgeschäft.“

Anfang 2020, zu Beginn der Corona Epidemie, mussten zunächst die Voraussetzungen für das Home-Office und Remotearbeit geschaffen werden. Zeitgleich startete das Team um Hermann Nachtigal aber bereits das Kick-Off für die ERP-Migration. Das vorherige System war 20 Jahre im Einsatz und speziell auf die HIK zugeschnitten. Dementsprechend war es bei steigendem Pensum wenig flexibel und leider auch sehr inselaffin.

Gesucht wurde deshalb eine moderne, bedienerfreundliche Lösung, die mit den Unternehmensanforderungen mitwachsen kann und branchentypische Funktionalitäten bereits im Standard abdeckt. In Bezug auf Konsolidierung waren außerdem die Themen ‚Multisite‘ und ‚Intercompany‘ von Bedeutung: Buchungen und Transaktionen zwischen den einzelnen Standorten und Tochtergesellschaften sollten künftig integriert, sicher und automatisiert ablaufen.

ERP als Basis für durchgängige Prozesse

Den Shootout zwischen drei verbliebenen Anbietern gewann am Ende die Ettlinger Aptean GmbH mit der ERP-Plattform oxaion. „Die Lösung ist intuitiv aufgebaut und erfüllt die meisten Anforderungen bereits aus dem Stand“, begründet Hermann Nachtigal die Entscheidung.

Sehr zufrieden waren die Verantwortlichen bspw. mit dem Rechnungswesen der Lösung. Hier konnten wesentliche Prozesse des Tagesgeschäfts grundlegend automatisiert werden. Alles ließe sich jetzt zentral aus einem System heraus verwalten und man sei nicht mehr auf Insellösungen angewiesen. Von Vorteil ist außerdem der komfortable Zugriff auf standortübergreifende Informationen. Niederlassungen werden dazu als einzelne Mandanten geführt. Die Verantwortlichen erhalten die Daten also gesammelt und bei Bedarf übersichtlich auf einer Oberfläche kuratiert. Das macht nicht nur Konzernabschlüsse leichter, sondern es können bspw. auch Lagerengpässe leichter identifiziert werden.

Quelle: Aptean/HIKWichtig ist für die HIK auch das Thema EDI (Electronic Data Interchange). „Wir binden unsere Geschäftspartner aktiv an EDI an, dadurch steigern wir einerseits unsere Digitalisierungs-Performance, schaffen anderseits aber überhaupt auch erst die Möglichkeit, um mit Großkunden zusammenarbeiten zu können“, berichtet Hermann Nachtigal. Über eine Standard-Schnittstelle kommuniziert die oxaion ERP-Plattform nahtlos mit dem vorgelagerten EDI-Modul der Firma e-Manager. „Wir verarbeiten also zentral und können die Daten dann auf der Drehscheibe hin- und herschieben, sodass das einen einheitlichen Prozess ergibt.“

Für jeden Bereich die richtige Lösung

Für Aptean als Digitalisierungspartner habe man sich darüber hinaus ganz bewusst entschieden. „Bei Aptean erhalten wir alles aus einer Hand und uns überzeugt auch das starke Partnernetzwerk“, betont der IT-Experte. „So nutzen wir beispielsweise für eine nahtlose Zollabwicklung die Software des oxaion-Partners ZWF und durch die tiefe Integration der Aptean SYNCOS-MES-Lösungen gelangen wir mit unseren Auftragsdaten aus dem ERP bis an die Maschinen und Montagetische.“

Mittels Kanban-Boards erhalten die Mitarbeiter Fertigungsaufträge und Arbeitspläne samt Stückzahlen, Stücklisten und Steuerungsanweisungen direkt an ihre Maschinen und Montage-Arbeitsplätze. „Wir wollten die Schritte für die Mitarbeiter im Shopfloor so simpel wie möglich visualisiert haben, damit diese uns die Daten möglichst problemlos auch wieder zurückspielen können“, führt Hermann Nachtigal weiter aus.

Die Kanban Boards von SYNCOS seien hierfür die ideale Lösung. „Der Werker muss sich nicht erst durch dutzende Masken klicken, sondern erhält alles auf einen Blick und zentral aus oxaion. Das gibt uns die Möglichkeit, schnell und einfach zu produzieren, während die Daten nicht doppelt vorgehalten, sondern im Anschluss vom MES automatisch an das ERP zurückgespielt werden“, ergänzt Nachtigal.

Kundenaufträge transparent und automatisiert abwickeln

Ebenso nahtlos tauscht oxaion Daten mit der Automatisierungslösung Komax: Viele Auftraggeber senden der HIK im Vorfeld Rohdaten, die bereits Informationen zu Schneidvorgängen, Kabellängen und Anschlusskontakten enthalten. Über die Aptean eigene CAD-Schnittstelle werden die Daten dann an oxaion übergeben, wo der Produktionsartikel vorgeneriert wird. Aus den hinterlegten Daten werden außerdem Arbeitsplan sowie Stück- und Schneidliste generiert.

„Wir ermitteln daraus den Preis für den Kunden und können diesen auch gleich an ihn rückmelden“, erklärt Herman Nachtigal das Tagesgeschäft. Der Kunde bekommt den Preis daraufhin bei sich im System eingespielt und bestellt sein Produkt in der gewünschten Stückzahl, woraufhin automatisch ein Auftrag in oxaion angelegt wird. „Die Schneidliste des jeweiligen Artikels können wir dann ebenfalls automatisiert an die Zuschnittmaschine übertragen.“ Der Maschinenbediener muss dann lediglich noch den Startknopf drücken. „Von oxaion bis zur Übergabe an die Maschine ist das ein vollautomatisierter Prozess, bei dem wir natürlich viel Zeit und Manpower sparen. Parallel profitieren unmittelbar unsere Kunden.“

Den richtigen Partner an der Seite

Um solch komplexe Projekte überhaupt in so kurzer Zeit bewältigen zu können, muss die Sympathie zwischen beiden Parteien von Anfang an gegeben sein. „Das war für uns tatsächlich ein entscheidendes Kriterium im Auswahlprozess“, berichtet der IT-Leiter. „Mit den Aptean Fachleuten konnten wir uns zu jederzeit auf Augenhöhe austauschen. Sie kennen unsere Branche sehr genau und es war gleich ein ehrliches Interesse spürbar, mit uns langfristig zusammenzuarbeiten.“

Und nicht zuletzt hätten sich auch die Mitarbeiter für oxaion ausgesprochen. „Wir können den Kollegen nicht einfach ein ERP-System hinstellen und erwarten, dass sie den Rest erledigen, das funktioniert nicht.“, erklärt Hermann Nachtigal. Das Erringen von Mitarbeiterakzeptanz sei heute eine wesentliche Aufgabe der IT. „Dafür gilt es zunächst ein tieferes Verständnis für die Prozesse aufzubauen. Das geht nur im Dialog, wir fragen die Kollegen aus den einzelnen Abteilungen, was ihnen wichtig ist, sodass wir die Dinge am Ende gemeinsam besser machen können.“

Schön im Standard bleiben

Mit oxaion hat die HIK jetzt eine offene und integrative ERP-Plattform, mit der sie als Unternehmensgruppe zukunftsfähig wachsen kann. „Die Hauptaufgabe der IT ist immer dann bereit zu sein, wenn die Anforderungen kommen“, weiß Hermann Nachtigal. „Das haben wir mit oxaion jetzt tatsächlich geschafft, sodass wir aktiv die Digitalisierung vorantreiben können.“

Damit man dabei möglichst im Standard bleibt und die Release-Fähigkeit erhält, wurde über die http-Schnittstelle der ERP-Lösung jetzt zusätzlich eine Portallösung realisiert. Diese ermöglicht bspw. das Fertigungsaufträge über den Browser abgerufen werden können, ohne dass dafür oxaion geöffnet werden muss. So müssen die Mitarbeiter im Lager oder auf dem Shopfloor keine ERP-Spezialisten sein, um die wichtigsten Informationen auf einen Blick zu erhalten – etwa die Anzahl der Entnahmescheine, wie viele Teile zu kommissionieren sind und welche Stücklistenpositionen bereits kommissioniert wurden, dazu den Status der einzelnen Arbeitsgänge, die Ist- und die Soll-Zeiten sowie die Rückmeldungen der Mitarbeiter.

„Insbesondere durch die Digitalisierung der Entnahmescheine haben wir sehr viel Performance gewonnen“, betont Hermann Nachtigal. Kommissionier-Aufträge in Form von Entnahmescheinen werden nun über die Portallösung angezeigt und müssen nicht mehr ausgedruckt werden. Durch die Anbindung an oxaion werden Entnahmen ebenfalls sofort digital rückgemeldet.

Hochautomatisiert vom Wareneingang in die Fertigung

Das Produktportfolio ist extrem breit und das Lageraufkommen dementsprechend hoch. Aktuell kommt der Einkauf auf ca. 20.000 Bestellungen im Jahr. Für einen geordneten Lagerfluss sorgen aktuell drei 12 Meter hohe Kardex Shuttle XP Lagerlifte mit angebundenem Kommissioniertisch. Die Kommissionierung erfolgt mittels Pick-by-Light- und Put-to-Light-Anlage.

Über eine Schnittstelle ist die Kardex Software direkt mit der Auftragsverwaltung von oxaion verbunden. Im Tagesgeschäft scannt der Lagerist etwa zehn Fertigungsaufträge auf einmal ein und ordnet diese nebeneinander auf dem Kommissioniertisch an. Der Turm fährt an, holt das richtige Tablar und zeigt dem Lageristen über einen Laserpointer, aus welcher Schütte er wie viel herausnehmen muss.

Danach wird am Kommisioniertisch via Lichtsensor angezeigt, wieviel Ware eingelegt werden soll. Der Tisch bestätigt die richtige Anzahl und so werden nach und nach die Aufträge kommissioniert. Zum Schluss erfolgt über die Synchronisation die Materialabbuchung in oxaion, sowohl Materialabgänge als auch Zugänge werden direkt im System verbucht.

Hermann Nachtigal betont hierzu: „Ob auf dem Shopfloor oder im Lager: Wir wollen weg von diesen klassischen One-Way-Schnittstellen und in Zukunft möglichst bidirektional arbeiten. Sprich, wenn wir Aufträge an die Maschinen übergeben, sollen die uns im Anschluss auch Daten an die ERP-Lösung zurückspielen. Und genau das lässt sich mit dieser offenen Architektur der Aptean-Lösungen sehr gut verwirklichen.“

Neue Technologien nutzen

Mit Aptean-Partner und KI-Spezialist Prodaso werde man dieses Vorhaben noch weiter vertiefen. Anhand der KI-basierten Produktionssoftware sollen Maschinendaten künftig smart auf Basis von IoT abgerufen werden, um sie in Echtzeit auf der ERP/MES-Plattform auswerten zu können.

Auch das Thema „Lieferscheinerkennung“ wird derzeit mit oxaion in einem Pilotprojekt realisiert. Mittels KI sollen Lieferscheine automatisch ausgelesen und gebucht werden. Lieferscheinpositionen werden ebenfalls nahtlos ins ERP-System überführt. Der Werker muss lediglich noch überprüfen, ob die Stückzahl passt, der große Rest wird automatisiert erledigt. „Mit Blumatix hält Aptean auch in Sachen automatisierte Dokumenterkennung den idealen KI-Partner für uns bereit“, ist Hermann Nachtigal guter Dinge. „Wir sind überzeugt, dass unser Rechnungswesen von dieser Zusammenarbeit immens profitieren wird.“

Bis dahin wollen die Systempartner der Elektroindustrie auch den HTML5-Client Nucleus von oxaion nutzen. Der große Vorteil: ERP und MES sind dann auf einer bedienerfreundlichen, touch-fähigen Oberfläche zusammengefasst, die auch mobil abrufbar ist.

„Die Beschränkungen des Systems gehören jetzt der Vergangenheit an, wir haben mit oxaion eine funktionstüchtige Basis geschaffen, auf die wir bauen können“, so das Fazit von Herman Nachtigal. „Gemeinsam werden wir in Zukunft noch viel mehr erreichen: Aktuell sind wir dabei, ein vollautomatisiertes Hochregallager zu errichten. Die Ein- und Auslagerung, sowie die führerlose Warenbereitstellung in den Shopfloor, wird hierbei vollautomatisiert über oxaion und Linde funktionieren.“ (

Sven Hertel ist Senior Manager Solutions Consultants bei Aptean.

Aptean