Der Countdown läuft unerbittlich: Bis 2030 endet für die letzten verbliebenen Nutzer der klassischen SAP ERP-Lösungen SAP R/3, Business Suite 7 und ERP 6.0 der Herstellersupport. Die Zukunft gehört SAP S/4HANA.
Seit Einführung der Softwareplattform im Jahr 2015 werden nun erstmals höhere Investitionen in S/4HANA getätigt als in die SAP Business Suite, wie der Investitionsreport 2020 der DSAG ergab. Da die Migration einer für den Geschäftserfolg so entscheidenden Softwarelösung ein langwieriges und komplexes Unterfangen ist, sind SAP-Anwender gut beraten, ihre S/4HANA-Projekte zeitig anzuschieben.
Eine aktuelle Befragung von SAP-Verantwortlichen in 122 deutschen Unternehmen unterschiedlicher Branchen ergab, dass die Dringlichkeit jedoch noch längst nicht bei allen angekommen ist. So haben 22 Prozent der Befragten noch keine Entscheidung über die Systemablösung getroffen, ein weiteres Drittel steckt noch in den Vorbereitungen.
Eine zentrale Neuerung der auf der In-Memory-Datenbank SAP HANA basierenden ERP-Lösung ist ein geändertes Datenmodell. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Migration von Geschäftspartnerdaten, beziehungsweise Stammdaten aus Altsystemen nach SAP S/4HANA. Die im Auftrag von Uniserv befragten Unternehmen sehen die Migration ihrer Geschäftspartnerdaten im Rahmen des Umstiegs auf SAP S/4HANA zu 89 Prozent als „sehr wichtig“ an.
Ein Umstieg ist dabei für Unternehmen eine Chance, einen Kardinalfehler von Migrationsprojekten zu vermeiden: fehlerbehaftete, unvollständige und veraltete Geschäftspartnerdaten in das neue System zu übernehmen und somit direkt mit einer unzureichenden Datenbasis zu starten. Wer seine Daten nach SAP S/4HANA erfolgreich umziehen möchte, sollte folgende vier Tipps beherzigen.
Tipp 1: Das neue Datenmodell von SAP S/4HANA verstehen
Die Legacy-ERPs von SAP unterscheiden in ihrem Datenmodell noch zwischen den finanzbuchhalterischen Entitäten „Debitor“ und „Kreditor“ sowie einem neutralen „Geschäftspartner“. Alle drei besitzen zahlreiche Eigenschaften, wie Personen- und Adressdaten, Buchungskonten und Bankverbindungen oder auch Rollenbezeichnungen für die Personen, um nur einige zu nennen.
Mit dem neuen Datenbanksystem SAP HANA führt SAP nun einen einheitlichen Geschäftspartnerstamm ein, der die alten Entitäten in sich vereint und die Unterscheidung der Rolle, der geographischen Lokalität und anderen Systematiken auf einer neuen Abstraktionsebene als Metainformationen abbildet. Damit wird klar, dass eine Eins-zu-eins-Migration aus Bestandssystemen und den bisherigen SAP-Lösungen nicht sinnvoll ist. Eine zum Unternehmen, seiner Softwarearchitektur und Datenhaltung sowie zu seinen Geschäftspartnerdaten passende Migrationsstrategie muss her.
Tipp 2: Die Migrationsstrategie definieren
Für Anwender der klassischen SAP Systeme R/3, Business Suite und ERP 6.0 ohne weitere Drittsysteme oder Legacy-Datenbanken mag eine Systemumstellung auf S/4HANA attraktiv sein. Eine solche Migrationsstrategie, bei der die neue Lösung auf ein im übertragenen Sinne bereits „beackertes Feld“ gestellt wird, nennt man auch „Brownfield Ansatz“. Diesen Ansatz verfolgen 33 Prozent der Uniserv-befragten Unternehmen. Nachteil dieser Methode: man läuft Gefahr, unnötige Altlasten mitzunehmen.
Will man das vermeiden, etwa auch, um die Leistungsfähigkeit der In-Memory-Datenbank von SAP HANA voll auszuschöpfen, ist eventuell die Neuimplementierung „auf der grünen Wiese“ sinnvoller – der „Greenfield Ansatz“ (aktuell von ebenfalls 33 Prozent der Unternehmen angewandt). Der Vorteil von Greenfield ist: Es wird nur migriert, was künftig wirklich noch gebraucht wird. Komplexere Bestandssysteme, die aus mehreren Softwareplattformen bestehen und somit eine Datenhaltung in voneinander getrennten Silos besitzen, sind dagegen naturgemäß aufwändig zu migrieren. Sie erfordern eine „Selective Data Transition“, bei der System für System entschieden und dann technisch „gemappt“ wird, welche Daten aus welchen Quellsystemen in welchem neuen Zielsystem landen sollen. Diese Migrationsstrategie, auch „Bluefield Ansatz“ genannt, verfolgen derzeit 16 Prozent der Befragten.
Tipp 3: Die Qualität der eigenen Geschäftspartnerdaten sichern
Allen drei Migrationsstrategien ist eines gemein: Wenn die Quelldaten von minderer Qualität sind – etwa veraltet, unvollständig oder mit Dubletten behaftet – wird das neue SAP S/4HANA System gleich vom Start weg sein Potenzial für optimale digitale Geschäftsprozesse nicht ausschöpfen können. Deshalb kommt der Sicherung der Datenqualität vor der Übertragung in das neue System eine erhebliche Bedeutung zu.
Laut Uniserv-Umfrage bewertet derzeit nur etwas mehr als die Hälfte der SAP-Verantwortlichen (53 Prozent) die Datenqualität in ihrem Unternehmen mit „sehr oder eher hoch“. Auf die Frage nach den Hauptschwierigkeiten bei der Datenqualität nannten 75 Prozent der Unternehmen „veraltete Daten“. Bei den Unternehmen, die die S/4HANA-Migration bereits abgeschlossen haben, nannten 83 Prozent doppelte und mehrfach vorhandene Daten als Hauptproblem.
Die Sicherung der Datenqualität ist angesichts der Fülle unterschiedlicher Strukturen, Syntaxen und Formate, gerade im globalen Geschäftsverkehr, alles andere als trivial. Deshalb lohnt es, für die automatisierte Massenprüfung von Geschäftspartnerdaten auf postalische Korrektheit, die Bereinigung von Dubletten und die Vervollständigung von Datensätzen per Identity Resolution, auf professionelle Tools zu setzen.
Tipp 4: Daten zusammenführen und Golden Records erstellen
Stimmt die Datenqualität vor der Migration nach SAP S/4HANA, gibt es noch eine weitere Ebene, auf der eine Zusammenführung von Geschäftspartnerdaten das Endergebnis verbessert. Die Rede ist von der Konsolidierung von Daten aus unterschiedlichen Quellsystemen und ihrer Zusammenführung zu einer 360-Grad-Sicht auf den Geschäftspartner als „Golden Record“.
Denn erst wenn ein Unternehmen eine einheitliche Sicht auf ihre Kunden und Geschäftspartner hat, kann es die volle Leistung der Analysefähigkeiten der neuen SAP-Plattform ausschöpfen und so gut informierte Geschäftsentscheidungen treffen.
Matthias Förg ist Head of Sales bei Uniserv und verantwortet den weltweiten Vertrieb der Uniserv-Lösungen für Datenqualität und Kundendatenmanagement.