Das Geschäftsmodell vieler Softwarehäuser in Deutschland umfasst pauschale Support- und Wartungsgebühren für Software. Die Rechnungen für diesen Service werden in vielen Fällen im Januar in einem Betrag für das gesamte Kalenderjahr geschrieben. Wegen der temporären Umsatzsteuersenkung von Juli bis Dezember 2020 müssten nun sehr viele Rechnungen korrigiert werden. Wer seine Rechnungen nicht korrigieren will, sollte einen Ausnahmeantrag beim BMF (Bundesministerium für Finanzen) stellen.

Viele Software-Herstellern hierzulande geht es wie der Toolmaker Advanced Efficiency GmbH in Kaufering: Seit Jahrzehnten stellt das Unternehmen an viele Hundert Kunden, die ausschließlich dem Unternehmerbereich (B2B) zuzuordnen sind und die einen laufenden Support- und Wartungsvertrag unterhalten, im ersten Halbjahr eines Jahres pauschale Rechnungen, die den Service für das gesamte Kalenderjahr umfassen. Die Kunden haben diese Jahresrechnungen 2020 bereits verbucht und bezahlt und die Vorsteuer angemeldet. Das Software-Unternehmen hat für diese Jahresrechnungen die Umsatzsteuer bereits vollständig an das Finanzamt gemeldet und abgeführt.

Bei präziser Einhaltung der aktuellen Vorgaben müsste das Softwarehaus nun alle betroffenen Jahresrechnungen stornieren und in zwei Teilen neu ausstellen. Häufig bietet die eingesetzte Software ein solches Feature nicht und müsste erst kostspielig erweitert werden. Die jeweils ermittelte Differenz müsste an die Kunden zurückgezahlt werden. Die bereits durchgeführten Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die vergangenen sechs Monate müssten sowohl bei Toolmaker, als auch bei allen betroffenen Kunden korrigiert werden. Es ist offensichtlich, dass dieses Vorgehen für keinen der Unternehmens-Kunden (B2B) auch nur den geringsten Nutzen hat; ebenso wenig für die Steuereinnahmen.

BITKOM-Hinweis verpufft

Der Branchenverband BITKOM hat in einem Schreiben an das BMF frühzeitig auf diese Problematik hingewiesen, aber der Artikel 3 des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise vom 29. Juni 2020 hat auf die vom BITKOM ausgeführte Problematik keine Rücksicht genommen. Daher hat man bei der Toolmaker Advanced Efficiency GmbH einen alternativen Weg eingeschlagen und beim BMF beantragt, für Unternehmen im B2B-Bereich eine Ausnahmeregelung zu erlassen bzw. die vom BMF bereits veröffentlichte Billigkeitsmaßnahme für B2B-Geschäfte zu erweitern.

Generell werde man, so Josef Grünbichler, Geschäftsführer der Toolmaker Advanced Efficiency GmbH, keine rückwirkenden Rechnungskorrekturen vornehmen. „Unsere Kunden werden entsprechend informiert“, erklärt Grünbichler. „Ich sehe nicht ein, für eine vom Gesetzgeber nicht zu Ende gedachte Maßnahme einen so enormen Aufwand zu treiben. Dafür habe ich drei gute Gründe: Zuallererst haben weder das Softwarehaus noch dessen B2B-Kunden noch das Finanzamt auch nur den geringsten Nutzen. Zum Zweiten ist es für alle Beteiligten eine große zusätzliche Belastung und neue Fehlerquelle. Und zum Dritten ist die Maßnahme zeitlich bis 31.12.2020 begrenzt. Ich erwarte, dass das BMF eine allgemein gültige Billigkeitsmaßnahme veröffentlicht. Notfalls wird zu diesem Antrag und der BMF-Entscheidung eine höchstrichterliche Entscheidung abgewartet.“

Grünbichler sieht neben der Toolmaker Advanced Efficiency GmbH Zehntausende Unternehmen, die jetzt reagieren sollten. „Betroffene Unternehmen, das sind nicht nur Softwarehäuser in ähnlicher Situation, sondern auch alle B2B-Kunden, die mit Jahresrechnungen zu tun haben. Sollten sich unserem Antrag anschließen, damit deutlich wird, dass Toolmaker kein Einzelfall ist und eine Ausnahmeregelung definitiv erwartet wird!“

„Wenn Sie Ihre B2B-Jahresrechnungen auch nicht korrigieren wollen, stellen Sie einen formlosen Antrag ähnlich dem von Toolmaker“, empfiehlt Grünbichler, „und schicken Sie ihn per E-Mail an Winfried.Keisinger@bmf.bund.de und IIIC2@bmf.bund.de mit Kopie an j.steinbrecher@bitkom.org oder per Post an das Bundesministerium der Finanzen, Wilhelmstraße 97, 11016 Berlin“. (rhh)

Hier finden Sie die vollständige Erklärung und den Antrag der Toolmaker Advanced Efficiency GmbH.