Das Tempo der technologischen Veränderungen und Innovationen in der Sicherheitsbranche war in den vergangenen zwölf Monaten rasant – und wird es auch 2024 bleiben. Zu den wichtigsten Technologietrends wie etwa das Potenzial generativer Künstlicher Intelligenz (KI). Doch diese Entwicklungen bringen auch Herausforderungen für Hersteller, Systemintegratoren und Endkunden mit sich.
2023 war das Jahr, in dem große Sprachmodelle (Large Language Models, LLM) als Grundlage für generative KI in das öffentliche Bewusstsein gerückt sind. Jedes Unternehmen untersucht potenzielle Anwendungsfälle für generative KI, und die Sicherheitsbranche ist da keine Ausnahme. Künftig werden wir Anwendungen sehen, die auf dem Einsatz von LLMs und generativer KI basieren.
Dazu werden wahrscheinlich Assistenten für Bediener gehören sowie ein interaktiver Kundensupport. Erstere unterstützen Unternehmen dabei, Videomaterial genauer und e?zienter zu interpretieren. Letzterer liefert nützliche und umsetzbare Antworten auf Kundenanfragen.
Darüber hinaus hat die generative KI ihren Wert in der Softwareentwicklung bereits unter Beweis gestellt, was sich im gesamten Sicherheitssektor als vorteilhaft erweisen wird.
Anwender und Unternehmen sollten aber auch der Risiken und potenziellen Fallstricke der generativen KI bewusst sein. Es wird noch Diskussionen geben, welche Modelle eingesetzt werden, ob zum Beispiel Open-Source- den proprietären Modellen vorgezogen werden sollten. Keinesfalls sollte dieser Diskurs einfach ignoriert werden.
Effiziente Lösungsverwaltung durch hybride Architektur
Hybride Lösungsarchitekturen werden zum neuen Standard für Sicherheitslösungen, da sie die Vorteile von On-Premise-, Cloud- und Edge-Technologien kombinieren. Damit erweisen sie sich sowohl für Anbieter, als auch Nutzer als leichter zugänglich und bieten mehr Flexibilität bei der Verwaltung einzelner Systemkomponenten.
Funktionen werden auf diese Weise effizienter genutzt und können an die einzelnen Anwendungsfälle und Bedürfnisse des Nutzers angepasst werden, statt die bevorzugte Struktur des Anbieters widerzuspiegeln. Auch die sich abzeichnenden Anwendungsfälle für KI-Unterstützung und Automatisierung lassen sich auf diese Weise flexibler und effizienter abbilden.
Sicherheit und Schutz werden differenzierter betrachtet
Sicherheit (engl. Security) und Schutz (engl. Safety) wurden bislang oft zusammen als ein einzelnes Thema betrachtet. In Zukunft wird hier mehr nach den jeweiligen Anwendungsfällen differenziert werden: Sicherheit bedeutet die Verhinderung vorsätzlicher, schädigender Handlungen – Einbruch, Vandalismus, Übergriffe auf Personen etc. – während Schutz auf unbeabsichtigte Gefahren für Menschen, Sachwerte und Umwelt abzielt.
Schutz wird in Zukunft zunehmend relevanter werden, da Faktoren wie der Klimawandel und die daraus resultierenden extremen Wetterbedingungen sowie strengere Regulierung hinsichtlich Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien im Tagesgeschäft für Unternehmen immer größere Risiken und Herausforderungen darstellen.
Videolösungen werden künftig noch stärker in Unternehmen eingesetzt werden, um die Einhaltung von Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien zu gewährleisten sowie als Teil von sicheren Arbeitsverfahren, wie dem Tragen der vorgeschriebenen persönlichen Schutzausrüstung (PSA). Bei Zwischenfällen wird die Videolösung ein zunehmend nützliches und wichtiges Instrument zur Analyse sein.
Öffentliche Regulierung und Compliance als Technologietreiber
In den Bereichen KI, Cyber-Sicherheit, Nachhaltigkeit und Corporate Governance wird die Entwicklung, Implementierung und Nutzung neuer Technologien zunehmend von regulatorischen Anforderungen vorangetrieben und gelenkt werden. Die Einhaltung dieser gesetzlichen Anforderungen wird aufgrund der zunehmenden internationalen Verflechtung der Märkte in Zukunft ein wesentlicher Faktor für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen werden.
Um dies leisten zu können, müssen Anbieter und Anwender eng zusammenarbeiten, da zunehmend Vertrauen, Transparenz und Compliance über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg gefordert werden. Auch die Geopolitik und die Handelsbeziehungen zwischen Nationalstaaten führen zu Vorschriften, die Transparenz bis auf Komponentenebene verlangen, wenn die Anbieter eine Lizenz für die Tätigkeit auf wichtigen internationalen Märkten behalten wollen.
Gesamtsystem steht im Fokus
Bei der Betrachtung der verschiedenen Aspekte eines Sicherheitssystems wird in Zukunft die Gesamtperspektive wichtiger werden, denn nur so können Innovationen vorangetrieben werden, die nicht nur einzelne Komponenten für sich allein, sondern das System als Ganzes verbessern. Gleichzeitig werden nicht mehr die Kosten einzelner Systemkomponenten – beispielsweise der ökologische Fußabdruck einer einzelnen Kamera – betrachtet werden, sondern die Gesamtbetriebskosten eines Systems.
Eine stärkere Fokussierung auf diese Kosten – finanziell, ökologisch und sozial – und deren transparente Darstellung wird es Anbietern zunehmend erschweren, diese Kosten isoliert von ihrer eigenen Wertschöpfungskette und der ihrer Kunden zu betrachten.
Philippe Kubbinga ist Regional Director Middle Europe bei Axis Communications.