Nach wie vor steht der Mittelstand vor der Aufgabe, die Digitalisierung im Unternehmen effizient umzusetzen. Dabei fällt der Kombination aus ERP- und MES-System eine tragende Rolle zu. Im Interview mit Midrange Mail (MM) erläutert Sven Hertel, Senior Manager Solutions Consultants bei Oxaion/Aptean, wie Organisationen den damit verbundenen Herausforderungen optimal entgegnen können.

MM: Flexibilität dank Digitalisierung – diese Devise verfolgen viele Unternehmen. Was muss ein ERP/MES-System vor allem können, um hier keine „Bremse“ zu sein?
Hertel: Innerhalb der Aptean Gruppe konzentrieren wir uns am DACH-Markt mit dem kombinierten Aptean ERP oxaion Edition und dem Aptean MES Syncos Edition auf die Anforderungen mittelständischer Unternehmen. Nach unserer Erfahrung spielen dabei vor dem Hintergrund der auf Hochtouren laufenden Digitalisierung eine ganze Reihe von Hauptkriterien eine entscheidende Rolle: Zunächst einmal ist der generelle Branchenfit ein wichtiges Kriterium für den operativen Betrieb im Unternehmen. Müssen zu viele funktionale Lücken geschlossen werden, um das System effizient in die produktive Nutzung zu bringen, so verlieren Unternehmen zu viel Zeit und Energie bei der Implementierung. Uns ist daher wichtig, dass wir mit vorkonfigurierten Branchenlösungen, für unterschiedliche Unternehmensgrößen möglichst passgenaue Unterstützung bei der Implementierung und im Betrieb unserer ERP/MES-Lösungen in der jeweiligen Branche erreichen können.

MM: Wie lautet das zweite Kriterium?
Hertel: Der funktionale Aspekt ist nur ein Teil der gesamten Lösung. Ein wichtiger weiterer Bereich ist die integrierte Verfügbarkeit neuer Technologien wie z.B. LowCode-Software Mobility mit native- und Web-Apps sowie künstliche Intelligenz beispielsweise für voll automatisierte Bestelleingangs-verarbeitungen oder Vorhersagen zu Ausschuß, Störungs- und Stillstand in der Produktion. Diese Technologien vermögen es, die Digitalisierung insbesondere in mittelständischen Unternehmen maßgeblich zu beschleunigen, denn dort erkennen wir gegenüber großen Unternehmen häufig einen Rückstand im Bereich der Digitalisierung. ERP/MES-Systeme, die diese Technologien nicht mitbringen stehen schnell in der Sackgasse und können ohne Systemwechsel nicht mehr weiterentwickelt werden.

Quelle: Oxaion/Aptean

Sven Hertel ist Senior Manager Solutions Consultants bei Oxaion/Aptean.

MM: Was hindert Unternehmen ansonsten noch in Bezug auf die Digitalisierung?
Hertel: Eine weitere potenzielle Bremse in der Digitalisierung eines mittelständischen Unternehmens ist es, wenn das ERP/MES-System keine ausreichende Integrationsfähigkeiten besitzt. ERP/MES ist zwar in der Regel die Kernapplikation im Unternehmen, doch gibt es in jedem Projekt weitere Softwaresysteme wie z.B. PLM, EDI-Systeme, Routenplanung oder Webshops, die integriert werden müssen, um die Geschäftsabläufe vollständig zu digitalisieren. Für uns ist daher von zentraler Bedeutung, mit modernen und offenen Integrationsmöglichkeiten – angefangen von einer leistungsfähigen Echtzeit-Maschinen- und Prozessdatenanbindung via OPC-UA bis hin zu einem universellen Backend-REST-API Framework sowie umfassenden Frontend Java-Spring-Boot-Endpunkten, das ERP/MES-System nahtlos in die bestehende IT-Infrastruktur zu integrieren und Innovationen voranzutreiben.

MM: Inwieweit spielt das Thema „ERP/MES aus der Cloud“ eine Rolle?
Hertel: Die „Cloud-Verfügbarkeit“ würde ich als weiteres zentrales Kriterium benennen, damit ein ERP/MES-System für mittelständische Unternehmen nicht zur Digitalisierungsbremse wird. Nach aktueller Bitkom Studie arbeiten 9 von 10 Unternehmen bereits mit Cloud-Anwendungen, ca. 30 Prozent der Cloud-Anwendungen liegen schon jetzt im Bereich ERP. Aufgrund des Fachkräftemangels sowie signifikanter Sicherheitsbedrohungen, die in einer klassischen“ OnPremise ERP/MES-Installation“ nur mit hohem personellem Aufwand abzuwehren sind, werden wir in den nächsten Jahren einen deutlichen Anstieg der ERP/MES-Nutzung in der Cloud sehen.

MM: Was erachten Sie dabei als Voraussetzungen?
Hertel: Dass ERP/MES-Hersteller in unterschiedlichen Cloud Szenarien verfügbar sind. Wir bei Aptean bieten daher umfangreiche Deployment-Szenarien an und unterstützen von IaaS, Hybrid-Cloud bis Cloud Native flexibel und passgenaue Deployment-Szenarien. Insgesamt muss ein ERP/MES-System für mittelständische Unternehmen ein flexibles Werkzeug sein, das sich den individuellen Anforderungen anpasst und gleichzeitig eine nahtlose Integration und Innovation ermöglicht. Nur so kann es dazu beitragen, die Devise der Flexibilität in der Digitalisierung erfolgreich umzusetzen.

MM: Wie lässt sich die Anforderung Anywhere – Anytime – Any Device am besten umsetzen und wie verändert das den Charakter einer typischen ERP/MES-Lösung?
Hertel: Die Erwartungshaltung von ERP/MES-Anwendern an klassische Business Software hat sich – nicht zuletzt aufgrund der privaten Nutzung von Apps auf Smartphones und Tablets grundlegend geändert. Aufwendige Client-Installationen mit umständlicher Zugänglichkeit sind genauso wie weit verzweigte Menüs mit komplizierter Maskenaufteilung heutzutage kaum noch vermittelbar. Mit dem Ansatz Anywhere – Anytime – Any Device ändert sich daher der Charakter einer ERP/MES-Lösung grundlegend und damit maßgeblich auch der Fokus in unserer Software-Entwicklung.

MM: Soll heißen…?
Hertel: …unter dem Motto „Mobile first!“ ist die Mobilität ein zentrales Thema in der Weiterentwicklung unseres digital Workplace „Nucleus“. Nucleus ist eine responsive Cross-Device- und Cross-Browser Anwendung und durchgängig über Touch bedienbar. Sie kann daher von jedem Anwender mobil über beliebige Endgeräte bedient werden, dies wird in Zeiten von „Bring your own Device“ immer relevanter. Selbstverständlich beinhaltet Nucleus auch social ERP und Pinnwand-Funktionalitäten.

MM: Was bedeutet das für die Anwender?
Hertel: User Experience Design/User Interface Design (UI/UX) hat in unser Software einen zentralen Stellenwert. Es sorgt dafür, dass alle Anwender rollenbasiert funktional und intuitiv gestaltete Bedieneroberflächen nutzen können, einen perfekten Überblick haben und in ihrem Tagesgeschäft optimal unterstützt werden.

MM: Komfortablere Bedienung und sicheres Anwenden – sind das nicht gegenläufige Trends?
Hertel: Neben den User-Anforderungen müssen selbstverständlich auch die Sicherheitsanforderungen der mittelständischen Unternehmen voll abgedeckt sein. So kombiniert Nucleus flexiblen Cloud-Betrieb und den sorgfältigen Umgang mit sensiblen Unternehmensdaten. Deshalb ist Nucleus komplett verschlüsselt und mit Multifaktor-Authentifizierung sowie Identity Provider Integration ausgestattet.

MM: Wie lassen sich die gewünschten Bezugsmodelle für ERP/MES-Software am besten unterstützen?
Hertel: Die Anforderungen des Mittelstands hinsichtlich des Lizenzmodells, Application Management und Hardware-Betrieb sind nach unserer Erfahrung sehr vielfältig. Falsch wäre es aus unserer Sicht Kunden in eine bestimmte Richtung zu pressen, unser Ziel ist es eine breite Kombinationsmöglichkeit mehrerer Optionen anzubieten.

MM: Was verstehen Sie darunter?
Hertel: Dazu gehören bei uns z.B. im Application Management verschiedene Managed Services für Software, Upgrade und Customization-Anforderungen, aus denen der Kunde flexibel auswählen und buchen kann. Darüber hinaus können unterschiedlichste Hardwarebetriebe von Inhouse, Housing oder Infrastructure as a Service gewählt werden. Zusätzlich steht nun auch ein Multi-Tenant Cloud native Deployment, basierend auf Docker und Kubernetes-Technologie mit komplettem Management der technischen Infrastruktur durch Aptean 24 / 7 zur Verfügung.

MM: Welche Auswirkungen hat das auf das Thema Lizenzierung?
Hertel: Klar, dass es neben den technischen Variationen auch unterschiedliche Modelle in der Lizensierung unserer ERP/MES-Lösung gibt, denn auch hier sind die Wünsche vielfältig. Frei nach dem Motto „you name it“ unterstützen wir somit nahezu jeden Ansatz, den unsere Kunden verfolgen. Selbstverständlich ist die Beratung unserer Kunden bei der Findung des passgenauen und zukunftsfähigen Modells oft ein wichtiger Bestandteil der Vorgespräche, in denen wir mit unserer Fachexpertise unterstützen. (rhh)

Oxaion/Aptean