Das Wartungsende der aktuellen Softwareversion Business Suite 7 hat SAP bis 2027 verlängert, gegen Aufpreis sogar bis 2030. Viele SAP-Kunden dürften daher aufatmen: Ihnen wird für die Umstellung auf die neue ERP-Version S/4HANA mehr Zeit gewährt. Dieser Aufschub wird auch dringend benötigt, denn viele Unternehmen hinken mit ihrer digitalen Transformation hinterher und haben häufig andere Prioritäten als die Umstellung ihrer ERP-Welt.
Zum anderen fehlt es vielerorts noch an einer konkreten Strategie zur Migration in die S/4-Welt. Ein weiteres Problem, auf das SAP mit seiner Ankündigung reagiert hat, ist der Mangel an Fachkräften zur ERP-Umstellung. Diese und weitere Ergebnisse veröffentlicht das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder in der Lünendonk-Studie „Mit S/4HANA in die digitale Zukunft – Status, Ziele und Trends bei der Einführung von S/4HANA im deutschsprachigen Raum“. Dafür wurden CIOs, IT-Leiter und CTOs von 153 Großunternehmen und Konzernen unterschiedlicher Branchen aus der DACH-Region befragt.
Die Migration hin zu S/4HANA mag für viele SAP-Kunden aufgrund der Wartungseinstellung der alten Version R/3 wie ein notwendiges Übel aussehen. Jedoch bietet der Wechsel den Unternehmen auch die Möglichkeit, die IT und ihre Geschäftsprozesse einer dringend notwendigen Modernisierung zu unterziehen. Lünendonk ermittelte daher in der Studie, welche geschäftlichen wie technologischen Potenziale sich Unternehmen erhoffen.
63 Prozent der Teilnehmer wünschen sich eine deutliche Verringerung des Wartungs- und Pflegeaufwands der ERP-Landschaft. Auffällig ist, dass Unternehmen dadurch nicht zwingend geringere IT-Betriebskosten erwarten. „Das Ergebnis lässt darauf schließen, dass eine gewisse Unsicherheit bei den neu entstehenden Lizenzkosten sowie den Kosten der indirekten Nutzung von S/4HANA besteht“, erläutert Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk & Hossenfelder und Studienautor.
Darüber hinaus sind Themen wie Prozessautomatisierung und die Vereinheitlichung von Datenbeständen aus Sicht der Studienteilnehmer ein Mehrwert, den S/4HANA bieten soll. Insbesondere Letzteres stellt eine zentrale Voraussetzung für digitale Geschäftsmodelle dar, um möglichst viele Daten auswerten, analysieren und auf dieser Basis selbstständig Entscheidungen treffen oder bei der Entscheidungsfindung unterstützen zu können.
S/4HANA eröffnet Businesspotenziale
Auf der Business-Seite hoffen die Anwender, mit der neuen ERP-Version den Anforderungen der Digitalisierung und der Marktakteure gerecht zu werden. Dies beinhaltet auch eine Anpassung der Geschäftsprozesse auf die Anforderungen der Digitalisierung. 40 Prozent der Studienteilnehmer legen einen sehr großen Fokus auf diesen Gesichtspunkt, weitere 30 Prozent einen großen Fokus.
Insbesondere Unternehmen aus der Finanz- oder Versicherungsbranche wollen durch die Migration zu S/4HANA zudem die Voraussetzungen für den Betrieb von Plattform-Ökosystemen schaffen. „Die Einsatzszenarien und Möglichkeiten zur Optimierung des Business durch S/4HANA sind vielseitig, sei es durch mehr E-Commerce-Aktivitäten, den Ausbau der Multi-Channel-Kundenkommunikation, die Digitalisierung und Automatisierung der Prozesslandschaft sowie die Entwicklung neuer datenbasierter Geschäftsmodelle“, fasst Tobias Ganowski, Junior Consultant bei Lünendonk & Hossenfelder, zusammen.
Unternehmen suchen Personal
Quelle: LünendonkWie die Marktforscher ebenfalls ermittelten, suchen Unternehmen im Zuge ihrer Planungen bei der ERP-Umstellung vor allem nach Fachkräften mit Geschäftsprozess- als auch ERP- und IT-Know-how. „Diese Skills werden von den befragten Unternehmen, die nicht nur eine technische Migration (Brownfield), sondern auch neue Geschäftsprozesse einführen (Greenfield), deutlich häufiger benötigt als von den übrigen Unternehmen“, erläutert Mario Zillmann. Business- und IT-Architekten werden ebenfalls stark nachgefragt. Zudem suchen Unternehmen nach erfahrenem Personal für den Aufbau von Cloud-Strukturen sowie zur agilen ERP-Anwendungsentwicklung. Für beide Werte notiert jedes zweite Unternehmen einen sehr starken bis eher starken Bedarf.
Solch umfangreiche Transformationsprojekte wie die Umstellung auf S/4HANA können Unternehmen in der Regel nicht aus eigener Kraft stemmen, sondern müssen mit externen Beratungen zusammenarbeiten. Die Studienergebnisse zeigen, dass so gut wie jedes Unternehmen (99 %) Referenzen über erfolgreich abgeschlossene Transformationsprojekte im S/4HANA-Umfeld als sehr relevante oder eher relevante Anforderung stellt, um als potenzieller Partner in Frage zu kommen. „Allerdings gibt es zurzeit noch nicht sehr viele Referenzprojekte.
Das macht es in der Praxis schwierig, entsprechende Kompetenzen im Auswahlverfahren vorzuzeigen, vor allem weil auch häufig ein spezifischer Branchenbezug gefragt ist“, beobachtet Tobias Ganowski. Darüber hinaus erwarten Unternehmen von ihren SAP-Dienstleistern ein fundiertes Know-how über die fachlichen und prozessualen Anforderungen der jeweiligen Branche und spezifischer Geschäftsprozesse wie beispielsweise Logistik, Produktion oder Finanzen. „Gerade weil die ERP-Systeme naturgemäß mit den Geschäftsprozessen verzahnt sind, ist der Bedarf an branchen- oder prozessspezifischen Fachlösungen auf Basis von S/4HANA sehr hoch – auch um weiterhin Wettbewerbsvorteile durch Prozess-Innovationen aufbauen zu können.“
Über die Lünendonk-Studie
Für die Lünendonk-Studie „Mit S/4HANA in die digitale Zukunft – Status, Ziele und Trends bei der Einführung von S/4HANA im deutschsprachigen Raum“ wurden 153 Großunternehmen und Konzerne aus der DACH-Region zu Strategien, Zielen und dem Status quo ihrer S/4HANA-Transformation befragt. Die Studienteilnehmer waren größtenteils CIOs, IT-Leiter sowie CTOs und stammen aus unterschiedlichen Branchen. Die Studie wurde in fachlicher Zusammenarbeit mit Datagroup, KPMG, Rödl Consulting, Salt Solutions und der msg-Gruppe erstellt und steht kostenfrei zum Download zur Verfügung. (rhh)