Eine elektronische Lösung zur Rechnungseingangsverarbeitung (REV) einzuführen ist keine Zauberei. Damit das Projekt den gewünschten Erfolg bringt, erweist es sich als wichtig, bereits in der Planungsphase strukturiert vorzugehen und bestimmte Vorarbeiten zu leisten.

Einfach ein Gerät an den Computer anschließen und sofort damit arbeiten können – dieses Prinzip des Plug-and-play funktioniert beim Thema Rechnungseingangsverarbeitung nicht. Und es ist auch nicht damit getan, eine App zu installieren. Warum das so ist?

Weil die Einführung einer digitalen REV ein unternehmensweites Projekt ist, bei dem neben der technischen Komponente stets auch organisatorische Aspekte zu berücksichtigen sind. Generell sollten die Verantwortlichen die wichtigsten vier Aufgaben kennen, die vor einer solchen Installation zu erledigen sind.

  • Projektteam bilden: Der erste Schritt einer erfolgreichen REV-Einführung besteht darin, ein Team zusammenzustellen, dem Mitarbeiter aus den verschiedenen Unternehmensbereichen angehören. Das ist aus zwei Gründen wichtig: Zum einen kennen die Prozessbeteiligten die aktuellen Prozesse und deren Schwachstellen – dies wiederum erleichtert es, die Anforderungen an die neue Lösung zu definieren (Automatisierungsgrad, Funktionsumfang, Abläufe etc.). Zweitens steigert eine Beteiligung am Projekt die Akzeptanz, und die Mitarbeiter wachsen schneller in die digitalen Prozesse hinein. Sobald die Anforderungen grob eingegrenzt worden sind, sollte der Anbieter der REV-Software hinzugezogen werden. Schließlich kennt er die Funktionen und Anpassungsmöglichkeiten seines Produkts am besten. Außerdem hat er aufgrund seiner Erfahrungen aus anderen Projekten häufig schon praxisbewährte Lösungen für typische Probleme in der Prozessgestaltung und im Veränderungsmanagement parat.
  • Automatisierungsgrad festlegen: Ebenfalls ist vorweg zu klären, welchen Automatisierungsgrad man mit der Einführung einer Rechnungseingangsverarbeitung erreichen will. Soll die Software die Verarbeitung von Eingangsrechnungen für Anwender erleichtern? Oder soll sie den Dokumentenfluss steuern und bestimmte Prozesse automatisch durchführen? Eine automatisierte Lösung leitet Eingangsrechnungen im Idealfall wie auf einem Fließband von Mitarbeiter zu Mitarbeiter. Hierzu muss sie sämtliche Eventualitäten des Prozesses abbilden und alle für die Verarbeitung nötigen Informationen vorhalten. Die Implementierung einer solchen Software erfordert ein auf große Einführungsprojekte spezialisiertes Consulting-Unternehmen, das die Lösung auf die individuellen Prozesse des Kunden zuschneidet. Eine breiter aufgestellte REV-Software hingegen lässt sich deutlich schneller und kostengünstiger implementieren, weil das System – als unterstützendes Werkzeug – nicht alle Eventualitäten berücksichtigen muss. Das erspart Anpassungsaufwand. Zudem bietet bereits eine solche, meist teilautomatisierte Lösung alle wesentlichen Vorteile von Digitalisierung, wie zum Beispiel ortsunabhängiges Arbeiten in einem zentralen System, durchgehende digitale Prozesse und GoBD-konforme Archivierung. Die Nutzung einer breiter aufgestellten Lösung kann eine gewisse Prozess- und Sachkenntnis erfordern, da die Software teilweise Bedienungsspielräume lässt. Dies dürfte aber in den meisten Unternehmen kein Problem sein: In der Regel sind die Prozessbeteiligten erfahrene Mitarbeiter, die solche Freiheiten schätzen und produktiv zu nutzen wissen.
  • Abläufe definieren und Verantwortlichkeiten zuweisen: Häufig weisen die bisherigen analogen Rechnungsabläufe Schwachstellen auf, wie zum Beispiel mangelnde Übersicht und Verzögerungen bei der Rechnungsprüfung und -freigabe. Um solche Probleme zu eliminieren, ist es unerlässlich, die Prozesse vor der Digitalisierung neu zu denken. Hierbei kann der Softwareanbieter zu Rate gezogen werden. Oft ergeben sich dabei interessante Ansätze zur Prozessoptimierung. Des Weiteren gilt es, präzise festzulegen, wer bei der Verarbeitung von Eingangsrechnungen welche Aufgaben zu welchem Zeitpunkt zu erledigen hat. Eine digitale REV bietet umfangreiche Möglichkeiten, den Mitarbeitern individuelle Rechte und Pflichten zuzuweisen.
  • Technische Voraussetzungen schaffen: Um Papierrechnungen digital zu erfassen, braucht man notwendigerweise einen Scanner. Eine OCR-Lösung zur Wandlung von Bild zu Text ist meist bereits im Lieferumfang enthalten. Bei einem hohen Volumen unstrukturierter Rechnungen kann eine Capturing-Software sinnvoll sein. Diese liest relevante Informationen aus den Rechnungslayouts von Lieferanten heraus. Mit zunehmender Verbreitung strukturierter Rechnungsformate wie XRechnung und ZUGFeRD werden solche Lösungen aber an Bedeutung verlieren. Für die GoBD-konforme Aufbewahrung von Rechnungen wird oft ein zusätzliches Dokumentenmanagementsystem (DMS) genutzt, das idealerweise als Erstes einzurichten ist. Viele Hersteller liefern ein DMS als Komponente der REV-Gesamtlösung mit. Zudem muss ein zentraler Server vorhanden sein. Dabei spielt es technisch keine Rolle, ob der Server im Unternehmen steht oder in der Cloud betrieben wird. Wichtig ist nur, dass er die Systemanforderungen der REV-Lösung erfüllt.Last, but not least empfiehlt es sich, frühzeitig die mobilen Arbeitsplätze der Prozessbeteiligten, etwa im Homeoffice, ans Unternehmensnetzwerk anzubinden – beispielsweise mittels VPN (Virtual Private Network). Generell ist im Netzwerk sicherzustellen, dass jeder am Rechnungsprozess beteiligte Mitarbeiter später auch Zugriff auf die REV-Lösung hat.

Aljoscha Kuhr ist Produktmanager Rechnungseingangsverarbeitung und DMS bei HS – Hamburger Software.

HS – Hamburger Software