Im Monat März geht es um die Frage: „Welche Bausteine sind bei Unternehmen nötig, um eine Zero Trust Architektur umzusetzen?“. Darauf gibt Fabian Mitterer, Consultant bei der BLUE Consult GmbH, eine passende Antwort.
In den Anfängen der 1990er-Jahre entstand mit der Doktorarbeit von Stephen Paul Marsh ein revolutionäres Konzept der Cyber-Sicherheit: Zero Trust. Marsh vertrat die Ansicht, dass Vertrauen ein quantifizierbares Konzept ist, das über menschliche Werte wie Moral, Ethik und Gesetzlichkeit hinausgeht. Diese Überlegungen bildeten das Fundament für einen Sicherheitsansatz, der auf der Prämisse basiert, dass innerhalb eines Netzwerks niemals blindes Vertrauen herrschen sollte.
In der heutigen, digital transformierten Welt, in der Cloud-Dienste und mobile Arbeitsmodelle dominieren, hat Zero Trust an Relevanz gewonnen. Es adressiert die Schwächen traditioneller Sicherheitsstrategien. Die Entscheidung des Office of Management and Budget, US-Bundesbehörden zur Umstellung auf Zero Trust bis 2024 zu verpflichten, unterstreicht die wachsende Bedeutung dieses Modells. Die Implementierung einer Zero Trust Architektur in Unternehmen ist mittlerweile mehr als eine strategische Initiative; sie ist eine Notwendigkeit, die darauf abzielt, die Sicherheit durch das Prinzip “Never trust, always verify” zu maximieren.
Remote Verbindungen zwischen Anwendern und ihren Unternehmens-netzwerken sind seit Mobile Working & Co mittlerweile zur Regel geworden, was dazu führt, dass sensible Daten über Wege transportiert werden, die von den Unternehmen nicht immer bis ins letzte Detail kontrolliert werden können. Damit fließen u.a. interne IP-Adressen und andere Verbindungsdetails durch aktive Netzwerkkomponenten und bieten neue potenzielle Angriffspunkte. Diese Entwicklung bedeutet das Ende des bisherigen Modells, das auf die Absicherung von geographisch begrenzten Netzwerken abzielt.
Früher lag der Fokus der Netzwerksicherheitsmaßnahmen hauptsächlich auf der Verteidigung der Kontaktfläche mit dem Internet. Werkzeuge wie Firewalls und Intrusion Detection/Prevention Systems (IDS/IPS) wurden implementiert, um Eindringlinge daran zu hindern, in das Netzwerk einzudringen. Im Zero Trust-Modell wird keine geographische Unterscheidung gemacht, so dass drinnen wie draußen einerlei ist und sämtliche Userbewegungen sowie ihr Datenverkehr ständig überprüft und autorisiert werden. Im Folgenden finden sich einige hilfreiche Maßnahmen zur Gestaltung und Flankierung eines Zero-Trust-Ansatzes in Ihrem Unternehmen:
- Identitäts- und Zugriffsmanagement (IAM): Die Basis von Zero Trust bildet ein effektives IAM, das sicherstellt, dass nur verifizierte und autorisierte Nutzer und Geräte Zugriff auf Netzwerkressourcen erhalten. Eine starke Authentifizierung, vorzugsweise durch Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA), ist unerlässlich, um die Identität der Nutzer zu bestätigen und unautorisierten Zugriff zu verhindern.
- Mikrosegmentierung des Netzwerks: Mikrosegmentierung teilt das Netzwerk in kleinere, verwaltbare Zonen, wodurch der Zugriff auf Anwendungen und Daten auf das strikt Notwendige beschränkt wird. Dies verringert die Angriffsfläche und verhindert die Ausbreitung von Bedrohungen im Netzwerk.
- Prinzip der geringsten Rechte: Eng verbunden mit IAM und Mikrosegmentierung gewährleistet das Prinzip der minimalen Rechtevergabe, dass Nutzer und Systeme nur auf die Informationen und Ressourcen zugreifen können, die für ihre Aufgaben unbedingt notwendig sind. Dies minimiert das Risiko von Datenlecks und Missbrauch.
- Verschlüsselung: Die Verschlüsselung von Daten, sowohl in Ruhe als auch in Übertragung, ist ein kritischer Aspekt von Zero Trust. Sie schützt sensible Informationen vor Interception und unbefugtem Zugriff, selbst wenn andere Sicherheitsmechanismen umgangen werden.
- Sicherheit der Endgeräte: Endgeräte stellen oft ein Einfallstor für Cyberangriffe dar. Die Sicherheit jedes Geräts, das auf das Netzwerk zugreift, muss durch regelmäßige Updates, Antivirus-Software und weitere Schutzmaßnahmen sichergestellt werden.
ZTNA-Technologien ermöglichen sicheren Zugriff auf Netzwerkressourcen basierend auf der Identität des Nutzers und der Compliance des Geräts, ohne dass eine direkte Verbindung zum Unternehmensnetzwerk erforderlich ist. Dies reduziert die Angriffsfläche erheblich.
Kontinuierliche Überwachung und Analyse
Die fortlaufende Überwachung von Netzwerkverkehr und Nutzeraktivitäten ist ein entscheidendes Element zur frühzeitigen Erkennung von Anomalien und potenziellen Sicherheitsverletzungen. Hierbei sind Security Information and Event Management (SIEM)-Systeme von zentraler Bedeutung, da sie Daten aus verschiedenen Quellen sammeln, analysieren und in Echtzeit auf Vorfälle reagieren können.
Ebenso wichtig ist die regelmäßige Überprüfung und Anpassung von Nutzerrechten, um sicherzustellen, dass nur autorisierte Personen Zugang zu sensiblen Informationen und Systemen haben. Einige Organisationen praktizieren dabei einen proaktiven Ansatz, bei dem Nutzerrechte periodisch entzogen und bei Bedarf neu beantragt werden müssen. Dieses Vorgehen erhöht die Sicherheit, da es die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass unbefugte Personen unbemerkt Zugriff erlangen und stellt sicher, dass Nutzerrechte stets dem aktuellen Bedarf entsprechen.
Automatisierung und Orchestrierung
Die Automatisierung von Sicherheitsprozessen und die Orchestrierung von Reaktionen auf Vorfälle sind essenziell, um schnell und effektiv auf Bedrohungen reagieren zu können. Dies umfasst automatisierte Patch-Management-Systeme und die automatische Isolierung kompromittierter Systeme.
Die Erfahrungen der BLUE-Experten zeigt, dass Zero Trust kein einmaliges Projekt ist, sondern eine kontinuierliche Anstrengung, um mit den sich ständig weiterentwickelnden Bedrohungen Schritt zu halten. Unternehmen, die Zero Trust erfolgreich implementiert haben, profitieren von einer deutlich erhöhten Sicherheitslage, die nicht nur den Schutz vor externen Bedrohungen, sondern auch vor internen Risiken verbessert. Wichtig ist, dass Zero Trust nicht als Produkt, sondern als ein ganzheitlicher Ansatz verstanden wird, der eine tiefe Integration in alle IT-Sicherheitskonzepte erfordert.
Fabian Mitterer ist Consultant bei der BLUE Consult GmbH.