Schlecht gepflegte Materialstammdaten sind ein Digitalisierungsrisiko, das von vielen Unternehmen unterschätzt wird. Die koordinierte Pflege eines SAP-Materialstamms bringt Herausforderungen, zahlt sich jedoch aus. Wie KMU das Stammdatenmanagement meistern und sogar Kosten sparen, zeigt der Fall eines Industrie-Anlagenbauers.

Die Digitalisierung der industriellen Produktion ist eines der bedeutendsten Zukunftsprojekte für Fertigungsunternehmen. Von der Beschaffung über die Produktion bis hin zur Auslieferung digitalisiert und automatisiert der Mittelstand immer mehr seine Kernprozesse. Für die erfolgreiche Umsetzung muss die Grundlage für alle digitalen Prozesse in einem Unternehmen stimmen: die Stammdaten.

Ein Kinderspiel ist das Management von Stammdaten nicht. Da Stammdaten im Gegensatz zu anderen Unternehmensdaten eine zeitlich unbestimmte Lebensdauer haben, spielt deren korrekte Handhabung über ihren spezifischen Lebenszyklus hinweg eine entscheidende Rolle. Es bleiben also grundsätzliche Herausforderungen:

  • Bei der Datenanlage passieren Fehler: An vielen verschiedenen Stellen im Unternehmen werden Materialstammdaten in das System eingegeben und gepflegt – oftmals von Hand und von Mitarbeitenden, die bisher nur einen Schnellkurs in SAP absolviert haben und mit der Komplexität des Programms überfordert sind.
  • Die Koordination der Datenanlage ist schwierig: In kaum einem Unternehmen sind alle Prozesse vollständig digitalisiert. In der Folge tauschen Beteiligte aus unterschiedlichen Abteilungen Informationen zu Daten über verschiedenste Kommunikationswege aus. Das ist aufwendig, kostet Geld und Ressourcen.
  • Die Strukturen sind unklar: Ein Stammdatenmanagement muss an Veränderungen beim Anlageprozess oder bei der Datenverwaltungsstruktur angepasst werden; sonst wird es ineffizient und die Datenqualität sinkt. Dies ist der Fall bei Umstrukturierungen, zum Beispiel bei neuen Mitarbeitenden oder der Eröffnung oder Schließung von Standorten.
  • Die Prozesslaufzeiten sind lang und intransparent: Wenn das Datenmanagement chaotische Abläufe annimmt, blockiert das Durcheinander auch andere Geschäftsprozesse im Unternehmen. So verzögert sich zum Beispiel die Erteilung einer Freigabe und niemand kennt die Ursache dafür.
  • Es liegen redundante Stammdaten vor: Doppelt angelegte Datensätze sind zeit- und kostenintensiv – zum Beispiel, wenn für eine Retoure bei einem Lieferanten, der verschiedene Standorte bedient, veraltete Stammdaten verwendet wurden.

Best Practice: Neustrukturierung statt Flickschusterei

Mit einer gezielten und koordinierten Verbesserung des Stammdatenmanagements können Unternehmen diese Herausforderungen angehen. Bei der Optimierung von Materialstammdaten definieren Unternehmen am besten zunächst die generellen Anforderungen, die der Prozess erfüllen soll.

Dazu zählt erstens Flexibilität, da sich die Datenanlage an Materialarten und den wirklichen Anforderungen orientieren sollte und nicht umgekehrt. Zweitens sollten Prozesse automatisiert werden, um manuelle Eingaben so weit wie möglich zu reduzieren. Denn manuelle Eingaben sind fehleranfällig und ziehen einen hohen Koordinationsaufwand nach sich. Drittens sollten Durchlaufzeiten verringert werden, damit nachgelagerte Prozesse schneller angestoßen werden können. Vierter Punkt: Transparenz. Ein übersichtliches Monitoring aller Prozesse zeigt Unternehmen Schwachstellen und Verantwortlichkeiten, vereinfacht die Fehlersuche und fördert Lernprozesse.

Prinzipiell gilt: Der gesamte Prozess zur Materialstammanlage sollte überdacht werden. Denn oft ist eine Neustrukturierung der Materialstamm-Anlageprozesse nachhaltiger als einzelne isolierte Maßnahmen. Diese können schnell in eine nervenaufreibende Flickschusterei münden, wobei lediglich schlechte Prozesse in weniger schlechte Prozesse überführt werden.

Der richtige ECM-Partner

Die Neuausrichtung des Stammdatenmanagements kann anspruchsvoll sein. Es mag trivial klingen, eine Datenbasis sauber aufzubauen – aber das ist es ganz und gar nicht. Die Anlage von Materialstammdaten ist kein Selbstläufer. Je nach Unternehmensgröße und Organisationsstruktur sind daran bis zu einem Dutzend Abteilungen und zahlreiche Mitarbeitende beschäftigt. ERP-Anwendungen wie SAP sind zudem komplex und bieten keinen standardisierten Prozess zur Stammdatenanlage.

Daher lohnt es sich, Unterstützung von einem kompetenten ECM-Partner zu holen. Entsprechende Softwarelösungen sollten komplett in SAP integriert sein und sich nahtlos in die vorhandene IT-Infrastruktur einfügen. Materialstammdaten lassen sich so im bestehenden Systemumfeld neu aufsetzen und in nachhaltige Prozesse überführen. Vom Kickoff bis zum Go-Live dauert die Optimierung des Materialmanagements idealerweise nur wenige Wochen. Dieser Zeitraum ist ausreichend, um alle Systeme einzurichten und die Mitarbeitenden zu schulen.

Praxisbeispiel: Kosten um drei Viertel senken

Wie die erfolgreiche Umsetzung in der Praxis aussieht, verdeutlicht das Beispiel eines mittelständischen Industrie-Anlagenbauers. Der Hersteller mit mehreren Niederlassungen und Werken in verschiedenen Ländern legte Jahr für Jahr etwa 15.000 Materialstammsätze in fünf SAP-Systemen an. Das Potential für Fehler war dementsprechend groß. Vor allem, da diese Systeme die Basis für zahlreiche geschäftskritische Prozesse darstellten – darunter auch die Supply Chain.

Schleichen sich hier innerhalb der Stammdaten Fehler ein, kann das schwerwiegende Auswirkungen auf Zulieferer, Ressourcen, Lagerbestände und Auftragsfristen haben. So führt eine veraltete Adresse zum Beispiel zu Lieferengpässen, eine verrutschte Kommastelle verursacht fehlerhafte Planungen und ein falsch gesetzter Parameter blockiert einen komplexen Beschaffungsprozess. Im schlimmsten Fall steht die gesamte Produktion still.

Ungepflegte Materialstammdaten sind also mehr als nur ein „Schönheitsfehler“ im System, sondern können auch die Kosten in die Höhe treiben. Das gilt nicht nur für Worst-Case-Szenarien, sondern auch für das Tagesgeschäft. So beliefen sich die Kosten für das Materialstammdatenmanagement des Anlagenbauers pro Jahr auf etwa 1 Million Euro. Mit Easy Software als den richtigen Partner an seiner Seite migrierte der Hersteller seine Systeme auf S4/HANA und konnte so einen „easy win“ realisieren. Insgesamt gelang es dem Hersteller, seine Kosten um drei Viertel zu reduzieren. Die Investitionskosten amortisierten sich dank der deutlichen Kosteneinsparung und der höheren Produktivität bereits im ersten Jahr.

Christoph Nordmann leitet als Head of Corporate Communication die Unternehmenskommunikation von Easy Software.

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