Die Cloud als Antrieb für die digitale Transformation – diese Einschätzung setzt sich durch. Doch wie soll diese Cloud aussehen und welche Vorteile bringt sie mit sich? Bernd Schierholz, bei IBM als Vizepräsident zuständig für den Bereich Systems Hardware innerhalb der Region DACH, sowie Ralph Demuth, Vizepräsident Cloud und Cognitive Software Technical Executive für IBM Europa, stellen sich den Fragen des Midrange Magazins (MM).

MM: Wie werden die Infrastruktur-Elemente beim Anwender aussehen?
Schierholz: Die Cloud ist nicht im Himmel. Laut einer aktuellen Studie von Forrester „The Key to an Effective Hybrid Multicloud Strategy“, vertrauen Organisationen weiterhin auf beides: Vor-Ort- und Private Cloud als Teil ihres Technologie-Stacks. So planen beispielsweise 85 Prozent der Teilnehmer an der Studie, mehr in IT-Infrastruktur außerhalb der Public Cloud zu investieren.

Quelle: IBM

Bernd Schierholz ist bei IBM als Vizepräsident zuständig für den Bereich Systems Hardware innerhalb der Region DACH.

MM: Was sind die wichtigsten Infrastrukturelemente einer Open Hybrid-Cloud-Strategie?
Schierholz: Natürlich Server und Storage – das Infrastruktur-Portfolio von IBM besteht aus IBM Z, IBM LinuxOne, IBM Power Systems und IBM Storage. Es erfüllt die Anforderungen eines breiten Kundenspektrums und einer Vielzahl von Branchen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Server im Rechenzentrum eines Kundens vor Ort stehen, oder zum Beispiel im IBM-Rechenzentrum in Frankfurt. In jedem dieser Fälle können unsere Server und Storage problemlos in jede offene Hybrid-Cloud-Plattform integriert werden.

MM: Bezieht sich das künftige Angebot von IBM auf Unternehmen, die vor allem Power-Systeme, oder Mainframes von IBM im Einsatz haben, oder auch auf die vielen Wintel-Systeme?
Schierholz: Unternehmen verlassen sich auf eine hybride Cloud auf Basis mehrerer Cloud-Anbieter. Um AIX- und IBM i-Kunden beim Betrieb von Multi-Cloud- und Hybrid-Umgebungen zu unterstützen, bietet IBM die POWER9-Funktionen als Cloud an. Anfang Februar haben wir angekündigt, dass IBM Power Systems für die SAP HANA Enterprise Cloud als Anbieter einer kritischen Infrastrukturplattform für große SAP HANA-Systeme verfügbar sein wird. Ziel ist es, die IT-Infrastruktur für die verwaltete, private Cloud-Umgebung zu vereinfachen. Bei Bedarf können wir auch x86-Workloads in der Public Cloud als Teil einer Komplettlösung für den Kunden anbieten. Kunden können Cloud-Dienste auch einfach überall über IBM Cloud Satellite benutzen.

MM: Liegt dabei der Fokus auf einer „Power-basierten Cloud“?
Schierholz: Eigentlich ist dies eine Entscheidung des Kunden. Mit unserer offenen Hybrid-Cloud-Architektur hat der Kunde nicht nur Flexibilität und Auswahl, sondern auch Leistung, Sicherheit und Verlässlichkeit. Wir führen viele Gespräche mit unseren Kunden, und ob sie sich für IBM Z oder IBM POWER entscheiden, hängt wirklich von den gewünschten Workloads ab. Sie können sich für IBM Z, oder die IBM Hyper Protect Digital Assets Platform entscheiden.

MM: Können Sie dazu Beispiele nennen?
Schierholz: Swiss KORE Technologies, zum Beispiel, hilft seinen Nutzern, digitale Assets mit größtmöglicher Liquidität zu erstellen, zu verifizieren, zu speichern und zu handeln, weil sie von der Sicherheit, Skalierbarkeit und Verwaltbarkeit von IBM LinuxONE Rockhopper II profitieren. Dasselbe gilt für IBM POWER. Kunden haben die Möglichkeit, IBM Power Server direkt vor Ort zu nutzen, oder eine virtuelle IBM POWER-Maschine aus unserem Rechenzentrum in Frankfurt, bzw. aus einem anderen bevorzugten Cloud Center zu verwenden. Das auf Blockchain basierende Startup-Unternehmen Vereign hat sich zum Beispiel für IBM POWER9-basierte Server entschieden, um seine selbstverwaltete digitale Identitätslösung zu entwickeln. Hauptgründe für ihre Wahl waren vor allem die Sicherheit und die offene Architektur von IBM POWER.

MM: Welche Rolle spielt die starke Nachfrage im Bereich S/4HANA?
Schierholz: Viele Kunden teilen uns mit, dass sie es vorziehen, große SAP HANA-Installationen auf IBM POWER zu betreiben. IBM Power Systems – durch unsere Architektur – bieten Skalierbarkeit und Verfügbarkeit für SAP HANA Anwendungen. Die laufende Zusammenarbeit zwischen IBM Power Systems und SAP ermöglicht die Virtualisierung bei Bedarf über Hypervisor-Defined Funktionen in Power Systems. Dadurch können Kunden die Vorteile mehreren SAP HANA Enterprise Cloud-Service-Levels nutzen und ihre IT-Betrieb umgestalten, indem sie den Schwerpunkt von der Wartung der Infrastruktur auf Innovationen mit SAP HANA in der Cloud verlagern. Darüber hinaus profitieren die Kunden, weil sie unsere Power Cloud nach Bedarf nutzen können. Bei unseren Power- und Storage Utility-Angeboten installiert der Kunde 100% der Kapazität. Er zahlt jedoch nur für die tatsächlich genutzte Kapazität. Natürlich, entscheiden sich die Kunden auch dafür, IBM Power Vor-Ort zu betreiben. Zum Beispiel, nach der Standardisierung von SAP-Applikationen auf IBM Power Systems, IBM Storage und Red Hat Enterprise Linux, erhöhten die Unternehmen der BLANC & FISCHER Familienholding die Leistung um ein Drittel – mit der Hälfte der Prozessor-Cores.

Quelle: IBM

Ralph Demuth ist Vizepräsident Cloud und Cognitive Software Technical Executive für IBM Europa.

MM: Welche Auswirkung hat die derzeitige Pandemie auf die Digitalisierungsvorhaben und den Umstieg auf die Cloud bei den Anwendern?
Demuth: Im Zuge der fortschreitenden COVID-19-Pandemie sind Unternehmen auf der ganzen Welt bestrebt, ihre Abläufe zu modernisieren. Laut einer kürzlich von IBM durchgeführten IBV Studie planen 64 Prozent der befragten Führungskräfte die Umstellung auf ein stärker Cloud-basiertes Geschäftsmodell, um die digitale Transformation und die Einführung der Cloud in den nächsten zwei Jahren zu beschleunigen. Mit dieser Beschleunigung geht die Notwendigkeit einher, auch komplexe Enterprise Resource Planning ERP, wie zum Beispiel SAP, in der Cloud zu betreiben. Die Kunden können dann von den notwendigen Sicherheits- und Skalierungsanforderungen der Cloud profitieren. Um Kunden noch besser zu unterstützen, ihre SAP-Technologien schneller und einfacher in die Cloud zu bringen, hat IBM die Zusammenarbeit mit SAP erweitert, neue SAP Zertifikate erworben und das Partner-Ökosystem ausgebaut.

MM: Welche Vorteile haben branchenspezifische Clouds für hoch regulierte Branchen, wie etwa die Cloud für Finanzdienstleistungs-Unternehmen oder die Cloud für die Telekommunikationsbranche?
Demuth: Finanzdienstleister wie Banken und Versicherungen befinden sich in stark regulierten Branchen. Das bedeutet: Sie haben klare Auflagen in den Bereichen Data Privacy, Business Continuity und Security – zumindest, was deren Kernbankenprozesse angeht. Das passende IBM-Paket nennt sich „IBM Cloud for Financial Services“. Es geht hier nicht allein um eine Einzelmaßnahme, kombiniert werden vielmehr mehrere Bausteine. Ein Element sind beispielsweise die Zertifizierungen: IBM hat mit dem EBA Cloud Compliance Certificate eine Selbstzertifizierung entwickelt, um Kunden bei der Erfüllung der hohen regulatorischen Anforderungen der Banken- und Finanzbranche zu unterstützen. Das Zertifikat erfüllt die Voraussetzungen sowohl der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) als auch der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA).

MM: Und im Telekommunikationsbereich
Demuth: Mit der Cloud für Telekommunikation hat IBM die nächste Branchen Cloud angekündigt. Eine große Herausforderung in dieser Branche liegt darin, dass die Mehrzahl der Unternehmensdaten bis 2025 „on the edge“ erstellt und verarbeitet werden, und zwar auf Milliarden von angeschlossenen Geräten. Diese Verlagerung von Daten und Verarbeitung zum Edge erfordert eine durchgehende und sichere aber auch offene Plattform. IBM bietet den Telekommunikationsanbieters eine Lösung, die den Regulierungs- und Modernisierungsanforderungen dieser Industrie gerecht wird.

Rainer Huttenloher

IBM Cloud