Das Jahr 2020 war für die Business-Welt in Sachen Digitalisierung ein zweischneidiges Schwert: Einerseits beschleunigten die Entwicklungen im Zuge der COVID-19-Pandemie die digitalen Transformationsprozesse vieler Betriebe. Andererseits bleibt die Stimmung geprägt von Unsicherheit bezüglich der nebulösen Zukunft, auf die wir zusteuern.

Technologie-Experten verdeutlichen die sich abzeichnenden-Trends des kommenden Jahres einen Kompass. Er soll Unternehmen helfen, sicher durch den Digitalisierungsnebel zu manövrieren.

Die Kompassnadel der Digitalisierung: Resilient zum digitalen Unternehmen

„Unter all den Branchen, die während der COVID-19-Pandemie mit Herausforderungen zu kämpfen haben, bleibt auch die Software-Sparte nicht verschont: In den letzten zwölf Monaten sind zahllose Anbieter entweder vollständig vom Markt verschwunden oder mussten ihr F&E-Konzept überdenken, da sie finanziell nicht in der Lage waren, den Makroveränderungen auf dem Markt standzuhalten“, fasst Joe Garber den Status quo zusammen.

Für den Vice President of Strategy bei Micro Focus ist zudem klar, dass viele Unternehmen nicht nur interne Herausforderungen meistern mussten, sondern sich ebenso auf Seiten ihrer Tech-Anbieter gezwungen sahen, mit sich plötzlich verändernden Herausforderungen konfrontiert zu sein: „Diese Auswirkungen werden noch lange spürbar bleiben. Software-Anbieter, die früh in eine solide Resilienz-Strategie investiert haben, werden gestärkt in das neue Jahr treten können.“

Norden: Das Ende des traditionellen Software Engineerings?

„Während sich die standardisierte Hardware durchgesetzt hat, traten immer mehr Software Engineers anstelle ihrer Hardware-Kollegen ins Rampenlicht“, bring es der Director of Product Management bei Micro Focus, Julian Fish, auf den Punkt. „Im kommenden Jahr werden wir eine ähnliche Veränderung beobachten können: ‚Laienentwickler‘ bzw. ‚Citizen Developer‘ könnten hochspezialisierten Fachkräften den Rang ablaufen, da sie keine spezifische Programmiersprache mehr nutzen, sondern vielmehr geschäftskritische Datenflüsse verstehen und nachvollziehen müssen.“

Nach seiner Einschätzung werden zukünftige Anwendungen auf Services aufbauen, die über Prozessabläufe, Orchestrierung und standardisierte APIs miteinander verbunden sind: „Wie sich das auf die traditionellen Bereiche des Konfigurations-, Qualitäts- und Release-Managements auswirken wird, werden wir beobachten können.“

Süden: Predictive Analytics – Data Lakes werden zu Ozeanen

„Viele Lösungen verfügen bereits über einen integrierten Data Lake und damit verbundene Analytics-Fähigkeiten – wie es im Rahmen von AIOps-, SecOps-, IDM- und ESM-Systemen der Fall ist. Im kommenden Jahr wird die Verbindung dieser Data Lakes immer mehr an Bedeutung gewinnen, da dies sowohl die Optimierung als auch Automatisierung verschiedener Unternehmensprozesse begünstigt“, gibt sich Lars Rossen überzeugt.

Der Fellow und Chief Architect bei Micro Focus verdeutlicht das an einem Beispiel: „Es sollten AIOps und SecOps Data Lakes für fortschrittliche Anweisungsmuster in Beziehung miteinander gebracht werden. Um Datenmissbrauch oder Governance-Probleme aufdecken zu können, gilt es, Identity Management und Enterprise Service Management Data Lakes zu verbinden. Zukünftig werden mehr Unternehmen planen, Lösungen für einen 360-Grad-Rundum-Einblick in ihre Unternehmensdaten zu implementieren – gleichzeitig werden sie jedoch auch erkennen, dass traditionelle Ansätze dafür nicht mehr ausreichen.“

Westen: Entdeckte Sicherheitslücken schließen

„Durch COVID-19 hat sich der Vorgang der digitalen Transformation signifikant beschleunigt. Allerdings wurde der Sicherheitsaspekt dabei oftmals hintenangestellt, wodurch Hackern die Tür zu den angreifbaren Netzwerken geöffnet wurde“, gesteht Neil Correa ein, seines Zeichens Cyber Strategist bei Micro Focus. „Unternehmen haben sich primär darauf fokussiert, das Tagesgeschäft am Laufen zu halten. Häufig wurden Sicherheitskontrollen in der Eile bei der Umstellung auf das neue Modell entweder umgangen oder nicht berücksichtigt.“

Angesichts der anhaltenden Volatilität und Ungewissheit hätten, so Correa, Sicherheitskontrollen nach wie vor keine Priorität und würden möglicherweise erst dann in Angriff genommen, wenn es zu einem Sicherheitsverstoß kommt. „Ein weiteres gefundenes Fressen für Hacker ist ‚Orphaned Data‘, das Entfernen und Löschen von Daten steht sehr weit unten auf der Prioritätenliste für Unternehmen, die in Konkurs geraten sind“, erklärt Correa. „Diese nicht verwalteten Systeme und Datenbanken, ob On-Premise oder in einer Third Party/Cloud Location, können entweder online bleiben oder werden nicht gelöscht, bevor sie von Hackern aufgegriffen oder verkauft werden.“

Osten: COBOL goes Cloud

„Nachdem im vergangenen Jahr die Hürden beseitigt wurden, um Legacy-Anwendungen erfolgreich in die Cloud zu übertragen, wird die Mainframe-Modernisierung im kommenden Jahr weiter fortschreiten und eine beträchtliche Menge MIPS (Millions of Instructions Per Second) in Public-Cloud-Umgebungen ausgeführt werden“, prognostiziert Lars Rossen.

Ein Grund seien die niedrigen Betriebskosten privater Mainframe-Rechenzentren bei der gleichzeitigen Schaffung von mehr Flexibilität in Sachen Skalierung. „Darüber hinaus ergibt die Verlagerung von Legacy-Anwendungen in die Cloud umso mehr Sinn, da die moderneren Anwendungen der Hybrid-Lösungen, von denen Legacy-Anwendungen einen Bestandteil bilden, bereits in der Cloud liegen“, ist Rossen überzeugt. (rhh)

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