Digitale Transformationsprojekte stellen Unternehmen vor grundlegende strategische Entscheidungen: Build vs. Buy? Sollen technologische Lösungen intern entwickelt oder als Plattformlösung eingekauft werden? Anurag Misra von CloudBlue erläutert, welche Faktoren in der Abwägung entscheidend sind – von Kosten über Innovationsfähigkeit bis zur langfristigen Skalierbarkeit.
Der gezielte Technologieeinsatz gilt als Schlüssel für erfolgreiche Transformationsprojekte. Dennoch verfehlen laut Studien viele Vorhaben ihre Ziele – häufig bereits an einer zentralen Weichenstellung: der Frage, ob Software besser gekauft oder selbst entwickelt werden sollte. Einer Prognose des Marktforschungsunternehmens IDC zufolge werden Unternehmen weltweit bis 2027 rund vier Billionen US-Dollar in digitale Initiativen investieren. Angesichts dieses Volumens gewinnt die Entscheidung zwischen Eigenentwicklung („Build“) und Zukauf („Buy“) stark an Bedeutung. Denn: Weniger als die Hälfte aller Digitalisierungsprojekte erreicht laut IDC die angestrebten Ergebnisse, McKinsey geht sogar davon aus, dass sieben von zehn Unternehmenstransformationen scheitern.
Mythos Individualentwicklung: Anpassbarkeit ist heute Standard
Lange Zeit galt die Eigenentwicklung als der Königsweg, um individuelle Anforderungen exakt abzubilden. Doch heutige Plattformlösungen bieten eine hohe Anpassungsfähigkeit, die diesen Vorteil zunehmend relativiert. Systeme mit flexiblen Frameworks unterstützen bereits out-of-the-box Funktionen wie Mehrwährungsfähigkeit, Mehrsprachigkeit, Drittanbieterintegration und KI-gestützte Analysen.
Wer heute noch intern komplette Systeme aufbauen will, benötigt nicht nur erhebliche Budgets, sondern auch spezialisiertes Know-how – beides ist in vielen IT-Abteilungen nicht in ausreichendem Maß vorhanden. Die Annahme, dass Standardlösungen nicht individuell anpassbar seien, wird so zunehmend zum Kostenrisiko.
Zeit, Budget und Opportunitätskosten als kritische Faktoren
Die Zeitersparnis gehört zu den größten Vorteilen bei der Nutzung vorkonfigurierter Lösungen. Während Eigenentwicklungen oft Projektlaufzeiten von 12 bis 18 Monaten verursachen, lassen sich Plattformlösungen in wenigen Wochen implementieren. Auch aus finanzieller Sicht sind Standardlösungen oft planbarer: Sie werden meist im Abonnementmodell angeboten, mit geringen Anfangsinvestitionen und kalkulierbaren laufenden Kosten. Zudem übernimmt der Anbieter die Verantwortung für Updates, Wartung und Weiterentwicklung. Bei Eigenentwicklungen liegen diese Aufgaben – und ihre Risiken – vollständig beim Unternehmen selbst.
Schneller adaptieren, schneller profitieren
Moderne Transformationsprojekte erfordern mehr als nur technische Anpassbarkeit – sie verlangen vor allem schnelle Adaption. Wer mit einer Plattformlösung arbeitet, kann neue Technologien – etwa im Bereich Künstliche Intelligenz oder Cloud-Architekturen – schneller einführen und integrieren. Anbieter bieten oft direkten Zugang zu Partnernetzwerken, fertigen Schnittstellen und Support für Multi-Cloud-Umgebungen. Individuelle Lösungen laufen hingegen Gefahr, technologisch schnell zu veralten und schwerfälliger auf Neuerungen zu reagieren.
Wann Eigenentwicklung sinnvoll ist
Trotz aller Vorteile vorgefertigter Systeme bleibt die Eigenentwicklung unter bestimmten Voraussetzungen eine valide Option – etwa bei innovativen Produktideen oder für Proof-of-Concepts. Voraussetzung ist jedoch eine gründliche Marktanalyse und ein belastbarer Business Case. Nur wenn keine passende Lösung verfügbar ist und die Eigenentwicklung wirtschaftlich tragfähig erscheint, sollte sie in Betracht gezogen werden.
Die Entscheidung zwischen Build und Buy beeinflusst nicht nur den Projektverlauf, sondern auch die künftige Innovationsfähigkeit und Skalierbarkeit. Unternehmen sollten daher systematisch bewerten, ob bestehende Lösungen ihren Anforderungen gerecht werden – und nur dann selbst entwickeln, wenn kein Marktangebot die nötige Passung liefert.
