Um mithilfe von KI-Technologie Projekte im KMU-Umfeld erfolgreich umzusetzen, sind sowohl technische, wie auch organisatorische Voraussetzungen nötig. Dazu hat die Midrange-Redaktion vier Experten befragt: Marlene Heinrichs, IBM, Dr. Susan Wegner, Lufthansa Industry Solutions, Jörg Kremer, mip Management Informationspartner GmbH, sowie Nima Samsami, CGI.

„Für den Einsatz von KI benötigt man viele digitalisierte Daten“, erläutert Nima Samsami, Senior Consultant bei der CGI. Dabei sei deren Sammeln und Klassifizieren anfangs zeitaufwendig und es bedarf eines durchdachten Konzepts: „Unterstützende Technologien wie Optical Character Recognition und Robotic Process Automation sorgen für einen konstanten Datenfluss aus Produktion, Marketing und Betrieb. Mit diesen Daten wird das System trainiert.“

Dabei sei es ratsam, in kleinen Schritten anzufangen und festzulegen, welche Daten benötigt und wie häufig Analysen durchgeführt werden. „Eine ausreichende Rechenkapazität und eine adäquate Anzahl an Schnittstellen sind ausschlaggebend, um ein System erfolgreich wachsen zu lassen“, empfiehlt Samsami und: „Damit Projekte bezahlbar bleiben, sollten KMUs IT-Dienstleister einbeziehen.“

Widerständen positiv entgegnen

Die Adaption von KI im Unternehmen stößt allerdings in vielen Feldern auf fehlende Akzeptanz. Eine Umfrage der IBM verdeutlicht, mit welchen Gegenwind eine Organisation beim Einsatz von KI-Technologie zu rechnen hat: „38 Prozent der Entscheider gehen von großen Widerständen im eigenen Unternehmen aus“, gibt Marlene Heinrichs, Manager Minimal Viable Product Team DACH bei der IBM Deutschland GmbH, zu Protokoll. Daher sei es essentiell, die technischen und organisatorischen Widerstände zu identifizieren und diesen separat Aufmerksamkeit zu widmen. „Organisatorisch begegnen wir Herausforderungen wie fehlendem Verständnis, Skill- und Ressourcen-Engpässen, zu wenig oder unzureichendes Vertrauen in KI-Lösungen und Sorge vor Geschäftsmodellveränderungen.“

Quelle: IBM Deutschland

Marlene Heinrichs, Manager Minimal Viable Product Team DACH bei der IBM Deutschland GmbH

Als Wege aus dem Dilemma empfiehlt die Expertin: „Technisch muss zunächst der Zugang zu KI-Tools sichergestellt sein. Dabei ist der Datenschutz das Fundament, gefolgt von der Nachvollziehbarkeit von KI-Modellen, damit keine Black-Boxen entstehen. Außerdem müssen natürlich Daten verfügbar und verwertbar sein. Ohne Daten geht natürlich gar nichts. Sind beide Perspektiven, organisatorisch und technisch, vereint, findet sich eine gute Basis zur Etablierung von KI im Unternehmen vor.“

Die betriebswirtschaftliche Sichtweise

„Wichtig ist sich genau zu überlegen, welche KI-Lösungen für mein Unternehmen betriebswirtschaftlich, strategisch und operativ in Frage kommen und sinnvoll sind“ – so argumentiert Dr. Susan Wegner, verantwortlich für den Bereich Artificial Intelligence and Data Analytics bei der Lufthansa Industry Solutions (LHIND).

Diese sollten dann strukturiert und „step by step“ angegangen werden, um schnelle Ergebnisse zu erzielen und Erfahrungen zu sammeln. „Im zweiten Schritt geht es um die ‚Datenhausaufgaben‘, also um eine detailliertere Strategie, Architektur, Governance und Kultur“, so Dr. Wegner weiter. „Und natürlich sollte niemand davor zurückschrecken, externe Beratungsleistungen hinzuzuziehen. Das kostet zwar, hilft aber auch dabei, die zahlreichen Herausforderungen, die KI-Innovationen mit sich bringen, zu meistern und häufige Fehler zu vermeiden. Denn diese führen oftmals dazu, dass die Kosten am Ende sehr hoch sind, beispielsweise durch den Betrieb von KI-Lösungen.“

Generell sei ein Grundverständnis für KI innerhalb der Organisation von Vorteil, insbesondere auch die Grenzen der KI zu kennen, so die Expertin weiter. „Wichtig ist dies auch, da für Projekte in der Regel unterschiedliche Stakeholder von Beginn an einbezogen werden sollten, um deren Buy-in zu erzielen. Überzogene und unrealistische Erwartungen sind oftmals der Grund, dass Projekte schnell gestoppt werden und unnötige Kosten entstehen.“

„Es braucht im KMU-Umfeld ein gewisses Maß an Umdenken und Investitionsbereitschaft, da KI-Projekte sich typischerweise erst nach einer gewissen Laufzeit amortisieren“, so bringt Kremer, Head of Consulting bei der mip Management Informationspartner GmbH, die Herausforderung auf den Punkt. „Wenn es im Unternehmen ausreichendes Wissen gibt, ist es je nach Thema und Anforderungen sinnvoll, einen eigenen Data Scientist aufzubauen. Steht diese Ressource nicht zur Verfügung, kann sie durch externe Partner abgedeckt werden. Zudem ist es hilfreich, wenn das Unternehmen die Bereitschaft zeigt, KI in der Cloud zu betreiben, da es aufwendig werden kann, die notwendige Infrastruktur selbst bereitzustellen.“

Eine weitere essenzielle Voraussetzung aus Sicht von Kremer ist die richtige Auswahl der KI-Services, die entweder gekauft oder selbst entwickelt werden können: „Hier ist es wichtig, die notwendige Expertise aufzubauen oder insbesondere anfänglich externe Unterstützung mit an Bord zu holen. Generell ist es empfehlenswert, für den identifizierten Use Case klare Ziele festzulegen und den Entwicklungsprozess eng zu monitoren“, so lautet der Rat des Experten. „So können schnell die Schlüsselfaktoren des Prozesses herausgearbeitet werden. Diese Vorgehensweise führt automatisch zur Feststellung der Machbarkeit des Projekts.“

Rainer Huttenloher

CGI

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