Im Business-Umfeld stellt sich in Bezug auf den Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) zunächst die Frage: Wo sollen Sprachbots, Machine Learning und smarte Algorithmen überhaupt zum Einsatz kommen? Und mit welchen Daten sollen sie arbeiten? Das Dokumentenmanagement hat hier einige spannende Ansätze zu bieten.

In der Vergangenheit nutzten Unternehmen Dokumentenmanagementsysteme (DMS) hauptsächlich, um ihre Dokumente in zentralen Repositories zu speichern und Compliance-Vorgaben zu erfüllen. So wichtig diese Aufgabe auch ist, sind die Anforderungen in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Heute steht für Unternehmen die durchgehende Digitalisierung von Geschäftsprozessen und damit verbunden ein hoher Automatisierungsgrad im Vordergrund. Es gilt, Workflows schneller, einfacher und effizienter zu gestalten – sei es bei der Extraktion und Weitergabe von geschäftsrelevanten Daten, der Abwicklung des Purchase-to-Pay-Prozesses (P2P) oder dem Service gegenüber Kunden, Partnern und Mitarbeitenden.

Dokumente wandern in die Cloud

Das DMS entwickelt sich momentan schnell und parallel zu neuen Technologien weiter. Damit ist es in vieler Hinsicht auch ein guter Startpunkt für die digitale Transformation. Die Cloud zum Beispiel etabliert sich mehr und mehr zum Aufbewahrungsort schlechthin, um Dokumente mit einem Klick zentral und ortsunabhängig zu speichern. Nach einer Umfrage von Flexera greift der Mittelstand mittlerweile bei 63 Prozent aller Daten und bei 67 Prozent aller Workloads auf die Public Cloud zurück.

Die Cloud bietet zudem die nötige Infrastruktur, um innerhalb der DMS-Lösungen Integrationen vorzunehmen und sie mit anderen Datenquellen zu verknüpfen. Die in der Cloud archivierten Daten dienen ferner als Basis, um neue Fachanwendungen zu entwickeln. Ein weiteres Plus: Die Cloud verfügt über die nötigen Rechenressourcen, um große Mengen an Daten und Workloads kostengünstig und flexibel zu managen – zum Beispiel beim Einsatz von KI und Machine Learning (ML).

Von Smart zu Smarter: Einsatz von KI

KI ist kein gänzlich neues Thema innerhalb des Dokumentenmanagements. Durch optische Texterkennung (Optical Character Recognition, OCR) lassen sich eingescannte Inhalte (z. B. Rechnungen) automatisiert auslesen, in digitale Dateien umwandeln und weiterverarbeiten. Dabei erkennen die Systeme Fehler, Duplikate und Unstimmigkeiten und melden diese den jeweils zuständigen Mitarbeitern.

Robotic Process Automation (RPA) kommt bei standardisierten und repetitiven Abläufen zum Einsatz und kann diese nahezu vollständig übernehmen. Und dank Natural Language Processing (NLP) helfen Chatbots in Portalen und auf der Webseite mit der Suche und beantworten grundlegende Fragen von Anwendern.

Ein weiteres Beispiel ist die intelligente Suche und Abfrage von Geschäftsinformationen (Enterprise Search). Hier ermöglicht das Maschinelle Lernen, Muster und Zusammenhänge in großen Datenmengen zu erkennen und anhand dieser die Suchergebnisse sowie Empfehlungen („Das könnte Sie auch interessieren“) zu verbessern.

Die Präferenzen und das Suchverhalten von Mitarbeitenden fließen dabei in zukünftige Suchabfragen ein, so dass die Such-Experience sich fortlaufend verbessert. Um abteilungsspezifische Anforderungen zu erfüllen, können Teams auch vorabdefinierte Kriterien für die Such-Algorithmen festlegen.

Den Aktenstaub wegblasen

Der Zugriff auf kuratierte, geschäftsrelevante und zentral abgelegte Daten wird für den Einsatz solcher KI-Technologien immer wichtiger. Noch immer kämpft ein Großteil der Unternehmen mit getrennt voneinander gehaltenen Datensilos. Auch Medienbrüche, wenn beispielsweise im Einkauf postalische Papierrechnungen auf elektronische XRechnungen treffen, erschweren die Digitalisierung und damit die Automatisierung von Geschäftsprozessen.

Das Dokumentenmanagement setzt an dieser Stelle auf eine effektive Lösung, die im Rahmen von KI an Staub verliert und an Glanz gewinnt: Das Archiv. Was auf den ersten Blick an vergilbte Aktenordern und dunkle Kellerräumer denken lässt, ist tatsächlich eine Fundgrube an Daten. Gesetzliche Vorgaben zur Archivierung wie GoBD, HGB und AO haben dafür gesorgt, dass Verträge, Rechnungen, Belege, Lieferscheine, Personalakten sowie jeglicher geschäftsrelevanter Schriftverkehr seit Jahren revisionssicher und unverändert aufbewahrt werden. Mit fortschreitender Digitalisierung der Geschäftsprozesse, wurden auch die entsprechenden Dokumente in digitalisierter Form archiviert – und stehen nun einschließlich der darin enthaltenen Daten zur Abfrage bereit.

Archiv der Zukunft

Statt unzähliger Datensilos erhalten Unternehmen damit eine Single Point of Truth (SPoT). Das ermöglicht die Optimierung interner Workflows und Synergien in Verbindung mit anderen Dritt-Systemen (z. B. ERP, CRM). Auf der einen Seite gewinnen Entscheider wichtige Ein- und Durchblicke in interne Unternehmens-Strukturen. Auf der anderen Seite stellt das Archiv der Zukunft das Futter für die KI und ein vielversprechendes Trainingsumfeld für Maschinelles Lernen.

Die KI steht im Dokumentenmanagement und Enterprise Content Management noch am Anfang. Das Tempo, in dem sich KI zur Alltags-Technologie entwickelt, ist jedoch enorm. Und die zentrale Verknüpfung von Daten im Archiv der Zukunft trägt dazu bei. Vorstellbar sind zum Beispiel zukünftig Benchmark-Analysen, die archivierte Angebote und Rechnungen von Lieferanten miteinander vergleichen und so in Echtzeit den optimalen Preis ermitteln.

Welche Formen die KI in Zukunft auch annehmen wird, klar ist, dass der Bestand an Dokumenten und Informationen mit zunehmender Digitalisierung steigt. Gerade der Mittelstand, wo oft einzelne Mitarbeitende viele Aufgaben erfüllen müssen, hat hier mit Ressourcen zu kämpfen. Zeit also, um über ein intelligentes Dokumentenarchiv nachzudenken, das als Schnittstelle Geschäftsprozesse vereinfacht und Mitarbeitende entlastet.

Andreas Zipser ist seit März 2021 Vorstandsvorsitzender bei easy.

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