Der moderne Arbeitsplatz ist weit mehr als ein digital ausgestatteter Schreibtisch. Er vereint flexible Zugriffsmöglichkeiten, hohe Sicherheitsstandards und effiziente Zusammenarbeit – und dies unabhängig von Ort und Gerät. MIDRANGE Chefredakteur Matthias Scheffer sprach mit Dirk Veldboer, Team Lead im Bereich Modern Workplace bei OEDIV, darüber, wie Unternehmen den digitalen Wandel mit Microsoft Azure Virtual Desktop aktiv gestalten können und welche Vorteile sich daraus ergeben.
Hallo Herr Veldboer, wir wollen über Modern Workplace sprechen. Was bedeutet eine moderne Arbeitsumgebung für Sie?
Aus Sicht des Business unserer Kunden ist ein moderner, digitaler Arbeitsplatz eine strategische und wertschöpfende Komponente, die viele Aspekte hat, die in der Ausgestaltung berücksichtigt werden müssen und einem ständigen Wandel unterliegen.
Unser Modern Workplace Produktportfolio umfasst daher eine Vielzahl an Lösungen und Dienstleistungen rund um den modernen digitalen IT-Arbeitsplatz – mit einem klaren Fokus auf cloudbasierte Technologien von Google, Microsoft und anderen Anbietern. Dazu gehören primär Lösungen für die Kommunikation und Zusammenarbeit, Online-Speicherdienste, zentralisierte Identitäts- und Zugriffsverwaltung, Sicherheitslösungen zum Schutz von Identitäten, Geräten und Daten vor Bedrohungen und Sicherstellung von Compliance, auf Künstlicher Intelligenz basierte Lösungen zur Automatisierung von Aufgaben und Arbeitsabläufen, sowie Lösungen für das Management von mobilen, physischen und virtuellen Devices.
Der moderne digitale Arbeitsplatz ist cloudbasiert und folgt dem Modell der verteilten Verantwortlichkeiten. Das Modell der verteilten Verantwortlichkeiten beschreibt, wie die Verantwortung für Sicherheit, Datenschutz und Compliance zwischen dem Cloud-Anbieter und dem Kunden verteilt ist. Die Übertragung der Verantwortung an den Cloud-Provider war und ist ein wichtiger Faktor für den Siegeszug von Cloud Computing. Was aber oftmals übersehen wird ist, dass der Cloud-Provider nur die Plattform schützt, aber nicht automatisch die Daten und Zugriffe der Kunden. Kunden müssen also aktiv Maßnahmen ergreifen, um ihre Daten zu sichern, Zugriffe zu kontrollieren und Compliance-Anforderungen umzusetzen. Ohne eigene Konfiguration bleibt ein Großteil der Sicherheitsfunktionen daher ungenutzt oder ineffektiv. Genau hier unterstützen wir unsere Kunden, damit sie die Souveränität über Ihre Daten gestalten können und vorhandene Lizenzen optimal ausnutzen.
Zusammenfassend unterstützen wir mit Consulting- und Managed-Services unsere Kunden bei Ihrer digitalen Transformation. Wir entwickeln eine auf die Kundenbedürfnisse maßgeschneiderte Strategie für den Modern Workplace, unterstützen bei der technischen Implementierung sowie im täglichen Betrieb. Unser professionelles Projektmanagement und das User-Change-Management zur Befähigung der Mitarbeitenden stehen dem Kunden parallel zur Seite und helfen dabei, die Transformation erfolgreich zu meistern. Wir setzen dabei immer auf eine pragmatische und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Vorgehensweise.
Welche Lösungen bieten Sie im Bereich Virtual Workplace an?
Wir bieten unseren Kunden die Lösungen Citrix Virtual Apps and Desktop, Microsoft Azure Virtual Desktop und Microsoft 365 (Cloud PC) an.
Sie sind von der Beratung und Planung bis zur Implementierung an Bord. Kann ich die Lösungen auch als Managed Services beziehen?
Die in den Produkten verankerten Consulting- und Managed-Service-Leistungen bieten umfassende Unterstützung bei der digitalen Transformation. Dies beginnt mit der Entwicklung eines Zielbildes und einer Strategie für den digitalen Arbeitsplatz, gefolgt von Analyse und Konzeption, Evaluierung und Realisierung bis hin zur Einführung, Betrieb und Support.
Sehen wir uns einmal einen Praxis-Case genauer an: Es geht um Azure Virtual Desktop. In Ihren Worten – worum handelt es sich hierbei?
Azure Virtual Desktop (AVD) ist eine cloudbasierte Virtualisierungsplattform von Microsoft, die es ermöglicht, Windows-Desktops und -Anwendungen sicher und flexibel bereitzustellen – unabhängig vom Standort der Nutzer. AVD bietet virtuelle Windows 10/11-Desktops und -Apps über die Azure-Cloud an. Es handelt sich um eine elastisch skalierbare Lösung, die ohne eigene Serverinfrastruktur auskommt.
Das bedeutet: Mitarbeiter oder auch Partner können jederzeit und von jedem Gerät auf ihre Arbeitsumgebung zugreifen – sicher, performant und unabhängig vom Standort.
Was sind die Stärken von Azure Virtual Desktop?
AVD bietet Unternehmen ein Höchstmaß an Flexibilität. Gerade in Zeiten zunehmender Digitalisierung stehen viele Organisationen vor der Herausforderung, bestehende VDI-Lösungen abzulösen und gleichzeitig eine sichere, skalierbare und zukunftsfähige IT-Infrastruktur bereitzustellen. AVD unterstützt dabei, die Modern Workplace-Strategie zukunftssicher auszurichten.
Zu den zentralen Vorteilen zählen:
- Ablösung vorhandener VDI-Lösungen – Wechsel von On-Premise zu einer vollständig cloudbasierten Infrastruktur.
- Cloud First Strategie – Reduzierung lokaler Serverkosten durch cloudbasierte Bereitstellung.
- Business Continuity & Disaster Recovery – Die weltweite Verfügbarkeit über Microsoft Azure sorgt für höchste Ausfallsicherheit.
- Zentralisierung der IT-Ressourcen – Einfachere Verwaltung und schnellere Bereitstellung von Arbeitsplätzen.
- Remote Work für interne und externe Teams – Flexibles Arbeiten auf verschiedenen Geräten und von überall.
- Hohe Skalierbarkeit & schnelle Bereitstellung – IT-Ressourcen jederzeit flexibel anpassbar.
- Effiziente Bereitstellung spezifischer Anwendungen – Auch anspruchsvolle Software lässt sich problemlos integrieren.
- Kosteneinsparung & reduzierter Verwaltungsaufwand – Reduktion der IT-Betriebskosten durch Automatisierung und flexible Skalierung.
Sie haben das bei der Dr. Oetker Nahrungsmittel KG implementiert. Was war hierbei die Ausgangssituation – in Bezug auf das bestehende System und die Anzahl an Arbeitsplätzen?
Schon seit Jahren betreibt OEDIV eine Citrix Virtual Apps & Desktops Infrastruktur als Managed Service für die Dr. Oetker Nahrungsmittel KG. Jetzt war es jedoch an der Zeit, die Umgebung zu modernisieren. Die Hardware und das Betriebssystem innerhalb der Citrix Infrastruktur mussten aufgrund des bevorstehenden Support-Endes erneuert werden. Allein die Modernisierung des Betriebssystems hätte mit dem Erwerb neuer Remote-Desktop-Lizenzen zu erheblichen Investitionen geführt. Zudem verursachte die genutzte Multifaktorauthentifizierungs(MFA)-Lösung zusätzliche Kosten und ein hohes Support-Aufkommen. Vor diesem Hintergrund und im Kontext der intensiven Nutzung von Azure und Microsoft 365 entschied sich der Kunde für die Migration von Citrix nach AVD.
Wie sind Sie bei diesem Implementierungsprojekt vorgegangen?
In der ersten Phase wurde AVD innerhalb der bestehenden Azure-Infrastruktur des Kunden geplant und implementiert, mit dem Ziel, die bisher über Citrix bereitgestellten Workloads sukzessive zu migrieren. Hier bestand die grundsätzliche Herausforderung, dass einige der verwendeten Applikationen aufgrund ihrer Legacy-Architektur Latenzsensitiv sind und eine Modernisierung der Applikationen nicht möglich war. Zur Lösung wurden die für die Applikationen notwendigen Backend-Systeme ebenfalls nach Azure migriert.
In der zweiten Phase lag der Fokus darauf die bestehenden Workloads von Citrix nach AVD zu migrieren und sicherzustellen, sodass der Wechsel reibungslos und ohne große Ausfallzeiten für die Nutzer erfolgen konnte. Hierbei unterstützte OEDIV beratend und punktuell, da die technische Umsetzung eigenständig durch das kompetente IT-Team der Dr. Oetker Nahrungsmittel KG durchgeführt wurde. Um dennoch gezielt, zeitnah und planbar zu unterstützen wurden regelmäßige Jour fixe durchgeführt, in denen Art und Umfang der Leistungen jeweils abgestimmt wurden. Das ermöglichte dem Kunden dynamisch, aber dennoch gezielt Unterstützung zu bekommen, genau dort, wo sie benötigt wurde.
Nach Abschluss der Migration wurde in der dritten Phase der bestehende Managed Service für Citrix Virtual Apps in ein Co-Managed-Modell überführt. Mit diesem Betriebsmodell unterstützt OEDIV durch reaktiven 2nd- und 3rd-Level Support sowie mit einem Proaktive Review Services. Im Rahmen des Review Service wird regelmäßig die AVD-Umgebung überprüft, die Ergebnisse werden protokolliert und Handlungsempfehlungen ausgesprochen. Das Ergebnis wird als „System Check Report“ bereitgestellt und in dem monatlichen Jour fixe-Termin besprochen.
Was waren die größten Herausforderungen?
In dem Kundenprojekt bestand die Herausforderung, dass einige der verwendeten Applikationen aufgrund ihrer Legacy Architektur Latenzsensitiv waren und eine Modernisierung der Applikationen nicht möglich war. Zur Lösung mussten die für die Applikationen notwendigen Backend-Systeme daher ebenfalls nach Azure migriert werden.
Im Allgemeinen treffen wir in AVD-Projekten u. a. auf folgenden Herausforderungen:
- Funktionsumfang:
Nutzer, die an den erweiterten Funktionsumfang von Citrix- oder VMware gewöhnt sind, vermissen ggf. bestimmte Features bei AVD. Solchen Herausforderungen wird mit einem User-Change-Management entgegengewirkt. - Autoscaling-Einschränkungen:
Autoscaling ermöglicht es, die benötigen Ressourcen innerhalb einer AVD-Umgebung bedarfsgerecht zu steuern. In der Praxis bedeutet es jedoch die individuellen Geschäftsanforderungen und die technischen Machbarkeiten zu vereinen. - Performance-Kosten:
Höhere Anforderungen an Performance und Storage können zu unerwarteten Mehrkosten führen. Unser Tipp ist daher: Eine gründliche Planung und die Nutzung von Reserved Instances können helfen, unerwartete Kosten zu vermeiden. - Scripting-Aufwand:
Viele Funktionen lassen sich zwar über die GUI verwalten, für eine effiziente Nutzung sind jedoch Automatisierung und Scripting-Kenntnisse hilfreich. Hier profitieren die Kunden von unserer Erfahrung und unserem Know-how aus verschiedenen Projekten.
Welcher konkrete Nutzen entstand für Dr. Oetker?
Die Umstellung auf Azure Virtual Desktop brachte im Ergebnis die folgenden messbare Vorteile:
- Wegfall von Lizenzkosten und Reduzierung der Betriebskosten.
- Erhöhte IT-Sicherheit durch zusätzliche Absicherungsmaßnahmen.
- Umsetzung der Kunden-Standardisierungsstrategie durch Konsolidierung von MFA-Lösungen hin zu Microsoft MFA bei gleichzeitiger Kostenreduktion und Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit; messbar durch erheblich reduziertes Ticket-Volumen.
- Konsolidierung verschiedener Softwareverteilungslösungen hin zur einheitlichen Lösung des Kunden. Dadurch werden Aufwände und Kosten für Softwarepaketierung eingespart.
- Flexibles und skalierbares Arbeiten mit optimierter Performance.
- Schnelle Bereitstellung von Infrastruktur und neuer Anwendungen durch automatisierte Prozesse und Methodiken.
- Reduzierter Administrationsaufwand für die IT-Abteilung.
- Modernes, flexibles Betriebsmodell:
Das Co-Managed-Modell von OEDIV bietet Dr. Oetker Nahrungsmittel KG gezielte Unterstützung, genau dort, wo sie benötigt wird. Gleichzeitig behält das Unternehmen die strategische Steuerung und Kontrolle über seine Systeme. Besonders im Kontext cloudbasierter Services schafft dieses Modell eine klare Rollenverteilung und erhöht die Flexibilität im Vergleich zu klassischen Outsourcing-Ansätzen.
Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch, Herr Veldboer.
