Mittlerweile kommt in vielen Unternehmen eine robotergesteuerte Automatisierung für repetitive Tätigkeiten zum Einsatz. Die dabei ermittelten Daten können helfen, standardisierte Abläufe im ERP-System zu vereinfachen – beispielsweise in der Finanzbuchhaltung.

Komplexere Geschäftsprozesse, die sich in ERP-Systemen nicht abbilden lassen, können auf diese Weise allerdings nicht digitalisiert werden. Für eine höhere Wettbewerbsfähigkeit und mehr Flexibilität, müssen Unternehmen ihre Best Practices optimal und flexibel in individuell angepassten IT-Anwendungen abbilden. Um dabei agil und gleichzeitig effizient vorgehen zu können, empfiehlt es sich, bei der Prozessautomatisierung auf eine Low-Code-Plattform zu setzen.

Viele Firmen betrachten ihr ERP-System als das Herzstück oder „IT-Rückgrat“ ihrer Prozesse. Denn es sorgt dafür, dass die grundlegenden Abläufe verlässlich funktionieren und dass alles gesetzeskonform erfasst und berichtet wird. Wenn es jedoch darum geht, innerhalb des ERP-Systems bestehende Prozesse und Anwendungen zu verändern, stößt man schnell auf eine Unzahl von Altlasten und Abhängigkeiten untereinander.

Dies kann die Anpassung oder Entwicklung von Applikationen, welche die individuelle betriebliche Realität eines Unternehmens abbilden, erschweren und verlangsamen. Unternehmen benötigen daher neben dem IT-Rückgrat auch ein funktionierendes und effizientes „IT-Nervensystem“, das schnell und flexibel wachsen kann. Damit laufen alle Prozesse effizient ab, und es können diese jederzeit an neue Anforderungen angepasst werden.

Was früher nur als teure und wartungsintensive Individualprogrammierung umsetzbar war, geht heutzutage unter der Verwendung von Low-Code-Plattformen schnell, einfach und ohne IT-Personalressourcen langfristig zu binden. Moderne Plattformen unterstützen zudem die effiziente Zusammenarbeit zwischen Business und IT mittels agiler Methoden wie Prototyping und MVP (Minimal Viable Product), was zu besseren Ergebnissen in kürzerer Zeit führt.

Mit der richtigen Low-Code-Lösung können Unternehmen dutzende Prozesse pro Jahr erfolgreich digitalisieren. Damit heben sie sich deutlich vom Durchschnitt der Unternehmen ab, denen zum Großteil nur die Umsetzung für einen oder zwei Prozesse pro Jahr gelingt (Quelle: Low-Code-Studie 2022, Foundry).

Verlässlichkeit und Anpassbarkeit

Eine gute Low-Code-Lösung sollte vor allen Dingen performant sein, um das Vertrauen der Anwender zu garantieren. Der geregelte Betrieb muss stets durch zuverlässige Prozesse und deren Erfassung gewährleistet sein. Mittlerweile hat es sich bewährt, dass Mitarbeiter aus den Fachabteilungen mit der IT-Abteilung gemeinsam maßgeschneiderte Business-Anwendungen entwickeln – das sogenannte Citizen-assisted Development. Auf diese Weise lässt sich die Digitalisierung von Prozessen effizient und erfolgreich vorantreiben. Dank eines solchen Vorgehens steigern Unternehmen ihre Leistung und Innovationskraft.

Vor diesem Hintergrund bietet eine ideale Plattform zudem Anpassungsmöglichkeiten für die umgesetzten Anwendungen – nicht nur während der Entwicklungsphase, sondern auch während des gesamten Lebenszyklus. Nur so lassen sich die Prozesse genauso abbilden, wie sie tatsächlich im Arbeitsalltag stattfinden. In der Praxis passen sogar zahlreiche Firmen ihre Prozesse bei Bedarf für einzelne Kundenprojekte an.

Dies ist nur ein geringer Aufwand, der aber einen deutlichen Mehrwert in Bezug auf die Prozesseffizienz für bestimmte Vorhaben mit sich bringt. Und das verbessert die Qualität oder Nachvollziehbarkeit der digitalisierten Vorgänge durch die individuelle Anpassung.

Updates, Rollbacks und Sicherheit

Um die dadurch entstehende Kultur der stetigen Verbesserung von Prozessen auch tatsächlich in der Organisation zu verankern, muss die Prozessplattform diese laufenden Anpassungen nicht nur ermöglichen, sondern sollte sie weitestgehend unterstützen. So lassen sich Aufwand und Wartezeit auf Anpassungen möglichst gering halten, und der operative Betrieb wird nicht gestört.

Beim einem Cloud-first-Ansatz müssen Anwender außerdem bedenken, dass sich bestimmte Daten und Prozesse aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen, Zertifizierungskriterien oder auch internen Richtlinien nicht in die Cloud verlagern lassen. Im Idealfall ermöglicht eine Low-Code-Plattform das Hosting sowohl vor Ort als auch in der Public Cloud. Sie steht vollständig isoliert in einem separaten Tenant oder als SaaS-Plattform (Software-as-a-Service) in einer öffentlichen Cloud zur Verfügung.

Stets Hand in Hand mit dem ERP

Die Anwendungen müssen unterschiedlich tief in das ERP-System integriert werden, um die entsprechenden Prozesse zu erweitern. Zum Beispiel kann die Erfassung neuer Kundenstammdaten im ERP als Ausgangspunkt für die Überprüfung der Kreditwürdigkeit eines neuen Kunden dienen. Am Ende lässt sich das errechnete Kreditlimit an das ERP übergeben und dort in den Stammdaten hinterlegen.

Das ERP-System dient dabei als Datenquelle oder als Datensenke des jeweiligen Prozesses. Auch lassen sich Daten aus Abläufen übertragen, die außerhalb des ERP stattfinden. Beispielsweise wird nach der Freigabe automatisch ein Beschaffungsauftrag im ERP generiert.

Eine vernünftige Nutzererfahrung ist bei einer Applikation essenziell. Wenn eine Anwendung mit Informationen überladen ist, sinkt die User Experience und damit die Akzeptanz. Je einfacher eine Applikation ist, desto geringer ist der Frust der Anwender. Idealerweise sehen diese nur die relevanten Informationen und Eingabeoptionen, dargestellt in einem übersichtlichen Formular. Außerdem sollten sie nicht ihre gewohnte Office-Umgebung verlassen müssen, um ihre Aufgaben zu erledigen.

Um die digitale Transformation zu einem Erfolg zu machen, müssen Unternehmen ihr Prozessrückgrat um ein flexibles Nervensystem erweitern, das schnell wachsen und sich jederzeit an Änderungen anpassen kann. Integrierte Low-Code-Plattformen bieten hierfür die optimalen Voraussetzungen. Sie ermöglichen es, Prozesse überall im Unternehmen zu digitalisieren und Anwendungen zu erstellen.

Entscheidend ist, dass die Plattform auf sich ändernde Anforderungen flexibel reagieren kann. Sie sollte die Nutzer während des gesamten Lebenszyklus der ausgelieferten Anwendungen unterstützen – und nicht nur während der Entwicklungsphase die Produktivität steigern. Nur dann lässt sich das volle Potenzial von Low-Code im Unternehmen ausschöpfen.

Philipp Erdkönig ist Consultant bei WEBCON.

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