Künstliche Intelligenz ist einer der technologischen Innovationstreiber, sowohl im B2B-, als auch im B2C-Sektor. Das zeigt eine aktuelle weltweite Studie: 90 Prozent der Umfrageteilnehmer bestätigten, dass sie entweder mindestens ein KI-Projekt bereits implementiert haben oder in den kommenden Monaten einführen wollen. Ein Beispiel für einen gelungenen KI-Einsatz ist die autonome Umstellung auf die neuen Mehrwertsteuersätze in Deutschland.
Die Forschung rund um das Thema Künstliche Intelligenz bringt immer wieder erstaunliche und teilweise auch befremdliche Ergebnisse hervor. Bernd Kullen ist KI-Experte bei AFI Solutions, einem Softwareunternehmen spezialisiert auf die Digitalisierung von Dokumentenprozessen rund um SAP S/4HANA und SAP ERP. Er experimentiert seit Längerem mit einer KI-unterstützen Erkennungssoftware für Rechnungen, Auftragsbestätigungen und Co. Dabei musste er aber bei der Zusammenarbeit mit Kunden oft feststellen, dass deren Erwartungen an KI-Lösungen zu hoch oder unrealistisch sind.
„Ich selbst musste mich erst an die teilweise langsamen Fortschritte gewöhnen“, erzählt Kullen. „Vielen Unternehmen scheint es zudem nicht klar zu sein, dass solche Projekte auch gerne einmal scheitern können und ihr ROI nicht immer sofort zu erkennen ist.“
Eine ähnliche Bilanz zieht eine IDC-Studie: Jedes vierte befragte Unternehmen berichtet darin sogar von einer 50-prozentigen Fehlschlagquote bei KI-Projekten. Zum einen liege das an fehlenden Ressourcen, KI-Experten und Data Scientists, zum anderen am fehlenden Mut und Durchhaltevermögen, eigenen KI-Projekten auch die nötige Zeit für Experimente zu geben und nach gescheiterten Tests einfach unter geänderten Rahmenbedingungen weiterzumachen.
Produktive KI in der Cloud überrascht
Erst mit diesem Mut können Tests mit Künstlicher Intelligenz zu dem ein oder anderen überraschenden Ergebnis wie bei AFI Solutions führen: Fast unbemerkt sind hier nach dem 1. Juli 2020 auf den Rechnungen eines Kunden des SAP-Spezialisten die neuen Mehrwertsteuersätze aufgetaucht. Dieser Kunde nutzt bereits seit einiger Zeit das BPO-Angebot (Business Process Outsourcing) des SAP-Add-On-Anbieters und wickelt seine Rechnungsverarbeitung digital über den Cloud-Service AFI Documenthub ab. Dabei wurden die aktuellen Sätze in den hochgeladenen Belegen erkannt, obwohl die Ergänzung der neuen Mehrwertsteuersätze in der Erkennungssoftware noch gar nicht durchgeführt wurde.
Kullen erklärt das überraschende Phänomen: „Da wir im Documenthub unsere AFI KI im Einsatz haben, gibt es für viele Rechnungen Kandidaten, die sich auch für die Erkennung von Rechnungssummen anwenden lassen. Dort werden keine Inhalte gespeichert, sondern geografische Informationen – also was befindet sich wo auf dem Dokument. So können sich die Inhalte eines trainierten Werts unterscheiden beziehungsweise ändern, was eben zu dieser automatischen Übernahme der neuen Mehrwertsteuersätze geführt hat.“
Dass die über die KI erkannten Werte dann auch rechnerisch zusammenpassen, stellt eine Plausibilitätsprüfung der gelesenen Summen sicher. So hat die Künstliche Intelligenz die Anpassung der Mehrwertsteuer autonom vorgenommen. „Solch ein Beispiel spricht klar für KI-unterstützte Prozesse und Projekte“, resümiert Kullen. (rhh)