Der Einsatz von Homeoffices auf breiter Front verspricht viele Vorteile – hat aber auch seine Schattenseiten. Fragen des Midrange Magazins (MM) zu diesem Themenkomplex haben sich die Rechtsanwältin Marie-Ivonne Otisi-Schaarschmidt (Vorständin RA-MICRO Software AG) und Rechtsanwalt Dr. Peter Becker (Firmengründer von RA-MICRO Software AG) gestellt.
MM: Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Thema Homeoffice in den Unternehmen entwickeln?
Otisi-Schaarschmidt: Wir gehen davon aus, dass Homeoffice in Zukunft eine größere Rolle spielen wird. Die Unternehmen erkennen gerade, dass sie mit der richtigen Organisation und technischen Ausstattung die volle Produktivität auch im Homeoffice erhalten können. Es stellt sich die Frage, ob die aktuell leerstehenden Büroflächen in der jetzigen Größenordnung noch notwendig sind. Wir sehen hier viele positive Effekte für Mitarbeiter und Unternehmen: von Zeitersparnis beim Arbeitsweg über geringere Kosten für Miete bis hin zu größeren Auswirkungen auf den Immobilienmarkt und Umweltschutz.
MM: Welche Rolle spielt beim Einsatz von Homeoffices das Thema Sicherheit?
Becker: Mit der Sicherheit steht und fällt ein mögliches Arbeiten im Homeoffice für die Mitarbeiter. Wir haben speziell dafür das virtuelle Büro vOffice entwickelt. vOffice nutzen neben Unternehmen auch viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Die Messlatte, ab wann wir von einer sicheren virtuellen Umgebung sprechen, liegt entsprechend hoch. Wir setzen deswegen bei der Kommunikation auf eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.
MM: Was müssen Unternehmen beachten, damit beim Einsatz von Homeoffices auf breiter Front das Thema Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht aus dem Ruder läuft?
Otisi-Schaarschmidt: Datenschutz wird oftmals als Hemmschuh oder lästiges Übel gesehen, dem man notgedrungen entsprechen muss. Gerade bei verteilten Arbeitsplätzen und heimischen WLANs ist eine gut überlegte Strategie zum Datenschutz aber unumgänglich. Aus unserer Sicht ist die DSGVO für Unternehmen ein Anreiz, für eine sichere Arbeitsumgebung zu sorgen. Wer die Vorgaben der DSGVO einhält und Software nutzt, die den Anforderungen entspricht, bei dem sind auch die Unternehmensdaten und Kommunikationsinhalte geschützt. Deswegen war es uns wichtig, vOffice hinsichtlich der DSGVO-Konformität begutachten zu lassen und hier die Expertise von Experten einzuholen.
MM: Welche technischen Mittel sind nötig, um die Sicherheit der Informationen bei verteilten Unternehmen garantieren zu können?
Becker: Viel weniger, als man denkt. Je nach Unternehmensabläufen müssen natürlich die Daten und der Zugang zu ihnen sicher geschützt werden. Dazu reicht häufig ein VPN-Tunnel. Zentral sind aber nicht nur Kundendaten oder andere Informationen, an die man beim Stichwort Datensicherheit vielleicht denkt. Wir müssen auch für Gespräche im Unternehmen und mit Außenstehenden eine Umgebung schaffen, die ein vertrauliches Gespräch garantiert. Produktivität und Kreativität entstehen nur dann, wenn die Mitarbeiter sich sicher fühlen. Wenn nicht klar ist, wer noch Zugriff auf Kommunikationsinhalte hat oder über welche Server die Daten laufen, ist das keine sichere Umgebung.
MM: Wie lässt sich das Thema Produktivität – etwa welche Mitarbeiter verfügbar sind – in einer auf viele Homeoffices verteilten Unternehmensstruktur sicherstellen?
Otisi-Schaarschmidt: Zu dieser Frage haben wir uns im Frühjahr 2020, als Homeoffice plötzlich in großem Umfang zur Realität wurde, viele Gedanken gemacht. Uns war wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz räumlicher Trennung ein Zusammengehörigkeitsgefühl behalten. Kreativität und dadurch Produktivität entsteht im Zusammenwirken von Menschen. Deswegen haben wir vOffice entwickelt und bilden damit die Büro-Realität im virtuellen Raum ab. Über vOffice führen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gespräche und sehen, wer gerade anwesend ist. Brauche ich schnell eine Information oder möchte kurz etwas besprechen, muss ich nicht erst lang eine Besprechung planen, sondern klopfe beim Kollegen an, als wäre er im Büro neben mir.
Rainer Huttenloher