Der Einsatz von Shop-Systemen im Zuge der Digitalisierung macht vor kaum einem Unternehmen halt. Peter Gatzen, Head of Marketing bei der e-integration GmbH Esker | EDI Services, erklärt im Interview mit Midrange Mail (MM), worauf Unternehmen achten sollten und welche Einsatzoptionen bereit stehen.

MM: Warum sollten sich Unternehmen auf die digitalen Marktplätze des 21. Jahrhunderts begeben?
Gatzen: Dafür gibt es einige gute Gründe. Der entscheidende aus unserer Sicht ist das veränderte Kaufverhalten. Heute ist es völlig normal, Produkte und Dienstleistungen über Online-Plattformen oder Online-Shops einzukaufen. Diese Entwicklung hat sich in den Jahren der Covid-19-Pandemie noch mal erheblich beschleunigt und wird sich auch nicht mehr umdrehen. Das gilt im B2C-, aber mittlerweile auch immer stärker im B2B-Geschäft. Kunden erwarten, dass sie Produkte und Dienstleistungen dort finden, wo sie gerne und für gewöhnlich einkaufen. Das sind heute vor allem Marktplätze und Plattformen. Für zukünftiges Wachstum sollten Unternehmen die Präsenz auf digitalen Marktplätzen also dringend in die Strategie mit einbeziehen!

Quelle: Esker EDI ServicesMM: Was spricht dafür, dass Unternehmen ihre Produkte bzw. Dienstleistungen ohne den Aufbau einer eigenen Shop-Infrastruktur online anbieten?
Gatzen: Wenn ein Unternehmen bis jetzt noch nicht in den Online-Handel eingestiegen ist, ist die Nutzung von Marktplätzen und Plattformen der einfachste Weg, damit zu beginnen. Der Vorteil, gerade für mittelständische Unternehmen, liegt in der Nutzung einer etablierten Infrastruktur. Unternehmen können sich an die bestehenden Systeme anbinden und ihre Produkte und Dienstleistungen vergleichsweise schnell an die Kunden bringen. Außerdem legen Marktplatz- und Plattformanbieter großen Wert auf die Nutzerfreundlichkeit, beispielsweise in Sachen Produktsuche oder Bezahlung. Für Unternehmen, die bereits über eigene Online-Kanäle verfügen, ist die Anbindung an Marktplätze und Plattformen dennoch eine sinnvolle Ergänzung. Wie bereits erwähnt, erwarten Kunden mittlerweile, dass sie Produkte und Dienstleistungen dort finden, wo sie normalerweise einkaufen. Außerdem sorgt die Präsenz auf unterschiedlichen Marktplätzen und Plattformen für eine bessere Auffindbarkeit und stärkt gleichzeitig die Brand-Awareness.

MM: Welche Strategie sollten mittelständische Unternehmen verfolgen, wenn sie ihr Engagement im Bereich der digitalen Marktplätze forcieren wollen?
Gatzen: Der Fokus auf die stärksten Absatzkanäle ist für den Einstieg sinnvoll. Mittelständische Unternehmen haben vielleicht nicht die Kapazitäten, alle potentiell interessanten Marktplätze und Plattformen gleichzeitig anzubinden. In so einem Fall macht es Sinn, im Rahmen einer Analyse die Marktplätze und Plattformen zu identifizieren, die die größten Absatzmöglichkeiten bieten und die Anbindung an diese zu priorisieren. Danach kann man in mehreren Schritten weitermachen, bis alle relevanten Marktplätze und Plattformen genutzt werden.

MM: Wie wichtig ist der Aspekt der weitgehenden Automatisierung der neuen Shop-Präsenz?
Gatzen: Eine Automatisierung sollte Teil der Online-Strategie sein und ein Stück weit geht es auch gar nicht ohne. Die Systeme der Marktplätze und Plattformen geben automatisiert strukturierte Daten aus, da die Prozesse dort selbst schon automatisiert sind. Bei einer Anbindung erhält das Unternehmen diese strukturierten Daten, die direkt in das eigene System gespielt werden. Mit diesen Daten kann die weitere Automatisierung, z. B. in der Disposition oder der Buchhaltung, angestoßen werden. Diese Möglichkeiten zur Automatisierung sollten Unternehmen unbedingt für sich nutzen, da sie Zeit und Kosten einsparen und der Verkaufsprozess über die Online-Plattformen von vorneherein schlank und effizient gehalten wird.

MM: Welche Anbindungsvarianten empfehlen sich für mittelständische Unternehmen und wie können verschiedene Anbindungen gehandhabt werden?
Gatzen: Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten, eine Anbindung an einen Marktplatz bzw. eine Plattform zu schaffen. Die erste, klassische Variante ist per elektronischem Datenaustausch – EDI. Dabei wird eine 1:1-Verbindung zwischen den Systemen des Unternehmens und der Plattform eingerichtet. Dieser Prozess dauert für gewöhnlich ein bis zwei Monate, da die Verbindung noch ausführlich getestet wird und Regeln, z. B. für die Ausnahmebehandlung, festgeschrieben werden müssen. Dafür lässt sich die EDI-Anbindung kostengünstig einrichten.

MM: Wie sieht eine Alternative dazu aus?
Gatzen: Alternativ könnte man einen Konnektor einsetzen, der wie ein Adapter funktioniert. Die Anbindung kann sehr schnell eingerichtet werden, quasi als Plug&Play. Allerdings ist die Entwicklung von Konnektoren recht aufwendig und wird im Normalfall nicht von einzelnen Unternehmen, sondern von Dienstleistern, z. B. EDI-Providern, durchgeführt. Unternehmen können den Konnektor des Providers gegen Gebühr nutzen, um eine schnelle Anbindung zu schaffen.

MM: Wie läuft die Anbindung an große Systeme ab – etwa zu Amazon?
Gatzen: Bei der Anbindung an Amazon müssen sich Unternehmen zunächst entscheiden, wie die Bestellungen abgewickelt werden sollen: Entweder als „Direct Fulfillments“ oder als „Warehouse Orders“. Bei ersterem beliefert das Unternehmen den Kunden direkt, im zweiten Fall werden die Produkte in einem Amazon-Lager vorgehalten und von dort versendet. Für die Anbindung selbst muss die Kommunikation mit Amazon konfiguriert werden, dann werden Produkte eingerichtet und nach ein paar Tests läuft die Verbindung. Natürlich muss das Unternehmen sich als Verkäufer bei Amazon registrieren. Von Seiten der Amazon Vendor Central findet dabei kein „menschlicher“ Eingriff in den Prozess statt. Deshalb lassen sich viele Unternehmen hier von bei Amazon gelisteten Providern unter die Arme greifen, damit das Projekt nicht ausufert, sondern schnell und effizient erledigt wird.

MM: Wie können Unternehmen schnell in branchentypischen Marktplätzen ihr Angebot präsentieren und welche Rolle können kompetente Dienstleister bei der Anbindung übernehmen?
Gatzen: Viele Marktplätze und Plattformen haben eigene technische Anforderungen, Workflows und Anbindungsmöglichkeiten. Damit Unternehmen Marktplätze und Plattformen optimal als Vertriebskanal für die Zukunft einsetzen können, braucht es mehrere Anbindungen, da sonst bestimmte Kundengruppen nicht erreicht werden könnten. Auf der anderen Seite steigt die technische Komplexität bei der Anbindung von immer mehr Marktplätzen und Plattformen an. Hier können Dienstleister, wie Esker EDI Services, starke Partner für die Unternehmen sein und die technische Implementierung komplett übernehmen.

MM: Welche Services sollte ein Dienstleister unbedingt aufweisen, der einem mittelständischen Unternehmen beim Aufbauen bzw. Optimieren einer Shop-Präsenz unter die Arme greift?
Gatzen: Ein Dienstleister sollte die Flexibilität haben, einem mittelständischen Unternehmen genau in dem Ausmaß unter die Arme zu greifen, in dem es benötigt wird. Das heißt, dass die individuelle Situation des Unternehmens in Betracht gezogen werden muss. Manch mittelständisches Unternehmen steht noch recht weit am Anfang und benötigt mehr Unterstützung, andere Unternehmen brauchen vielleicht nur einen Partner für die technisch komplexeren Aufgaben. Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, dass der Dienstleister bereits Erfahrungen mit der Anbindung von Marktplätzen und Plattformen gemacht hat oder Konnektoren für gängige Anbindungen anbieten kann.

Rainer Huttenloher

Esker EDI Services