Nach wie vor besteht bei deutschen Unternehmen ein großer Nachholbedarf zum Thema Digitale Transformation. Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom aus dem letzten Jahr, gab die Mehrheit (58 Prozent) der 502 befragten Unternehmen an, Nachzügler der Digitalisierung zu sein. Rund ein Viertel legten sogar dar, überhaupt keine Digitalstrategie umgesetzt zu haben.

Eine weitere Studie, die sich mit dem aktuellen Stand der Digitalen Transformation in Unternehmen befasst, kommt zu dem Ergebnis, dass eine hohe Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung von Mitarbeitern und der Geschäftsebene bezüglich der Digitalisierung innerhalb ihrer Unternehmen vorliegt. Während 72 Prozent der befragten Führungskräfte zuversichtlich sind, dass ihr Unternehmen digital gut vorbereitet sei, so stimmen unter den Managern nur 61 Prozent dieser Aussage zu.

Zudem geben 37 Prozent der befragten Manager an, dass sie sich trotz verfügbarer Technologien mit erheblichen Beeinträchtigungen bei der digitalen Transformation konfrontiert sehen. Auf Führungsebene sind es hingegen nur 28 Prozent, die diese Meinung teilen.

Warum Digitalprojekte scheitern

Die Gründe für den geringen Einsatz digitaler Technologien und der Wahrnehmungsdifferenz sind vielfältig. Nach der Frage zur Ursache für Herausforderungen im Rahmen der Digitalen Transformation, nannten mehr als ein Drittel der Befragten Schwierigkeiten beim Ersetzen von Altsystemen. Des Weiteren gaben 32 Prozent die Genehmigung von Budgets und Qualifikationsdefizite als Hindernisse an.

Für ein Viertel der Befragten sei es sogar schwierig, überhaupt erst eine Zustimmung der Führungsebene für digitale Transformationsprojekte zu erhalten. Jedoch spielt auch die Tatsache, dass eingesetzte Technologien häufig nicht wie gewünscht funktionieren, eine Rolle.

Ebenfalls fatal für Digitalprojekte ist ein regelrechter Tunnelblick der Führungsebene: 59 Prozent dieser Führungskräfte gaben an, dass sie selbst maßgeblich Entscheidungen über Initiativen der digitalen Transformation vorantreiben, doch nur etwa ein Drittel der Manager stimmen dem zu.

Mehr als die Hälfte der Manager glaubt nämlich, dass hier Innovationsteams am Steuer sitzen. Mit Blick in die Zukunft gaben 77 Prozent der Befragten an, dass sie Auswirkungen auf das Geschäft durch Beeinträchtigungen in der Digitalisierung erwarten. Um also weiterhin innovations- und konkurrenzfähig zu bleiben, müssen deutsche Unternehmen ihre Digitalstrategie überdenken.

Wie No-Code/Low-Code-Plattformen helfen können

Eine Möglichkeit diese Diskrepanzen zu überwinden und Unternehmen in der Digitalen Transformation zu unterstützen, bieten sogenannte No-Code/Low-Code-Lösungen. Sie ermöglichen die Verbindung von verschiedene Anwendungskomponenten – ähnlich wie ein Baukastensystem – zu individuellen Lösungen. Während Low-Code-Ansätze lediglich wenige Basiskenntnisse beim Programmieren voraussetzen, richten sich No-Code-Ansätze vor allem an nicht-technische Anwender.

No-Code/Low-Code-Lösungen tragen somit maßgeblich dazu bei, die Arbeit in IT-Abteilungen zu erleichtern. Neueste No-Code/Low-Code-Lösungen ermöglichen Unternehmen beispielsweise RPA-Roboter mit kognitiven Fähigkeiten auszustatten, wie das Lesen und Verstehen aus in Dokumenten enthaltenen Daten.
Dadurch werden Mitarbeiter entlastet, die ansonsten viel Zeit mit der Ausführung dieser Arbeiten verbringen müssten. Hierfür werden vortrainierten Modelle als einfach zu konsumierende kognitive Skills geliefert, die das Verstehen der Inhalte von Dokumenten erleichtern.

Ebenso können digitale Mitarbeiter auf spezifische Geschäftsanforderungen der Branche trainiert werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: Während die Entwicklung einer traditionellen App mehrere Monate dauern kann, ermöglichen No-Code/Low-Code-Plattformen stattdessen einen schnellen Einsatz innerhalb weniger Tage oder Wochen. Dies führt dazu, dass Produkte rascher und häufiger auf den Markt gebracht werden können.

Einen weiteren Vorteil stellen Online-Marktplätze für Unternehmen dar, wo Geschäftsanwender und Entwickler einen Katalog mit kognitiven Fähigkeiten vorfinden können, die für eine Vielzahl von Dokumenttypen – sei es für Rechnungen, Frachtbriefe, Steuerformulare und viele andere – vortrainiert und einsatzbereit sind.
Marktplätze sind ideal für Anwender, die eine „Try-and-Buy“-Option suchen und nicht unbedingt einen technischen Hintergrund oder ein tiefes Verständnis für KI-Technologien wie maschinelles Lernen oder NLP mitbringen. Geschäftsanwender können auf solch einem Marktplatz bei Bedarf sowohl auf fortschrittliche Automatisierungsfunktionen zugreifen als auch ganz einfach die Fähigkeiten entwerfen, trainieren und veröffentlichen, die für ihre Geschäftsfunktionen am wichtigsten sind.

Mit diesen No-Code-/Low-Code-Lösungen können auf einfache Weise Skills erstellt und aufgebaut werden, um diese dann von einer intelligenten Automatisierungsplattform ausführen zu lassen, wie z.B. durch robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA), Business Process Management (BPM), Electronic Content Management (ECM), Chat-Bots und weitere Systeme. Marktplätze werden von einer Vielzahl von Anbietern intelligenter Automatisierungsplattformen angeboten und bieten in der Regel Lösungsframeworks, Konnektoren und Code-Schnipsel, die kombiniert werden können, um Skills zu leicht anwendbaren Lösungen für Unternehmen zu machen.

No-Code/Low-Code-Lösungen als neuer Standard?

Die Mehrheit deutscher Unternehmen hat im Bereich Digitale Transformation noch viel aufzuholen. Unternehmen müssen heute flexibel und anpassungsfähig sein. No-Code/Low-Code-Tools sorgen dafür, dass Unternehmen digitale Initiativen schnell und effektiv umsetzen können und sie ermöglichen Mitarbeitern eine intelligentere, genauere und schnellere Arbeitsweise.

Der Einsatz von No-Code/Low-Code-Lösungen bietet sich daher für viele Unternehmen an, die auf der Suche nach einer ressourcen- und kostenschonenden Umsetzung von wichtigen Digitalprojekten sind. In Zukunft werden No-Code/Low-Code-Lösungen weiter an Bedeutung gewinnen. So prognostiziert Gartner, dass der weltweite Markt an Low-Code-Entwicklungstechnologien im aktuellen Jahr um 23 Prozent steigen wird. Zudem geht Gartner davon aus, dass bis Ende 2025 die Hälfte aller Neukunden im Bereich Low-Code außerhalb von IT-Organisationen kommen werden. No-Code/Low-Code-Lösungen werden demnach eine essenzielle Rolle in der Zukunft der Digitalen Transformation spielen.

Markus Pichler ist Vice President of Sales Europe bei Abbyy.

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