Ob Desk-Sharing oder Home-Office: Im Zuge von fortschreitender Digitalisierung und auch in Folge der Corona-Pandemie wandelt sich der Arbeitsalltag spürbar. Mitarbeitende wünschen sich mehr Flexibilität und Eigenverantwortung und auch Unternehmen profitieren von „New Work“. Doch allein mit geteilten Arbeitsplätzen im Großraumbüro und ein paar Tagen Home-Office im Monat ist es bei der Umsetzung dieses modernen Arbeitskonzeptes nicht getan. Vielmehr müssen Unternehmen ihre gesamte Arbeitsumgebung, ihre Prozesse und ihre technologische Ausstattung anpassen.
Neu sind der Begriff „New Work“ und das dahintersteckende Konzept nicht: Bereits Ende der 1970er Jahre prägte der österreich-amerikanische Sozialphilosoph Frithjof Bergmann die Arbeitsweise „New Work“. Bei einer Reise durch die verschiedenen Ostblockländer zwischen 1976 und 1979 wurde für ihn klar, dass der Sozialismus keine Zukunft habe.
Deshalb entwickelte er ein Gegenmodell zur sozialistischen Arbeitsweise in der Industriegesellschaft und proklamierte mit „New Work“ die Ausformung der Wissens- und Informationsgesellschaft. Damit einher gehen die Digitalisierung, die Globalisierung und der demografische Wandel. Im Zuge dieses Konzepts entstehen bis heute immer neue Arbeitsformen, die das Handeln von Unternehmen prägen.
Im Fokus: Die Freiheit des Einzelnen
Inzwischen ist „New Work“ daher nicht mehr nur ein abstraktes Arbeitskonstrukt, sondern bereits in vielen Unternehmen gelebter Alltag. Ausprägungen dieser Arbeitsweise sind Home-Office und Gleitzeit, Coworking-Spaces und Desk-Sharing sowie Zusammenarbeit in gemischten und agilen Teams. Auch Freelancing und die Möglichkeit, Sabbaticals zu nehmen, erhöhen die Freiheit des einzelnen Mitarbeiters. Und genau die steht bei „New Work“ im Fokus.
„New Work“ betrachtet den Mitarbeiter nämlich nicht als bloße Arbeitskraft, sondern als Mensch. Das heißt, dass seine berufliche und private Selbstverwirklichung miteinander verbunden sind und in Einklang gebracht werden sollen. Freiräume, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung sind Komponenten, die den modernen Mitarbeitenden ausmachen.
Diese wirken sich auf die Arbeitsumgebung, die vorhandene Technik und die Unternehmens- und Prozessstrukturen aus. So wird die Arbeitsumgebung in räumlicher und zeitlicher Hinsicht neu strukturiert: Sechs-Stunden-Tage, Vier-Tage-Woche, Open-Space-Büros oder Home-Office sind hier gängige Beispiele. In Bezug auf die zur Verfügung gestellte Technik bringt die neue Arbeitsweise mit sich, dass Mitarbeitende entsprechende Hard- und Software benötigen. Um im Home-Office zu arbeiten oder an täglich wechselnden Desks im Coworking-Space, brauchen Mitarbeitende Laptops, Software für Telefonweiterleitungen und sichere Zugriffe auf das betriebseigene Netzwerk.
Veränderungen der Unternehmenskultur und -strukturen
Ganz entscheidend für die Umsetzung von „New Work“ ist aber auch, dass Unternehmen ihre Strukturen und Prozesse anpassen. „New Work“ verändert die innerbetriebliche Kultur und das gesamte Arbeitsumfeld. So gibt es keine klassische Abteilungsgliederung mehr. Vielmehr werden neue Aufgaben nun in Projektarbeit angegangen, die Mitarbeitenden mit den jeweils größten Kompetenzen für die Aufgaben werden in einem Projetteam vereint.
So entstehen immer neue und anders zusammengesetzte Mixed Teams, deren Mitglieder unterschiedliche Hintergründe und Fachkenntnisse mitbringen, aber ein gemeinsames Ziel verfolgen: die Aufgabe so gut wie nur möglich zu erledigen. Denn „New Work“ ist durchaus pragmatisch: Die Arbeit soll den Mitarbeitenden Spaß machen und sie erfüllen, gleichzeitig soll sie dem Unternehmen Gewinne einbringen.
Das Abschaffen der Abteilungsgliederung bringt auch mit sich, dass Mitarbeitende keinen festen Arbeitsplatz mehr haben. Desk-Sharing und Coworking-Spaces werden bei „New Work“ etabliert. Bei Arbeitsbeginn wählen sich die Mitarbeitenden einen freien Platz im Gemeinschaftsbüro aus, an dem zuvor und nachher jemand anders arbeitet. Unternehmen müssen die Plätze deshalb zwar universell ausstatten, sparen aber eine Vielzahl an Desks ein. Zusätzlich schaffen sie in Coworking-Spaces auch Flächen für Freelancer, Projektmitarbeitende oder Selbstständige. Alle sollen hier voneinander profitieren.
Auch tradierte, strenge Hierarchien sind mit „New Work“ unvereinbar. Führungskräfte müssen ein neues Selbstverständnis entwickeln: Sie sind nicht länger Kontroll- und Weisungsinstanz, sondern Coach und Moderator – Stichwort „New Leadership“ und „Führung 4.0“. An die Stelle von Kontrolle und Weisung treten nun Vertrauen und Empathie.
Moderne Führungskräfte befähigen ihre Mitarbeitenden zu Eigenverantwortung und leben eine klare Vision des Unternehmens vor. In diesem Rahmen treffen Mitarbeitende eigene Entscheidungen, die Zusammenarbeit zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden findet auf Augenhöhe statt. Die Holokratie als Ausprägung von „New Work“ kommt sogar ganz ohne Hierarchien aus. Der rigide Führungsstil wird von einem festen Regelwerk für alle selbstständigen Einheiten – den „Holos“ – abgelöst.
Agilität und Work-Life-Blending
Im Detail sind die Arbeitsformen bei „New Work“ agiles Arbeiten und Work-Life-Blending. Agiles Arbeiten ermöglicht Unternehmen, schnell und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Die interdisziplinären Projektgruppen arbeiten mit agilen Methoden wie Scrum oder Kanban. Die Teams setzen sich kurzfristige Ziele, die sie bei Bedarf anpassen und holen sich regelmäßig Feedback ein. Sie arbeiten eigenverantwortlich und fokussiert, die Entscheidungswege sind daher kurz und unproduktives Multitasking wird vermieden. Für Unternehmen hat diese Arbeitsweise den Vorteil, dass Projekte schneller zum Erfolg geführt werden. Zum agilen Arbeiten gehört auch das Design Thinking, bei dem Probleme mit kreativem Einsatz gelöst und innovative Ideen entwickelt werden.
Beim Work-Life-Blending wird das Privatleben des Mitarbeitenden mit dem Arbeitsalltag in harmonischen Einklang gebracht. Arbeits- und Freizeit sind dabei nicht mehr strikt voneinander getrennt. So ist es Mitarbeitenden zum Beispiel möglich, während der Arbeitszeit private Gespräche zu führen oder Einkäufe zu erledigen. Umgekehrt verpflichten sich Mitarbeitende dazu, auch nach Ende der regulären Arbeitszeit noch telefonisch erreichbar zu sein und E-Mails zu beantworten. Zum Work-Life-Blending gehört darüber hinaus, dass Mitarbeitende zum Wissensarbeiter und lernenden Angestellten werden. Stete Weiterbildung ist gefordert, aber auch, dass die Mitarbeitenden im Unternehmen voneinander lernen und ebenso, dass sie sich in ihrer Freizeit produktiv beschäftigen.
Mit Business-Software richtige Entscheidungen treffen
Ob „New Work“ zu einem Unternehmen passt, muss im Einzelfall abgewogen werden. Denn das hohe Maß an Eigenverantwortung der Mitarbeitenden muss zur Unternehmenskultur und auch zum Personal passen. Mitarbeitende müssen beispielsweise bereit sein, auch in ihrer Freizeit zu arbeiten, andernfalls lässt sich das moderne Arbeitskonzept kaum umsetzen.
Auch, welche Schritte wie gegangen werden, lässt sich nicht pauschal empfehlen. Die Umsetzung des neuen Arbeitskonzeptes sollte aber nicht zu schnell vonstattengehen – laut einer Studie der Universität St. Gallen können andernfalls größere Probleme die Folge sein. In jedem Fall müssen Unternehmen die nötigen Strukturen schaffen, sprich Großraumbüros und die notwendige Hard- und Software bereitstellen. Dabei gilt es auch den Datenschutz der Angestellten einzuhalten.
Bei der Entscheidungsfindung helfen spezialisierte Software-Lösungen wie etwa die Führungssoftware Vision.iC oder die Planungssoftware BPS-ONE von Denzhorn. Der Aufwand bei der Einführung von „New Work“ ist initial zwar groß; liegt aber ein durchdachter Plan zu Grunde und können Unternehmen ihre Mitarbeitenden mitnehmen, kann die neue Arbeitsweise eine große Chance für alle sein.
Mit „New Work“ werden Unternehmen den Ansprüchen ihrer Mitarbeitenden an eine flexible Arbeitsweise gerecht. Gleichzeitig steigern sie in agilen Teams ihre Produktivität und senken dank Desk-Sharing ihre Kosten. Die moderne Arbeitsweise verlangt Unternehmen bei der Einführung aber einen gewissen Aufwand ab, auch sollte die Umsetzung nicht zu schnell erfolgen. Es gilt, die Unternehmensstrukturen behutsam anzupassen und alle Mitarbeitenden mitzunehmen. Dann profitieren Unternehmen von „New Work“.
Bernd S. Kirschner ist Geschäftsführender Gesellschafter von Denzhorn.