Viele Unternehmen setzen sich erst seit COVID-19 ernsthaft mit den Möglichkeiten des Home Office und neuen Arbeitsplatzkonzepten auch innerhalb von Büros auseinander. Was sind die noch nicht gehobene Potentiale? Wo geht die Reise „Digital Workplace“ hin? Antworten auf diese Frage gibt Nicolas Lange, Manager Team Strategy & Agile Organization bei der BTC Business Technology Consulting AG.

Generell ist es richtig und wichtig, dass immer mehr Unternehmen sich aktiv mit dem Aufbau und der Entwicklung ihres digitalen Arbeitsplatzes befassen – auch weil sie während der Pandemie gute Erfahrungen damit gemacht haben. „Meiner Beobachtung nach gab es dabei häufig zwei entgegengesetzt liegende Pole“, stellt Nicolas Lange fest: „Collaboration Software und Apps als reine IT-Commodity und als Gegenstück dazu den Digitalen Arbeitsplatz als strategisch ausgerichtetes, ganzheitliches Aufgabengebiet der IT.“

Quelle: BTC AG

Nicolas Lange, Manager Team Strategy & Agile Organization bei der BTC Business Technology Consulting AG.

Doch Lange hofft, dass die fundierte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten des digitalen Arbeitsplatzes durch Corona nun auch nachhaltig und dauerhaft in den Organisationen verankert wird. Dieser Trend zeigte sich nach seiner Einschätzung bereits vor der Pandemie – zum Beispiel an der steigenden Anzahl an ausgeschriebenen Stellen als Product Owner für Collaboration Tools. „COVID-19 hat hier einige Entwicklungen noch einmal deutlich beschleunigt, aber es gibt weiter deutliche Potenziale“, bringt es Lange auf den Punkt.

Low Code, VR oder Bots – neue Technologien bereichern des digitale Arbeiten

Technologisch gesehen kristallisiere sich heraus, so der Experte, dass sich Cloud-basierte Apps und Services durchsetzen konnten und mit ihrer Verfügbarkeit und Skalierbarkeit überzeugt haben. „Diese Erfahrungen haben wiederum einen Schub für Innovationen und technologische Trends bedeutet – wie zum Beispiel Low-Code Anwendungen und Data Citizenship, Virtual und Augmented Reality im Arbeitskontext, Desktop-as-a-Service oder Employee-Service-Bots. Gerade letztere zeigen schon eine sehr hohe technologische Reife“, stellt Lange fest.

Unabhängig von der Cloud seien aber auch Technologien wie die Künstliche Intelligenz und die Automatisierung relevante Themen, die vermehrt Einzug in die digitale Arbeitsplatztechnologie finden. „Besonders spannend fand ich hier ein Experiment von IBM, die in ihren Messenger eine KI-Komponente eingebaut hat, die das automatische Anfertigen von Protokollen aus Videokonferenzen ermöglichte“, erzählt Lange. „Das hat sehr gut funktioniert, leider wurde die Lösung aber vom Markt genommen. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir ähnliche digitale Assistenz-Funktionen zukünftig vermehrt in unseren Arbeitsalltag Einzug halten werden.

Im Ausland bereits ein großer Trend: Bring-Your-Own-Thing

Einen weiteren interessanten Trend sieht Lange in der Wiederbelebung von Bring-Your-Own-Device (BYOD) in Form des Bring-Your-Own-Thing (BYOT): „Dahinter steckt die Verwendung privater Geräte für den beruflichen Kontext. Ursprünglich als BYOD für mobile Geräte, wie Smartphones und Tablets ausgelegt, wird der Gedanke heute in Ländern wie den USA und auch China für private Geräte wie Wearables, Home Speakern wie Alexa oder alle anderen ‚smarten‘ Geräte neu gedacht. Hier bin ich sehr gespannt, ob wir dies bald auch im deutschsprachigen Raum in erfolgsversprechenden Anwendungsfällen sehen werden.“

Neben den technologischen Trends und der organisatorisch-strategischen Verankerung des Digitalen Arbeitsplatz, erwartet Lange auch, dass Arbeitnehmer und Führungskräfte ihr Verhalten am Arbeitsplatz nachhaltig ändern werden. „Die Erfahrung pandemiebedingt weniger Zeit für das Pendeln zum Arbeitsplatz aufzuwenden und trotzdem effizient arbeiten zu können, wird als Eindruck bleiben. Die technischen Neuerungen erlauben zudem auch im normalen Bürobetrieb ein arbeitsplatzunabhängiges Arbeiten und damit neue Raumkonzepte mit flexiblen Arbeitsplätzen und optimiert eingesetzten Ressourcen – und damit auch Einsparpotentiale für Unternehmen durch eine Anpassung der Flexiblen-Arbeitsplatz-Quote.“

Es sei davon auszugehen, so Lange weiter, dass sich zudem das Verhältnis zwischen physischen Treffen und digitalen Treffen dauerhaft verändern werde. „Das ist für mich erst einmal wertfrei, denn es gibt gute Pro- und Contra-Argumente für beide Seiten. Es wird aber hoffentlich bedeuten, dass wir unsere gemeinsamen physischen Treffen mit Kollegen wieder mehr wertschätzen können.“

Technik und Mensch – so gelingt die digitale Transformation

In Sachen Digitaler Transformation und Kollaborativem Arbeiten bewegt sich viel und die Potentiale sind weiterhin hoch – insbesondere, wenn man aus der Pandemie lernt, dass es mehr bedarf als einer rein technischen Bereitstellung von Tools, fasst es Lange zusammen: „Moderne Mitarbeiter wollen digital eigenverantwortlich handeln und werden sich diese Freiheiten nehmen.

In letzter Konsequenz werden die Mitarbeiter über Weh und Wohl eines Tools entscheiden. Sofern sie gut befähigt sind und das Zielbild verstehen, werden sie mit eigenständiger Motivation die Software und Services nutzen, Mehrwert erzeugen und auch Workarounds und Schatten-IT meiden. Dies sollten IT-Entscheider stets im Hinterkopf behalten und beherzigen. Der digitale Arbeitsplatz wird ein wichtiges Aufgabengebiet bleiben und das Risiko dies zu ignorieren sollte kein Unternehmen eingehen.“ (rhh)

BTC AG