Für integrierte Systeme mit einheitlichen Datenbanken liefern Zukunftstechnologien neue Möglichkeiten für Automatisierung und Prognosen. Hier spielen die Technologien Maschinelles Lernen (ML) und Künstliche Intelligenz (KI) eine gewichtige Rolle.

Die Automatisierung von Geschäftsprozessen nimmt zu. Immer häufiger kommen dabei neue Technologien wie ML und KI ins Spiel. Im ERP-Umfeld lassen sich damit Abläufe optimieren und vorausschauende Analysen (Predictive Analytics) realisieren. Unternehmen können so zum Beispiel ihre Lieferfähigkeit sicherstellen und Überkapazitäten vermeiden. Zudem führt die Automatisierung zur Entlastung der Mitarbeiter und einer schnelleren Entscheidungsfindung.

Mithilfe KI-basierter Lösungen lassen sich vor allem Produktionsprozesse genauer steuern. Dies gelingt beispielsweise durch die präzise Bestimmung von zu erwartenden Produktionsmengen aufgrund der datengestützten Auswertung von Auftragseingängen. Verantwortliche in Logistik und Einkauf erhalten so wichtige Handlungsempfehlungen zu Bestellmengen für Bauteile und Komponenten, die sie bei ihren Zulieferern in Auftrag geben müssen.

Derartige Aufgaben kann das ERP-System automatisiert übernehmen. Zudem ist es auf Basis entsprechender Informationen möglich, erforderliche Kapazitäten bei Mitarbeitern und Maschinen genauer zu bestimmen. KI-gestützte Software analysiert etwa Verkaufsdaten aus der Vergangenheit und errechnet unter Berücksichtigung bestimmter Parameter der gegenwärtigen Geschäftsentwicklung, welche Absatzmengen am wahrscheinlichsten sind. Hieraus lassen sich abermals Rückschlüsse auf anstehende Produktionsmengen und hierfür benötigte Ressourcen ziehen.

Selbstlernende Systeme können ihre Prognosen zudem von Jahr zu Jahr automatisch präzisieren und folglich immer genauere Handlungsempfehlungen abgeben. Dies liegt daran, dass sie zur Erstellung ihrer Forecasts auf stetig wachsende Datenmengen und einen konstant zunehmenden Erfahrungsschatz zurückgreifen können.

Lieferfähigkeit sichern, Überkapazitäten vermeiden

KI und Machine Learning im ERP-Umfeld helfen Unternehmen, zu jeder Zeit lieferfähig zu sein, aber auch Überkapazitäten im Rohwaren- und Endwarenlager zu vermeiden. Betriebe können so das Risiko unnötiger Kapitalbindung durch nicht genutzte Lagerbestände spürbar minimieren. Außerdem steigt die Planungssicherheit hinsichtlich aller Ressourcen, die Einfluss auf den Produktionsprozess haben – von benötigten Bauteilen, über den Maschinenpark bis zur einzelnen Arbeitskraft.

Mithilfe von KI und ML lassen sich diesbezüglich ganzheitliche und abteilungsübergreifende Analysen fahren: In die Berechnung der Fertigungsmenge eines bestimmten Produkts und der dafür nötigen Ressourcen fließen in diesem Zusammenhang nicht nur die bestehenden Lagerbestände mit ein. Das System wertet auch vorhandene Rohwarenmengen sowie zur Verfügung stehende Kapazitäten in Maschinenpark und Belegschaft aus.

Konsolidierte Datenbanken als Voraussetzung

Ein weiteres Einsatzfeld von KI im ERP-Umfeld sind Chatbots, die Arbeitsprozesse automatisieren, indem sie häufig wiederkehrende und gleich ablaufende Prozesse, die in Dialogform mit einer begrenzten Zahl von Frage- und Antwortmöglichkeiten auskommen, mit sprachbasierten Benutzerschnittstellen erledigen. Unternehmen können mit ihnen beispielsweise Routineaufgaben wie das Erfassen von Einnahmen und Ausgaben automatisieren. Damit dies gelingt, müssen alle erforderlichen Daten jedoch in einer konsolidierten Datenbank vorliegen.

Das heißt: Sollen KI und ML in ein System eingebunden werden, ist ein integriertes ERP-System eine Grundvoraussetzung. Denn nur so lassen sich alle relevanten Geschäftsbereiche eines Unternehmens einheitlich und verlässlich verwalten. Die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) verfügen über ausreichend Datenmaterial, um mit ihm auf Basis von KI und Machine Learning Analysen durchführen zu können.

Oft liegen diese Informationen aber nicht in einer einheitlichen Datenbank vor, da für die Steuerung der Produktion, die Lagerverwaltung und den Einkauf sogenannte Insellösungen, also eigenständige Systeme mit voneinander getrennten Datenbanken, im Einsatz sind. Hier empfiehlt es sich also, zunächst auf ein integriertes System umzusteigen, um so die nötige Datenbasis für die Implementierung und den Einsatz entsprechender Automatisierungstechnologien zu schaffen.

Mehr Zeit für höherwertige, strategischere Tätigkeiten

Und was bedeutet eine derartige Entwicklung für das wichtigste Unternehmens-Asset, die Belegschaft? Die meisten Mitarbeiter sehen einer zunehmenden Automatisierung positiv entgegen. So erklären 70 Prozent der Befragten in der PwC-Studie „Upskilling Hopes and Fears“, dass neue Technologien ihre tägliche Arbeit verbessern werden. Der Mensch wird künftig in diesem Zusammenhang vor allem mit der Überwachung von IT-Prozessen und der Auswertung von Ergebnissen, die er durch intelligente ERP-Systeme erhält, beschäftigt sein.

Zeitfressende Routineaufgaben werden hingegen deutlich abnehmen. Dadurch werden bei den Mitarbeitern Kapazitäten frei, die sie für Tätigkeiten mit unmittelbarem Wertschöpfungsbezug – etwa die Weiterentwicklung strategischer Geschäftsfelder – nutzen können. Insgesamt werden durch KI und ML neue und anspruchsvollere Arbeits- und Einsatzfelder entstehen, die das Skill-Set der Mitarbeiter spürbar verändern werden.

Vor diesem Hintergrund wünschen sich der PwC-Studie zufolge viele Arbeitnehmer eine größere Anzahl an Trainings und Schulungen vonseiten ihrer Arbeitgeber, um entsprechende Anwendungen auch in den Arbeitsalltag integrieren zu können. 81 Prozent würden demnach Weiterbildungsmöglichkeiten von ihrem Arbeitgeber zum besseren Verständnis und der Nutzung von Technologien wie Künstlicher Intelligenz und Machine Learning wahrnehmen. Ein klarer Appell an die Unternehmen.

Oliver Henrich ist Vice President Product Engineering Central Europe bei Sage.

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