Bei der Blockchain-Technologie war es zwischendurch nicht ganz klar, ob sie eine Marketingblase bleibt oder sich doch als „Game Changer“ durchsetzt. Mittlerweile häufen sich weltweit die umgesetzten Anwendungsszenarien, so auch immer mehr in der Lieferkette, denn die Vorteile für Transparenz und Nachverfolgbarkeit überzeugen. Die Blockchain wird zukünftig eine sehr große Rolle in der Supply Chain spielen. Sie fördert das Vertrauen in Daten, Transparenz und Nachverfolgbarkeit.
Im Grunde begünstigt die Blockchain die komplette Digitalisierung – Papier wird mittelfristig überflüssig werden. Wenn jeder Datensatz über einen Zeitstempel verfügt und an das vorhergehende Ereignis angehängt wird, hat die Blockchain das Potenzial in mehreren Bereichen der Lieferkette für einen Wandel zu sorgen: Sichtbarkeit, Optimierung und Nachfragemanagement. Dezentral verteilte Datenbanken sorgen dafür, dass im Netzwerk Transaktionen direkt miteinander durchgeführt und die Historie aller Transaktionen eingesehen werden können.
Die Nachverfolgung eines Produktes wird so auch für den Endkunden komplett transparent, von der Herkunft über die Produktion bis zur Lieferkette. Man darf sich allerdings nicht der Illusion hingeben, dass mit dem Einsatz der Blockchain-Technologie kein Betrug mehr möglich ist. Selbst wenn die Daten korrekt sind, können Menschen etwa beim Einscannen eines Barcodes Fehler unterlaufen, bewusst oder unbewusst. Das heißt der menschliche physische Eingriff in die Lieferkette bleibt das schwächste Glied.
Schneller Zugriff
Sicherheit und Transparenz sind zwei entscheidende Punkte, die im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie immer wieder fallen. Es ist egal, ob es ein großer Zulieferer aus Fernost oder ein kleiner Händler aus Europa ist, wenn in der Lieferkette alle auf die gleiche Blockchain zugreifen. Die Informationen werden gleichwertig verteilt und sind für alle gleich sichtbar. Dies erhöht die Reaktionszeit, etwa bei Problemen durch fehlerhafte Produkte oder Fälschungen und dem Missbrauch wird so vorgehalten.
Denn alle Teilnehmer können etwa Produktchargen und zugehörige Dokumente überprüfen und in Echtzeit einsehen. Auch auf Ausfälle, Verzögerungen und Verluste kann schnell und transparent reagiert werden. Vorteile sind, dass gemeinsame Daten dauerhaft rückverfolgbar sind. Alle Parteien haben den gleichen Einblick und es gibt keine zentrale Entscheidungsgewalt mehr. Die Blockchain verbindet alle Beteiligten fair und transparent miteinander.
Nachverfolgbares Obst und Dokumentation für Cannabis
Ein Beispiel für den Einsatz einer Blockchain ist etwa Migros in der Schweiz. Genutzt wird dafür die technologische Infrastruktur von Te-Food, ein führendes Hightech-Unternehmen welches Länder- und Branchenübergreifend mit Hilfe modernster Blockchain-Technologien das Produkt-Tracking übernimmt. Ziel ist es, Lebensmittel optimal zu verteilen und Verschwendung zu minimieren. So soll etwa Obst zum perfekten Reifezeitpunkt im Handel ankommen. Auch wenn das Projekt zuerst nur intern genutzt wird, ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis irgendwann auch der Endkunde sehen kann, wann der Apfel gepflückt wurde und welche Reise er dann bis ins Lebensmittelregal genommen hat.
Je größer und komplexer eine Lieferkette, desto aufwendiger und zeitintensiver die Einbindung aller beteiligten Partner, zumal es hier oft auch noch Ängste und Vorurteile zu überwinden gilt. Einen anderen Anwendungsfall könnte es bald in der Pharmalogistik geben. Hier spielen Dokumentation und Haftung eine große Rolle. Am Beispiel des wachsenden Marktes für medizinisches Cannabis wird in Deutschland gerade an einer Lösung mit der Blockchain-Technologie gearbeitet. Zertifizierte Pharmalogistiker müssen jeden Warenein- und -ausgang an die Bundesopiumstelle melden und spezielle Auflagen erfüllen.
Im Gegensatz zu anderen pharmazeutischen Produkten haften hier auch die Logistiker, nicht die Hersteller. Eine manipulationssichere Dokumentation ist für diesen Anwendungsfall also eine ideale Lösung und genau dafür eignet sich der Einsatz einer Blockchain-gestützten Lösung. Hersteller, Logistiker und Pharmahersteller aus Berlin kooperieren derzeit in der Entwicklung einer solchen Anwendung. Warenverlust, Diebstahl und Manipulation können nicht zwangsläufig ausgeschlossen werden, aber sie werden durch die transparente und verknüpfte Dokumentation besser nachverfolgbar und die Haftungsfrage kann eindeutig geklärt werden.
Globale Vernetzung
Quelle: IvantiWarenströme sind globaler und vernetzter denn je. Hunderte oder gar tausende Partner arbeiten in einer Kette zusammen und zum Teil gibt es extrem komplexe Zusammenhänge. Heute machen viele manuelle Berechnungen und Prozesse diesen Komplex häufig langsam und träge. Beispielhaft sind hier etwa zahlreiche rechtliche Vorgaben, wie Datenschutz, Steuervorgaben, Versicherungsnachweise oder Zertifizierungen. Die Zukunftstechnologie Blockchain kann hier Ineffizienzen beseitigen. Voraussetzung für die erfolgreiche Implementierung sind jedoch positive Referenzen und Einsatzszenarien der Technologie sowie die wachsende Akzeptanz im Markt.
Die Blockchain kann eine riesige Menge von Produkten erfassen- und verfolgen und darauf bezogene Dokumente hinzufügen und verknüpfen. Produkteigenschaften, wie etwa die biologische Herkunft, der Fair Trade Handel oder Zertifikate können abgebildet werden. Auch die genaue Herkunft und Produktionsweise ist einsehbar. Die Produktsicherheit erhöht sich und die Blockchain ist leicht skalierbar. Noch fehlt es an erprobten realen Anwendungsszenarien, doch der flächendeckende Einsatz von Blockchain-Technologien in der Lieferkette ist nur eine Frage der Zeit. Herausforderung wird sein, wie etwa in der Logistik alle Daten aus IT-Systemen, Barcodescannern und weiteren Schnittstellen sicher und einfach mit der Blockchain verknüpft werden.
Patrick Molemans ist seit über acht Jahren Territory Manager Central Europe bei Ivanti Supply Chain (ehemals Wavelink).