Fragt man heute mittelständische Fertiger, warum sie in Digitalisierung investieren, verweisen sie sehr schnell auf die Optimierung von Prozessketten und die Steigerung der Mitarbeiterproduktivität. Das Potenzial hierfür bieten hochleistungsfähige ERP-Systeme. Doch sie liefern noch mehr: Moderne ERP-Systeme, die mit KI-Technologien umzugehen wissen, unterstützen Hersteller dabei, innovative digitalisierte Geschäftsmodelle und Plattformen zu entwickeln.
Digitalisierung bedeutet nicht nur Menschen, Maschinen und Dinge zuverlässig miteinander zu verknüpfen und die so entstehenden Datenberge zu verarbeiten. Es geht vielmehr darum, diese Daten intelligent auszuwerten und zu analysieren. Die zentrale Plattform zur Verknüpfung und Verarbeitung ist das ERP-System, das als digitales Rückgrat eines Unternehmens die Datenströme aus Produktion, Logistik, Entwicklung, Vertrieb und der Unternehmenssteuerung vereint.
Als Daten- und Prozessintegrationsplattform unterstützt ein modernes ERP-System alle Prozesse im Unternehmen. Es schafft damit eine Durchgängigkeit von Abläufen über alle Ebenen und gewährleistet eine einheitliche Datenbasis als „Single Source of Truth“. Das ERP-System verbessert die Kommunikation und Interaktion über Abteilungen hinweg, aber auch zu Lieferanten und Kunden und gestaltet so die gesamten Abläufe effizienter. Auf C-Level-Ebene ermöglicht es zusammen mit Business-Intelligence-Tools schnelle Entscheidungen. In Projekten hilft ein ERP-System daneben, immer wiederkehrende Aufgaben zu automatisieren und wertschöpfende Prozesse systematisch abzubilden.
Achillesferse Datenqualität
Wie gut ein Prozess funktioniert, entscheidet letztlich die Datenbasis. Doch ohne Datenqualität keine validen Aussagen und Entscheidungen. Die Aufbereitung von Daten in Dashboards oder auch die Bereitstellung von Analysefunktionalität ist kaum etwas wert, wenn die Qualität der Daten nicht stimmt. Hier haben mittelständische Unternehmen aktuell noch den größten Nachholbedarf. Durch automatisierte Werkzeuge zur Qualitätsanalyse von Daten helfen moderne ERP-Systeme an dieser Stelle ebenfalls weiter.
Was die fabrikzentrierte Digitalisierung angeht – also die Optimierung von Prozessen durch digitale Technologien – ist diese unter dem Stichwort Industrie 4.0 im Mittelstand angekommen. Das Marktforschungsinstitut PAC I teknowlogy hat dazu eine Zahl veröffentlicht: 71 Prozent der IT- und Fachbereichsverantwortlichen haben bereits Industrie-4.0-Projekte gestartet. Aber: Beim Thema Digitalisierung geht es bisher vor allem um die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit des eigenen Unternehmens, sprich der Business Continuity und weniger um die Stärkung der Innovationskraft einer Firma. Erfolgreiche Digitalisierung bedeutet jedoch erheblich mehr als Mitarbeiterproduktivität und Prozessoptimierung. Denn zukünftig geht es um direkte Interaktion mit dem Markt.
Künstliche Intelligenz ante portas
Ein modernes ERP führt alle relevanten kaufmännischen, logistischen und produktionstechnischen Daten zusammen und fungiert als Schnittstelle zu Drittsystemen, Plattformen und Services. Es optimiert Geschäftsprozesse und verdichtet Daten zu Kennzahlen und wird so zur Daten- und Prozesszentrale. Aber erst durch den flächendeckenden Einsatz von KI-Technologien wird die Vision von sich selbst steuernden und optimierenden Produktionsprozessen perspektivisch Realität. Erste, konkrete KI-Lösungen fassen aktuell in der ERP-Welt Fuß, zum Beispiel im Service. Denn gerade, weil sich in den Geschäftsmodellen ein deutlicher Wandel vom Produkt zu mehr Dienstleistung abzeichnet, ist es mehr als konsequent, den Service so smart wie nur möglich aufzustellen: etwa durch ein KI-gestütztes Wissensmanagement.
Ein konkretes Praxisbeispiel dazu: proALPHA kooperiert seit einigen Jahren mit dem Anbieter für KI-basierte Service-Lösungen Empolis. Ziel der Zusammenarbeit ist es, Lösungen zu entwickeln, die die Entscheidungen von Mitarbeitern im Service- & After Sales-Bereich verbessern. So sollen diese Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, in einem vorliegenden Servicefall in kürzester Zeit Servicebelege aber auch eine komplette Maschinendokumentationen KI-gestützt zu durchsuchen. Die Pilotierung der Lösung erfolgt aktuell bei der Händle GmbH, einem weltweit führenden Hersteller von Maschinen und Anlagen für die Aufbereitung und Formgebung von keramischen Rohmaterialien. Über die gemeinsame Anwendung greifen Händle Mitarbeiter künftig direkt aus proALPHA heraus auf Servicebelege im ERP und den gesamten Dokumentenpool des Service zu. Diese Informationen nutzt Händle, um seinen Kunden rasch die bestmögliche Entscheidung für einen Serviceeinsatz bereitzustellen.
Durch solche Innovation behält der produzierende Mittelstand seine Umsatzoptionen in der Hand und bleibt letztendlich zukunftsfähig. Statt anderen Marktplayern dieses Geschäft zu überlassen, geht es für die produzierende Industrie um den Aufbau und die Etablierung von Ökosystemen, die über kundenzentrierte Angebote produktivitätssteigernd wirken. Genau hier kommen intelligente ERP-Systeme ins Spiel, die diese Transformationsprozesse maßgeblich unterstützen.
KI wird mittelfristig das Gesicht der Industrie verändern. Sie spielt bereits bei der Bedarfsplanung, in IIoT-Projekten als auch in der Digitalisierung der Supply Chain eine Rolle. KI-gestützte Tools prognostizieren die Auswirkungen von Lieferengpässen oder Preisänderungen und berechnen Handlungsalternativen. In der erfolgreich digitalisierten Industrie führt ein ERP-System Daten aus unterschiedlichsten KI-gesteuerten Einheiten zusammen: aus selbststeuernden, selbstoptimierenden Prozessen und digitalen Assistenten, aus der RPA oder einem Business Analytics Tool. Umfang und Güte der verfügbaren Daten definieren die Möglichkeiten, daraus neue und profitable Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Michael Finkler ist Geschäftsführer Business Development von proALPHA.