Was gehört dazu, dass aus einem ERP-System ein „intelligent ERP“, kurz iERP, wird? Dieser Frage ist das Midrange Magazin (MM) im Interview mit Max Heppel nachgegangen, Business Development Manager Data & Analytics, COSMO CONSULT Data & Analytics GmbH, ein Mitglied der COSMO CONSULT Gruppe.

MM: Was verstehen Sie unter „intelligent ERP“, kurz iERP?
Heppel: Intelligent ERP ist das Ergebnis und gleichzeitig Synonym unseres Ansatzes, ERP-Systeme durch standardisierte Add-Ons intelligenter zu machen. Diese sogenannten ERP-Assistenten ermöglichen durch datengestützte Berechnungsmodelle, dass ERP-Anwender auch bei komplexen Fragestellungen kosten- bzw. gewinnoptimale Entscheidungen treffen können. Sie erweitern somit das klassische Leistungsspektrum eines ERP-Systems um mathematische Verfahren für Prognose- und Optimierungsverfahren.

Quelle: COSMO CONSULT

Max Heppel Business Development Manager Data & Analytics, COSMO CONSULT Data & Analytics GmbH, ein Mitglied der COSMO CONSULT Gruppe.

MM: Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?
Heppel: So könnte der Assistent etwa die Bedarfe der nächsten Woche innerhalb eines Unternehmens auf Basis der systemseitig gespeicherten ERP-Daten prognostizieren. Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse ist es möglich, den Lagerbestand zu optimieren. Bei frei wählbarem Service Level gibt es weder einen zu geringen noch zu hohen Lagerbestand auf Kosten der Liquidität. Ein zweiter Assistent kann automatisierte Bestellvorschläge auslösen und somit den Lagerbestand indirekt optimieren, indem er eine bestimmte Menge von einem bestimmten Artikel bei einem bestimmten Lieferanten zu einem bestimmten Zeitpunkt ordert. Diese Ergebnisse werden automatisch ins ERP zurückgespielt und können dort ausgeführt werden. Weil intelligente Assistenten in der Cloud insbesondere mit größten Datenmengen umgehen können, ist nun auch eine effiziente Disposition von C-Teilen möglich, die derzeit häufig mit niedriger Priorität behandelt werden. Weitere standardisierte Algorithmen finden sich innerhalb der Produktion zur Optimierung der Produktionsreihenfolge: Intelligente Assistenten für die Produktion liefern unter Beachtung aller möglichen Optionen und Rahmenbedingungen eine ausgeklügelte Reihenfolgeplanung,

MM: Was sind die Vorteile des iERP-Ansatzes?
Heppel: Zunächst einmal die risikolose und schnelle Erweiterung des ERP-Systems mit intelligenten Algorithmen. Um einen leichten Zugang zu intelligenten Assistenten zu bieten, verlagert COSMO CONSULT iERP in die Cloud, in der sich zudem Rechenleistung bedarfsorientiert bereitstellen lässt. Durch das Angebot in der Cloud bietet COSMO CONSULT auch Start-ups sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen eine einfache, risikolose und kostengünstige Möglichkeit, die Vorteile Künstlicher Intelligenz kennenzulernen und zu nutzen. Und der Kunde kann den Dienst ohne weiteres nach einem kostenlosen Probemonat kündigen. Auch Mitarbeiter größerer Unternehmen bekommen die Möglichkeit, erste Erfahrungen mit KI zu sammeln, um später auch größere Projekte erfolgreich implementieren und nutzen zu können. Ressentiments gegenüber KI können abgebaut werden.

MM: Wie wird das technologisch umgesetzt?
Heppel: Aus technologischer Sicht ist ein intelligenter Assistent somit ein Cloud-Dienst, der über einen Konnektor ins ERP-System integriert ist. Der Konnektor gewährleistet einen sicheren Datenaustausch und ist spezifisch für jedes ERP-System. Durch die Entwicklung der entsprechenden Konnektoren sind wir in der Lage, intelligente Assistenten für jedes übliche ERP-System anzubieten, etwa Dynamics 365 oder SAP. Der Konnektor ist innerhalb weniger Stunden installiert und die Algorithmen einsatzbereit.

MM: Was bedeutet das für das unternehmensinterne Know-how?
Heppel: In die Algorithmen können die Erfahrungen langjähriger Mitarbeiter eingehen und deren Wissen geht so nicht verloren. Nicht zu unterschätzen ist auch der Vorteil, dass die Assistenten auf Daten des Unternehmens-IT zugreifen, also echte Daten aus echten Prozessen. Diese Orientierung an etablierten Prozessen und Daten ermöglicht eine präzise Spezifikation für zugrundeliegende mathematische Modelle. So eignen sich Operations Research-Methoden, um optimierte Bestellvorschläge im Bereich des Bestandsmanagements zu ermitteln. Diese setzen kritische Einflussgrößen wie Absatzerwartung, Servicegrad, Lagervorgaben, Informationen zur Wiederbeschaffung sowie geeignete Optimalitätskriterien in einen mathematischen Zusammenhang. Der Mensch bleibt aber nach wie vor am Hebel, da er auch weiterhin etwa Bestellvorschläge in gewohnter Manier anpassen kann.

MM: Wie sieht die Schnittstelle zwischen der KI-Engine und dem ERP-System aus und welche ERP-Systeme lassen sich so anbinden?
Heppel: Bei diesem Ansatz handelt es sich um einen Cloud-Service, der über einen von COSMO CONSULT entwickelten Konnektor in das Unternehmens-ERP-System integriert ist. Der Kunde bestimmt, wann und welche Daten hochgeladen werden. Die Services benutzen dabei nur unkritische Daten, sodass keine sensiblen Unternehmensdaten in die Cloud gelangen.

MM: Welche Auswirkung hat das für den Bereich Analytics?
Heppel: Viel spannender als die reine Betrachtung des Konnektors oder der Schnittstelle ist die Betrachtung des kompletten COSMO CONSULT-Frameworks für Data & Analytics, das neben den Konnektoren auch die Cloud-Infrastruktur – Datenfluss, Datentransformation, Speicherung – und die Algorithmen enthält. Bei Individualprojekten, die wir innerhalb der Data Science begleiten, unterscheiden wir in der Regel zwischen sieben Schritten die inkrementell durchlaufen werden:

  1. Identifikation und Verstehen des zu lösenden Business Problems,
  2. Akquise der relevanten Daten,
  3. Bereinigung der Daten – Überführung in eine modellinterpretierbare Form,
  4. Identifikation von für den Use Case relevanten Einflussgrößen,
  5. KI-Modellierung, Programmieren der Algorithmen,
  6. Visualisierung der Ergebnisse sowie
  7. Operationalisierung.

Dabei ist entscheidend, dass gerade die Punkte 2, 3 und 7 maßgeblich für den Aufwand von Data Science-Projekten sind. In seiner reinsten Form bilden wir für bestimmte Use Cases den kompletten Data Science Workflow ohne Projektaufwand als Produkt ab. Aber auch für kundenindividuelle Use Cases können wir Standardelemente des Frameworks nutzen – gerade die COSMO Cloud für Data & Analytics –, um den Projektaufwand deutlich zu verringern. Die Vorteile dieser standardisierten Cloud-Infrastruktur gehen so weit, dass wir auch Projekte darüber abwickeln, die keine Microsoft-ERP Systeme als Datenbasis haben.

MM: Wie bleibt das KI-basierte „selbstlernende System“ soweit transparent, dass die Nutzer die Analysen und Ableitungen aus der KI-Engine nachvollziehen können?
Heppel: Zusätzlich zu den Analyse Tools, die wir zur Visualisierung der Ergebnisse im Business-Kontext zur Verfügung stellen, liefern wir weitere Werkzeuge, die dem Nutzer erklären, warum der Algorithmus diese Entscheidung vorschlägt und wie er zu diesem Ergebnis gekommen ist. Am Beispiel der Bedarfsprognose erläutert: Auf Wunsch des Kunden werden zahlreiche Informationen aus dem Prognosemodell ausgeschrieben, etwa Informationen zur Standardabweichung, Ausreißern oder Strukturbrüchen. Damit lässt sich unter anderem eine gute Aussage über die Prognosegüte treffen. So können unsere User nachvollziehen, wo der Algorithmus Ausreißer und Strukturbrüche in den Zeitreihen erkennt. Ihnen wird dann selbst überlassen, wie sie generell damit umgehen möchten. Um weiteres Vertrauen gegenüber dem Anwender zu schaffen, stellen wir auch die Ergebnisse von Backtests zur Verfügung, also dem Vergleich von prognostizierten mit tatsächlich eingetroffenen Mengen aus der Vergangenheit. Dieses Verfahren ist allgemein anerkannt zur Bewertung der Qualität von mathematischen Prognosealgorithmen. Mit all diesen Dingen ermöglichen wir maximale Transparenz über die Ergebnisse und Funktionsweise der Assistenten. Und sollte mal etwas nicht klar sein, sind unsere Data Scientist nur einen Telefonanruf entfernt.

Rainer Huttenloher

COSMO CONSULT