ERP-Systeme in der Cloud – ein Thema, das derzeit in aller Munde ist. Wir sprachen mit Matthias Lemenkühler, CEO der xSuite Group aus Ahrensburg, über die Cloud, die Strategie seines Unternehmens und wie dessen Lösungen Kunden helfen können.

Gratulation zum 30jährigen Jubiläum – wie ist Ihre Kundenbasis in diesen Jahren gewachsen?

Seit unserer Gründung 1994 zeigt die Kurve stetig nach oben. Derzeit verzeichnen wir rund 60 Neukunden pro Jahr, verstärkt natürlich durch das Partnergeschäft. Mittlerweile hat die xSuite gut 1.300 Unternehmen unter Wartungsvertrag, also mit bestehender Geschäftsbeziehung. 1.000 davon im SAP-Bereich, der Rest mit weiteren ERP-Systemen. Auf dem anspruchsvollen nordamerikanischen Markt haben wir mittlerweile 50 native US-Kunden. Die USA sollen künftig definitiv unser Wachstumsmarkt Nummer 1 sein.

Auch in Südostasien sind wir vom Standort Singapur aus seit langem aktiv, auf konstantem Niveau. Wir betreuen dort über unsere Shared Service Center eine Reihe von Großkunden. Die Herausforderung an diesem Markt liegt vor allem in der Vielsprachigkeit und den unterschiedlichsten Regularien dieses riesigen Wirtschaftsraums. Auch das Preisniveau ist dort, verglichen mit den USA, ein ganz anderes. Partnerschaften mit den Marktführern vor Ort, wie jüngst Datamation, helfen uns natürlich an dieser Stelle ungemein.

Warum brauchen so viele Anwender eine spezialisierte Anwendung, wenn sie doch bereits ein ERP-System im Einsatz haben?

Anbieter von ERP-Lösungen haben naturgemäß einen viel breiteren Ansatz als Spezialisten und müssen global verschiedenste Funktionen anbieten, von der Logistik und Vertrieb über Materialwirtschaft bis zur Finanzbuchhaltung. Hier docken Spezialanbieter für die Automatisierung von Geschäftsprozessen an. Wir haben uns auf Rechnungsbearbeitung fokussiert, ähnliches gibt es analog im HR- oder weiteren Bereichen. In dieser technologischen Tiefe und mit allen Facetten kann das kein ERP-Hersteller leisten.

Warum haben Sie ihr Portfolio um Lösungen für den Bereich Einkauf erweitert. Welche Vorteile ergeben sich für Anwender, wenn der komplette Purchase to Pay-Prozess durchgängig ist?

Es ist wie mit allen Problemen: Man muss sie am Kopf angehen. Die letztliche Rechnungsbearbeitung ist in diesem Sinne „nur“ der Schlusspunkt einer kompletten Procurement-Kette. Die Güteklasse dieses Prozesses daher gleich vorne zu optimieren, erleichtert spätere Schritte erheblich. Der direkte transnationale Austausch, den Unternehmen über unser Business Partner Portal mit ihren Geschäftspartnern betreiben können, führt zu einer hochgradigen Automatisierung von Bestell- und Finanzprozessen. Dies gehört einfach zusammen.

Was zählt alles zu einem durchgängig digitalisierten Workflow in diesem Bereich?

Grob gesagt gibt es vier grundsätzliche Prozessschritte: Erfassung von Daten (derzeit im Wandel durch die Umstellung von Papier auf elektronische Übermittlung), die  Analyse der Daten und ihre Einordnung in einen Geschäftskontext (hier kommt KI ins Spiel), den Workflowprozess an sich (wie muss eine Information durchs Unternehmen laufen, um optimal verarbeitet zu werden?) und schlussendlich die Archivierung des Vorgangs. Diese Prozessschritte aus einer Hand anzubieten, ist meines Erachtens unabdingbar für die angestrebte Durchgängigkeit der Digitalisierung.

Digitale Workflows aus der Cloud – wie z.B. unser Eingangsrechnungsworkflow auf der SAP Business Technology Platform – sind für uns heute eine Selbstverständlichkeit, natürlich unter Einsatz von KI zur Vereinfachung und Automatisierung der Arbeitsabläufe.

Wie ändert sich das Bezugsmodell für betriebswirtschaftliche Software – gibt es bald nur Cloud-basierte Lösungen?

Unsere langfristige Roadmap zielt ganz klar in die Cloud. Dies ist zumindest zum jetzigen Zeitpunkt der allgemeine Trend, in dem wir auch konform mit SAP gehen. Der Zeithorizont ist dabei entscheidend, d.h. wann wie viele Lösungen einmal in der Cloud laufen werden, kann man vom heutigen Standpunkt aus noch nicht sagen. Sicher dürfte aber sein: 100 Prozent werden es nicht werden.

Wie eng ist die Integration Ihrer xSuite in die verschiedenen SAP-Technologien?

Unsere Lösung ist so gestaltet, dass Anwendende, wenn sie in SAP sind, nicht merken, dass sie in Wirklichkeit gerade mit xSuite arbeiten. Natürlich gibt es am Markt auch andere konzeptionelle Ansätze, bei denen der Rechnungsworkflow außerhalb von SAP stattfindet. Wir haben uns von Anbeginn an für die erste Variante entschieden. Das liegt auch an unserer Kundenklientel, dem gehobenen Mittelstand bis hin zu Konzernen. Diese arbeiten vorwiegend mit SAP, der ERP-Lösung mit dem wohl umfassendsten Funktionsportfolio. Und wer sich standardmäßig im Umfeld von SAP-Prozessen bewegt, möchte natürlich bei angrenzenden Prozessschritten wie der Rechnungsbearbeitung das gleiche „Look & Feel“ vorfinden.

Wie aufwändig wird es für Anwender von xSuite mit traditioneller SAP-Umgebung, wenn sie auf S/4HANA wechseln?

Wir bieten unseren SAP-Kunden größtmögliche Freiheit auf ihrem Weg zu S/4HANA, egal, ob sie ihre Systeme noch on-prem betreiben oder bereits Lösungen aus der Cloud beziehen. Deshalb bedienen wir das Thema Invoice in allen Spielarten und für alle SAP-Deployment-Modelle. Damit ist der Aufwand bei einer 1:1-Migration zunächst einmal minimal, dies hören wir auch immer wieder aus Kundenprojekten. Wenn man natürlich gleichzeitig seine Geschäftsprozesse ändert, mag das ein wenig anders aussehen. Insgesamt spielt dabei auch eine Rolle, ob ein Unternehmen in der Vergangenheit alle Releasezyklen von SAP mitgegangen ist und wie modern seine gesamte Systemlandschaft überhaupt aussieht.

Welche Besonderheiten ergeben sich für den Bereich der öffentlichen Hand?

Unser Kernprodukt, die standardisierte, SAP-integrierte Lösung zur Rechnungsverarbeitung, ist bereits bei zahlreichen öffentlichen Auftraggebern deutschlandweit im Einsatz, unter Berücksichtigung der SAP-Module FI, MM, PSM und PSCD sowie dem Kommunalmaster Finanzen. Bereits vor fünf Jahren waren wir mit unseren Lösungen Teil eines Leuchtturmprojektes zur Einführung der elektronischen Rechnung auf dem XRechnung-Standard in Bremen. Hier sind wir also von Anfang an dabei und ebenso voll leistungsfähig wie bei Unternehmen aus der Privatwirtschaft. Zahlreiche Rechnungsprojekte bei Kommunen und öffentlichen Auftraggebern in den letzten Jahren zeigen dies.

Wie wollen Sie Ihr Unternehmen künftig ausrichten und wo sehen Sie die größten Wachstumschancen?

Hier sehe ich insbesondere zwei Bereiche. Das ist zum einen die Transformation unserer Lösungen in die Cloud, wofür wir seit einiger Zeit individualisierbare Subscription-Modelle anbieten. Das zweite Wachstumsfeld ist vertrieblicher Art und heißt „Ausbau des US-Geschäfts“.

Matthias Lemenkühler, CEO xSuiteQuelle: xSuite

Matthias Lemenkühler, CEO xSuite

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