Digitalisierung, Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), Automatisierung, Customer Experience und Omnichannel Handel: Diese Themen beschäftigen Retailer schon seit einigen Jahren und trotzdem stehen sie auch 2024 weiter im Fokus.
„Nahtlose Erfahrungen auf digitalen, sozialen und physischen Kanälen gehören zu wichtigen Trends im Einzelhandel“, sagt Philipp Rohe, Managing-Partner der retailsolutions AG. Nach seiner Einschätzung wird sich im Jahr 2024 die Nachfrage der Verbraucher nach Omnichannel-Erlebnissen wohl noch verstärken. Hinzu kommen Themen wie die Transformation in die Cloud oder Tools zur Prozessautomatisierung im laufenden Betrieb, die auch angesichts von Fachkräftemangel an Bedeutung gewinnen. Generell zeichnen, so Rohe, die folgenden Retail-Trends ab:
- Customer Centricity: Kunden rücken weiter in den Mittelpunkt. Als Trend im Fach- oder Onlinehandel bereits fortgeschritten, werden solche Modelle auch auf die Supermarktformate übertragen. Dort unterstützen Datenbanktechnologien und KI mit schnellen und sehr kundenindividuellen sowie datenbasierten Entscheidungen. Dies bedeutet, dass in der Filiale lokale und klein-regionale Sortimente an Bedeutung gewinnen. Für die Ansprache im Internet oder in der Werbung stehen aber klare, personalisierte Angebote und Empfehlungen in Sortiment und Preis im Vordergrund.
- Omnichannel: Omnichannel Sales wird seit Jahren im Einzelhandel praktiziert, aber 2024 wird eine noch höhere Vernetzung der Kanäle und Nachfrage der Verbraucher nach nahtlosen Erlebnissen auf digitalen, sozialen und physischen Kanälen erwartet. Entdeckt ein Kunde zum Beispiel ein Produkt in den sozialen Medien, kann er dieses nahtlos im Online-Shop erkunden und sich anschließend entscheiden, ein Geschäft zu besuchen, um es anzusehen oder anzuprobieren. Es liegt nun in der Verantwortung des Händlers, sicherzustellen, dass die Vorlieben des Kunden und sein Einkaufsverlauf nahtlos von einem Kanal auf den anderen übertragen werden – und er alle Informationen findet, die er benötigt, um eine Entscheidung zu treffen, unabhängig vom Kontaktpunkt. Der No-Line-Trend wird in Zukunft auch auf der Fläche gelebt. Sensortechnologie und die Vernetzung mit mobilen Geräten der Kunden erlauben dabei einen Einkauf ohne Personal. Weitergedacht werden auch in den Filialen mit Beratung und Verkauf durch Personal elektronische Verkaufsunterstützungen zu finden sein – etwa Informationsterminals zum Gebrauch und zu der Verwendung der Ware, zu Nachhaltigkeit und dem CO2-Abdruck des Artikels oder mit Rezensionen anderer Kunden. Auf mobilen Geräten der Verkaufsberater lässt sich zudem direkt in der Fläche bezahlen, der eigene Warenkorb des Onlinestores aufrufen oder die Art der Lieferung bestimmen. So brauchen Kunden nirgends anstehen und die oft gewünschte Sofortness wird gelebt.
- Cloud: Aufgrund der starken Vernetzung der Kanäle und Interaktionen mit den Kunden wird auch die Cloudtechnologie immer präsenter. So bieten die großen Hyperscaler Plattformen an, auf denen solche Technologien zur Vernetzung und KI direkt genutzt werden können – quasi out of the box. Die bekanntesten Softwareanbieter und ihre Warenwirtschaftssysteme sind auch Cloud-ready und bieten dadurch eine sehr gute Möglichkeit der Skalierung, um die notwendigen Datenmengen zu verarbeiten und Entscheidungen sowie Maßnahmen abzuleiten. Auch der Datenschutz lässt sich durch etablierte Modelle in der Cloud verbessern.
- Prozessautomatisierung: Auch Generationenprobleme wirken sich auf den Handel aus – vor allem in den nächsten Jahren. Sie sind geprägt von der Pensionierung der Babyboomer und dem geänderten Bewusstsein der Generationen Z & Alpha, wodurch sich der Fachkräftemangel verstärkt. Dies führt zum Bestreben, die Prozesse so weit wie möglich zu automatisieren und mit KI zu unterstützen. So helfen Chatbots und Texterkennungen beim Bestellen, ChatGPT, DeepAI und andere KI-Tools erzeugen und korrigieren Artikeltexte und -beschreibungen sowie Produktbilder oder lesen Informationen aus Bildern aus, welche dann in die Systeme eingespielt werden können. Diese Beispiele zur Automatisierung von Prozessen stellen nur den Anfang dar, weitere Funktionen werden sich in der Branche etablieren.
- Sustainability: Zunehmendes Bewusstsein für weltweite Umweltprobleme und soziale Herausforderungen braucht Transparenz. Immer mehr Kunden treffen Kaufentscheidungen auf Basis dieser Kriterien. Dies gilt für die Kunden des Discounters bis hin zu Käufern von Luxusprodukten. Neben der intrinsischen Motivation gibt es auch immer mehr gesetzliche Regelungen, die von den Händlern einzuhalten sind, ein Beispiel hierfür ist die Green-Deal-Initiative der EU. Flankierend kann die Awareness gegenüber dem Kunden durch einfache Maßnahmen unterstützt werden. So lassen sich beispielsweise Sammelstellen für Altwaren oder Gebrauchtangebote und Reparaturdienste anbieten. (rhh)