Moderne ERP-Systeme in der Cloud leben von ständiger Weiterentwicklung der Features, das gilt insbesondere beim Thema KI. Für viele Unternehmen ist das ein wichtiger Aspekt, jetzt auf eine zukunftsfähige Gesamtarchitektur zu setzen. Daniel Schmid, Chief Portfolio Officer der COSMO CONSULT Gruppe, erklärt, welche Sorgen überflüssig sind und wie die Migration gut gelingt.

Warum wird die Cloud im ERP-Umfeld immer wichtiger?

Vernetzung und die Nutzbarmachung von Daten sind für viele digitale Geschäftsmodelle entscheidende Erfolgsfaktoren. Im Umfeld produzierender Unternehmen etwa steht eine digitale Transformation an, die auf Cloud-Technologien wie IIoT, KI und Machine Learning basiert. Der Druck zu kürzeren Innovationszyklen, einer stärkeren Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kunden und einer agileren Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen ist in den letzten Jahren weiter gestiegen. Cloud-ERP bietet dabei eine wesentlich bessere Grundlage für Innovation und Agilität als ein ERP-System, das on-Premises läuft. Das trifft insbesondere dann zu, wenn das ERP Teil einer Cloud-Plattform wie Microsoft Azure ist. Sämtliche Werkzeuge und Datentöpfe lassen sich für die benötigte Vernetzung einfach integrieren – ohne den risikobehafteten Schnittstellenaufwand, der on-Prem anfällt. Auf der Azure-Plattform stehen Standard-Konnektoren für die meisten Sensoren, Edge-Technologien und Systeme bereit.

Wo liegen gerade mit Blick auf KI die wesentlichen Unterschiede zwischen on-Prem und ERP as a Service?

In der Cloud wird automatisch immer die jeweils aktuelle Version genutzt, mit der neuesten Funktionalität. Besonders wichtig ist das im KI-Umfeld, wie das aktuelle Beispiel Generative AI zeigt. Mit der KI-Assistenztechnologie Microsoft Copilot ist Gen AI auf Basis von ChatGPT direkt in den Anwendungen nutzbar. So steht auch im ERP perspektivisch immer mehr KI-Unterstützung bereit, beispielsweise um Produktbeschreibungen zu formulieren.

Viele KI-Services, beispielsweise rund um Vorhersagetechnologien oder den Digitalen Zwilling, lassen sich auf der Azure-Plattform buchen. Im für viele Unternehmen zunehmend wichtigen Bereich Data Analytics hat die Dynamik in den letzten Jahren stark zugenommen. Mittlerweile steht mit Microsoft Fabric erstmals Data Analytics as a Service bereit. Dabei werden sämtliche Aufgaben rund um Infrastruktur, das Zusammentragen, Aufbereiten und Analysieren der Daten übernommen. So lässt sich der Fachkräfte-Flaschenhals im Bereich Datenexpertise umgehen und viele (KI-) Anwendungsszenarien leichter skalieren.

Was sind die wichtigsten Vorteile von ERP as a Service?

In vielen Unternehmen fließt viel Aufwand in Wartung und Updates. Gerade Upgrade-Projekte sind aufwendig und binden traditionell viel IT-Personal, das dann weniger Zeit für strategische Aufgaben oder Innovationsthemen hat. Häufig gibt es in unterschiedlichen Niederlassungen oder Produktionsstandorten eines Unternehmens heterogene ERP-Versionsstände. Mit Cloud-ERP werden alle Lösungen automatisch auf dem aktuellsten Stand zur Verfügung gestellt. Neue Features lassen sich direkt hinzubuchen. Dafür ist häufig eine optionale Vorschau verfügbar, um die Funktion erst einmal auszuprobieren: Das erleichtert Innovation.

Wo gibt es noch Schwierigkeiten beim Kostenvergleich zwischen on-Prem und Cloud?

Bei einer ROI-Betrachtung von Cloud-ERP besteht die Herausforderung oft darin, auch die „weichen“ Faktoren in eine Rechnung einzubeziehen. Zum Beispiel muss beziffert werden, welchen Vorsprung das Unternehmen durch schnellere Innovationsprojekte erreicht – oder wie mehr Cybersicherheit zu Buche schlägt. Es reicht nicht aus, den aktuellen Lizenzpreis mit dem Subskriptionspreis zu vergleichen, schon weil in der Subskription auch Betrieb und Support enthalten sind. Die Praxis zeigt: In einer realistischen Rechnung ergeben sich mit Software as a Service in der Regel Einsparungspotenziale von rund 60 bis 80 Prozent pro Jahr über einen Zeithorizont von bis zu zehn Jahren, sofern tatsächlich alle Kosten betrachtet werden.

Wie hat sich die Stimmung mit Blick auf Cloud-Sicherheit Ihrer Erfahrung nach entwickelt?

Heute gibt es eine große Offenheit für das Thema, nachdem gerade deutsche Unternehmen lange aus Sicherheitserwägungen gezögert haben, sich auf die Public Cloud einzulassen. Vielfach besteht schon Cloud-Erfahrung, etwa im Office-Bereich. Zudem bekennen sich Cloud-Anbieter wie Microsoft klar zur DSGVO, bieten ein Hosting der Daten nur innerhalb der EU an und halten sich an den Code of Conduct für Cloud Provider (CISPE). Gerade vielen KMU ist klargeworden, dass dedizierte Cloud-Dienstleister ein Maß an Sicherheit und Verfügbarkeit garantieren, dass sich in den eigenen Räumen praktisch nicht erreichen lässt. Zudem bietet die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vollen Schutz.

Oft sind bestehende ERP-Lösungen über Jahre an die eigenen Prozesse angepasst worden, mit entsprechendem Customizing und Zusatzmodulen. Wie gelingt es, diese Investments in der Cloud zu bewahren?

Die Sorge um eigenentwickelte oder teure Anpassungen ihrer Standard-ERP-Systeme war oft ein Hemmschuh für Anwenderunternehmen. Allerdings zeigt die Praxiserfahrung unserer Migrationsexperten: Die Customizing-Anstrengungen lassen sich immer auch in der Cloud umsetzen. Dafür werden sie in der ursprünglichen Technologie auf den aktuellen Stand gehoben oder aber kurzfristig nachgebaut. Wenn diese Aufgabe sauber nach Cloud-nativen Prinzipien erledigt wird, sind auch Zusatzlösungen jederzeit automatisch Update-fähig.

Welche Rolle spielen LowCode-Plattformen bei der Anpassung und Weiterentwicklung von CLoud-ERP? Wird individuelle Entwicklung dabei nicht deutlich einfacher?

Auf jeden Fall! Mit LowCode/NoCode-Entwicklungsplattformen wie Microsoft Power Automate oder Power Apps verringert sich der Aufwand für Anpassungen deutlich. Die Entwicklungswerkzeuge nehmen sehr viel Arbeit rund um Security-Themen, Authentifizierung und das Deployment auf unterschiedlichen Endgeräten wie Smartphone oder Tablet ab. Sie erleichtern nicht nur den Umzug in die Cloud, sondern auch die individuelle Weiterentwicklung, etwa in Richtung Kunden-Apps.

Wie wichtig ist es dennoch, bestehende Prozesse vor dem Umzug noch einmal auf den Prüfstand zu stellen?

Ohne eine Überprüfung gewachsener Prozesslandschaften würden Unternehmen viele Optimierungspotenziale verschenken. Mit KI-Technologien wie Bild- oder Spracherkennung oder mittels Sensoreinsatzes können mittlerweile viele papierbasierte Zwischenschritte einfach automatisiert und die Prozesse erheblich verschlankt werden. Dazu zählen beispielsweise das Ablösen von repetitiven, manuellen Aufgaben und Medienbrüchen, das automatische Versenden von Alerts und der selbsttätige Austausch bestimmter Daten zwischen Geräten, Maschinen und Anwendungen. In Logistik und Fertigung lassen sich Optimierungspotenziale durch die Einbindung von Sensor- und Maschinendaten in die Prozesse heben, etwa für Predictive Maintenance oder  Predictive Control. Auch hier vereinfachen Low-Code-Entwicklungswerkzeuge die Umsetzung. Insbesondere bei überalterten, heterogenen Anwendungsumgebungen ist das Potenzial für eine Kostenreduktion in der Cloud hoch.

Was verändert sich mit der Cloud-Migration organisatorisch für die IT-Teams im Unternehmen? Welche Aufgaben dürfen nicht aus der Hand gegeben werden?

Einerseits wandern viele Standardaufgaben und die Sorge um Sicherheit und Verfügbarkeit zum Anbieter. Andererseits können die Cloud-Anbieter bestimmte kritische Aufgaben wie die Berechtigungsverwaltung nicht abnehmen. Vor allem muss die dauerhafte Kontrolle und Steuerung der Cloud-Anwendungen, speziell mit Blick auf die Kosten, intern geleistet werden. Hier sollte der Anbieter eine hohe Transparenz unterstützen. Durch den Umstieg auf „As-a-Service“-Konzepte verändern sich Selbstverständnis und Aufgabenbereiche der eigenen IT-Teams. Sie kennen sich besonders gut mit den Unternehmensprozessen aus und haben jetzt mehr Zeit, um gemeinsam mit den Fachabteilungen neue digitale Services oder Geschäftsmodelle voranzubringen, statt sich mit Routinetätigkeiten der Administration zu befassen. Wenn die IT durch eine Cloud-Migration mehr Spielraum erhält, kann sie innerhalb der Organisation zum echten Treiber von Digitalisierung werden.

Wie stark belasten Migrationsprojekte das Alltagsgeschäft?

Die Cloud-Lösungen und Migrationswerkzeuge bringen heute eine hohe technologische Reife mit, hier hat sich viel getan. Damit lässt sich der Umzug auch parallel zum Alltagsgeschäft leichter stemmen. Erfahrene Partner bringen erprobte Migrationskonzepte ein, mit denen sich potenzielle Probleme schon im Vorfeld erkennen und lösen lassen.

Welche Vorteile bringt eine Cloud-Plattform, auf der sich Master Data Management und eine Single Source of Truth umsetzen lassen?

Daten werden immer mehr zum zentralen Unternehmen-Asset. Eine verbindliche Quelle der Wahrheit sorgt dafür, dass Schluss mit den Problemen ist, die durch unterschiedliche Datendefinitionen und -interpretationen einzelner Silos entstehen. Prozessverbesserungen oder -automatisierungen, aber auch innovative neue Services und Apps lassen sich deutlich leichter umsetzen, wenn die Datengrundlage stimmt. Zudem lässt sich mit einem Master Data Management viel Datenmüll vermeiden, der perspektivisch höhere Kosten in der Cloud zur Folge hat. Darüber hinaus erleichtert ERP as a Service so die automatisierte Einhaltung von Compliance-Vorgaben.

Daniel Schmid CPO COSMO CONSULTQuelle: COSMO CONSULT

Daniel Schmid, CPO COSMO CONSULT

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