Lange spielten Cloud-Kosten eine nachgelagerte Rolle für Unternehmen. In Zeiten von Multi-Cloud fallen sie jedoch zunehmend ins Gewicht. Gefragt sind Entwickler, die nicht nur programmieren können, sondern auch die Cloud-Kosten im Griff behalten. FinOps-Kompetenzen werden zum Einstellungskriterium, wie eine VMware-Studie zeigt.

In den letzten zehn Jahren dominierten Geschwindigkeit und Skalierung die Cloud-Debatte. Zwar sind dies nach wie vor zentrale Komponenten jeder Cloud-Strategie. Die wirtschaftliche Gesamtlage erweitert die Diskussion jedoch um die Frage, wie Unternehmen ihren Cloud-Nutzen auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht maximieren.

Das gilt gerade in Zeiten von Multi-Cloud. Schon heute nutzen 9 von 10 Unternehmen mindestens zwei Public Clouds. Multi-Cloud-Strategien helfen Unternehmen, IT-Silos aufzulösen und Cloud-Anwendungen abteilungsübergreifend effizienter einzusetzen. Nicht strategisch gesteuert und kontrolliert können die damit verbundenen Kosten vorgesehene Budgets jedoch schnell übersteigen. Gebraucht wird eine Instanz, die ein Verständnis dafür schafft, wo welche Kosten anfallen, und welche Entscheidungen sich daraus auf geschäftlicher Ebene ergeben.

Diese Kompetenzen verbindet FinOps. Zusammengesetzt aus „Finanzen“ und „DevOps“ beschreibt der Begriff eine Methodik, die verschiedene Praktiken zur Maximierung des betriebswirtschaftlichen Nutzens von Multi-Cloud-Umgebungen umfasst. Ziel ist ein kostenoptimierter Einsatz der Cloud-Infrastruktur durch eine enge Abstimmung von IT-, Finanz- und Fachabteilungen. Zugrunde liegt der Gedanke, Anwendungsszenarien zu quantifizieren, um Ansatzpunkte zur Optimierung der Kostenstruktur sichtbar zu machen.

Gesucht: Kenntnisse in Rechnungswesen und Datenanalyse

Um dies umzusetzen, braucht es Mitarbeiter, die die zugrundeliegende Cloud-Strategie sowohl technisch als auch betriebswirtschaftlich planen und verwalten. Diese Experten müssen daher einerseits über technisches Fachwissen verfügen und andererseits in der Lage sein, relevante IT-technische Informationen für fachfremde Abteilungen aufzubereiten – vom Compliance-Team bis zum CFO. Dafür sind Kenntnisse in Bereichen wie Rechnungswesen, Buchhaltung und Datenanalyse sowie betriebswirtschaftliches Verständnis gefragt.

Eine neue VMware-Studie hat die Bedeutung solcher FinOps-Skills in der Arbeitsrealität europäischer Unternehmen untersucht. Dafür wurden Führungskräfte in Deutschland, Großbritannien, Spanien, Frankreich, Italien und den Niederlanden befragt. Die Untersuchung zeigt, dass 85 Prozent der befragten Unternehmen bei der Rekrutierung aktiv nach FinOps-Kompetenzen suchen, um einen größeren Nutzen aus ihren Cloud-Investitionen zu ziehen. Etwa genauso viele Befragte stellen heute mehr Kandidaten mit Finanz- und Wirtschaftserfahrung für Positionen mit Cloud-Bezug ein als noch vor drei Jahren.

Roland König, Leiter des Geschäftsfelds Virtualisierung und Geschäftsführer der Systemhäuser München/Regensburg bei Bechtle AG erklärt: „Die Studienergebnisse legen nahe, dass die Fähigkeit, den technologischen Nutzen der Cloud in Business-KPIs zu übersetzen, zunehmend erfolgskritisch wird. Für IT-Spezialist:innen bedeutet das, die Geschäftsrealität der Kunden so gut zu kennen, um ihnen auch den betriebswirtschaftlichen Wert der Technologie transparent zu vermitteln.“

Expertise zurück ins Haus holen

Traditionell existierte Cloud-Finanzmanagement als eigene Abteilung innerhalb großer IT-Beratungsunternehmen und -Anbieter. Um Kostenkontrolle als Teil der Cloud-Strategie zu gewährleisten, halfen diese externen Spezialisten ihren Kunden dabei, Richtlinien und Programme wie Ausgleichsbuchungen einzuführen. So wurden die Teams beim jeweiligen Kunden ermutigt, Cloud-bezogene Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Darüber hinaus trugen die Anbieter so dazu bei, die unternehmensweite Rechenschaftspflicht für Cloud-Kosten und die Ausrichtung an weiter gefassten Unternehmens-KPIs sicherzustellen.

Heute versuchen Unternehmen, diese Fähigkeiten wieder in-house aufzubauen. Viele haben erkannt, dass die Maximierung des Cloud-Nutzens nicht nur auf Geschwindigkeit und Kostenoptimierung beruht. Vielmehr ist der effiziente Umgang mit Cloud-Infrastrukturen integraler Bestandteil der Unternehmenskultur geworden. Abteilungsübergreifend müssen Mitarbeiter die Cloud anerkennen und anwenden. Cloud-Anbieter und Beratungsunternehmen können diesen Prozess unterstützen, doch interne FinOps-Experten sitzen an einer strategischen Schlüsselposition – und können dort nachweislich etwas bewirken.

Brückenschlag zwischen den Welten

Solche Experten können beispielsweise in der IT-Abteilung angesiedelt sein, und dennoch eine funktionsübergreifende Rolle ausüben. Im Rahmen von DevOps können FinOps-Talente ihre Cloud-Computing- und Wirtschaftskenntnisse nutzen, um effiziente Innovation voranzutreiben. Sie können z. B. eine aggressive Bepreisung für eine bestimmte Art von Cloud-Containern aushandeln, deren Kosten- und Effizienzvorteile sie nutzen wollen. Anschließend treten sie mit den Entwicklern in Kontakt, um ihnen Wert und Rendite der Software, die diese mithilfe der Container entwickeln können, zu demonstrieren. Das bedeutet, das Unternehmen kann seine Speicherkapazitäten optimieren oder die beste Kubernetes-Umgebung für seine Anwendungen nutzen.

Ebenso können FinOps-Experten dank ihrer Kommunikations- und Datenanalysefähigkeiten mit leitenden Interessenvertretern zusammenarbeiten, um das Thema Cloud auf die Tagesordnung des Vorstands zu setzen und Technologie-, Finanz- und Geschäftsziele zusammenzubringen. So können sie beispielsweise nicht oder wenig genutzte Cloud-Ressourcen identifizieren, analysieren und einen Business Case für den Ersatz solcher Zombie-Infrastrukturen erstellen.

Darüber hinaus können FinOps-Skills wie buchhalterische Fähigkeiten auch den Mitarbeitern zugutekommen. In der Personal- und Lohnbuchhaltung etwa können entsprechende Experten eingesetzte Systeme prüfen und aufzeigen, wie sich ihr Nutzen maximieren lässt. Das kann z. B. in Form einer Automatisierung der Gehaltsabrechnung geschehen, durch eine Verbesserung der Zahlungsabläufe oder durch die Optimierung von Speicherkapazitäten für die Ablage und Analyse von Mitarbeiterdaten.

Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen bei der Besetzung von Stellen in ihren IT-Abteilungen auch nach FinOps-Skills suchen. Nur so können sie Wettbewerbsvorteil und Innovationsfähigkeit auch unter wirtschaftlichem Druck bewahren. (rhh)

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